Cugel der Schlaue
weniger wog als eine von Nisbets Säulen. Seine Stiefel waren mit Ossipwachs eingeschmiert, und alles war in Ordnung. Er kam näher heran und versetzte dem Rad einen Tritt. »Ihr werdet nunmehr feststellen, daß sowohl Rad als auch Wagen schwerelos sind. Hebt und überzeugt euch selbst.«
Der jüngste Bruder faßte das Rad und hob, strengte sich dabei jedoch so stark an, daß das gewichtlose Rad seinem Griff entglitt und sich in die Lüfte hob, wo der Wind es packte und ostwärts mit sich nahm. Der Wagen, mit einem Holzblock unter der Achse, hatte von der Magie nichts abbekommen und blieb, wie er gewesen war.
Über den Himmel rollte das Rad. Aus dem Nirgendwo, so zumindest sah es aus, stieß ein Pelgran herab, ergriff das Rad und trug es davon.
Cugel und die drei Bauern sahen Pelgran und Rad nach, bis beide über den Bergen verschwanden.
»Nun denn!« brummte der älteste Bruder. »Was jetzt?«
Cugel schüttelte verlegen den Kopf. »Ich zaudere, weitere Vorschläge zu machen.«
»Ein neues Rad kostet zehn Terces«, erklärte der älteste. »Händigt mir diese Summe sofort aus. Da ich nie drohe, werde ich nicht erwähnen, was passiert, wenn Ihr sie mir nicht gebt!«
Cugel richtete sich zu voller Größe auf. »Ich lasse mich von großmäuligen Worten nicht einschüchtern.«
»Aber mit Knüppeln und Mistgabeln?«
Cugel machte einen Schritt rückwärts und legte die Hand um den Schwertgriff. »Wenn auf dieser Straße Blut fließt, dann eures, nicht meines.«
Nunmehr wichen die Bauern zurück und überlegten. Mit milderer Stimme sagte Cugel: »Ein Wagenrad wie eures, beschädigt, gebrochen und fast bis auf die Speichen durchgefahren, könnte vielleicht gerade noch zwei Terces wert sein. Mehr zu verlangen ist lächerlich!«
Der älteste Bruder sagte hochtrabend: »Wir werden uns großzügig entgegenkommen! Ich sprach von zehn Terces, Ihr von zwei. Zehn weniger zwei ist acht. Ihr zahlt uns also acht Terces, dann sind es alle zufrieden.«
Cugel zögerte weiterhin. »Etwas ist nicht, wie es sein soll. Acht Terces sind immer noch viel zu viel!
Vergeßt nicht, ich handelte aus reiner Nächstenliebe! Muß ich für eine gute Tat auch noch bezahlen?«
»Betrachtet Ihr es als gute Tat, unser Rad durch die Luft davonwirbeln zu lassen? Wenn das Eure Art von Nächstenliebe ist, so verschont uns von weiterer.«
»Gehen wir die Sache aus einer neuen Richtung an«, schlug Cugel vor. »Ich brauche Unterkunft für die Nacht. Wie weit ist Euer Hof entfernt?«
»Vier Meilen, aber wir werden heute nacht nicht in unseren Betten schlafen. Wir müssen bleiben, unser Eigentum zu bewachen!«
»Es gibt noch eine Möglichkeit«, erklärte Cugel. »Ich kann den ganzen Wagen schwerelos …«
»Was?« schrie der erste Bruder. »Damit wir ihn genau wie das Rad verlieren?«
»Wir sind nicht die Dummköpfe, für die Ihr uns haltet!« rief der zweite.
»Gebt uns unser Geld und zieht Eures Weges!« forderte der Jüngste. »Wenn Ihr Unterkunft braucht, dann fragt in Faucelmes Haus danach. Das ist nur eine Meile von hier.«
»Eine gute Idee!« freute sich der älteste Bruder und grinste breit. »Wieso habe ich nicht daran gedacht? Doch zuerst unsere zehn Terces!«
»Zehn Terces? Eure Witze sind schwach. Ehe ich mich auch bloß von einem Kupferstück trenne, muß ich wissen, wo ich die Nacht in Sicherheit zubringen kann.«
»Das haben wir Euch ja bereits gesagt! Wendet Euch an Faucelme. Wie Ihr ist er ein Menschenfreund. Gastlich öffnet er sein Haus für Landstreicher.«
»Ob mit oder ohne seltsame Hüte«, warf der Jüngste kichernd ein.
»In früherer Zeit soll ein ›Faucelme‹ mit seinen Greueltaten die Gegend verunsichert zu haben«, sagte Cugel. »Ist jener Faucelme, den ihr meint, mehr als nur ein Namensvetter? Folgt er dem Beispiel des ursprünglichen Mannes dieses Namens?«
»Ich weiß nichts über Faucelme oder seine Vorfahren«, brummte der älteste Bruder.
»Er hat ein großes Haus und weist nie jemanden ab«, versicherte ihm der zweite Bruder.
»Ihr könnt den Rauch aus seinem Schornstein von hier sehen«, machte der jüngste Bruder aufmerksam. »Und nun gebt uns unser Geld und hebt Euch von dannen. Die Nacht naht, und wir müssen unseren Schutz gegen die Vispen vorbereiten.«
Cugel kramte zwischen den Holzäpfeln und brachte fünf Terces zum Vorschein. »Ich gebe euch dies Geld nicht, um euch zufriedenzustellen, sondern um mich selbst zu bestrafen, weil ich ein paar einfältigen Bauern helfen wollte.«
Wieder
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