Cujo
gestiegen. Gut für die Leute, aber auch gut für Vic und Roger. So hatte das Team Trenton und Breakstone seinen Aufstieg eingeleitet. Ein halbes Dutzend erfolgreiche Kampagnen waren gefolgt, wobei die allgemeine Konzeption jeweils von Vic stammte, während Roger die Ausführung übernahm.
Für eine Sony-Anzeige harten sie einen Mann im Straßenanzug auf eine sechzehnspurige Autostraße gesetzt, auf dem Schoß ein Sony-Radio, im Gesicht ein verzücktes Lächern. Darunter stand: POLIZEIORCHESTER, THE ROLLING STONES, VIVALDI, MIKE WALLACE, PAUL HARVEY, PATTI SMITH, JERRY FALWELL. Und darunter: HALLO, LOS ANGELES!
Eine Anzeige für Voit, Hersteller von Taucherausrüstungen, zeigte einen Mann, der das genaue Gegenteil eines Miami Strandathleten darstellte. Er stand mit affektiert verdrehter Hüfte am goldenen Strand irgendeines tropischen Paradieses. Das Modell war ein fünfzigjähriger Mann mit Tätowierungen, einem Bierbauch, Muskelpaketen an Armen und Beinen und einer häßlichen Narbe am Oberschenkel. Im Arm hielt der lädierte Veteran ein paar Schwimmflossen von Voit. MISTER, hieß der Anzeigentext, ICH TAUCHE, UM GELD ZU VERDIENEN. ICH KANN MIR KEINE FUMMELEIEN ERLAUBEN. Darunter stand das übliche Bla-Bla, aber der fettgedruckte Text war ein Hammer. Vic und Roger hatten einen drastischeren Text vorgeschlagen, aber den hatten sie den Leuten von Voit nicht verkaufen können. Schade, hatte Vic gelegentlich gesagt. Sie hätten viel mehr Schwimmflossen verkaufen können.
Und dann kam Sharp.
Die Sharp Company in Cleveland hatte unter den großen amerikanischen Nährmittelherstellem an zwölfter Stelle gestanden, als der alte Sharp zögernd die Agentur Ellison in New York aufsuchte, nachdem er zwanzig Jahre lang eine örtliche Agentur beschäftigt hatte. Der Alte wies gern darauf hin, daß Sharp vor dem Zweiten Weltkrieg größer als Nabisco gewesen sei. Sein Sohn wies ebenso gern darauf hin, daß der Zweite Weltkrieg fünfunddreißig Jahre zurücklag.
Den Etat - zunächst für eine Probezeit von sechs Monaten - bekamen Vic Trenton und Roger Breakstone. Am Ende der Probezeit war Sharp auf dem Keks-Kuchen-Flocken-Markt vom zwölften auf den neunten Platz vorgerückt. Ein Jahr später, als Vic und Roger ihre Zelte abbrachen und nach Maine gingen, um sich selbständig zu machen, rangierte die Sharp Company an siebenter Stelle.
Es war eine umfassende Kampagne gewesen. Für Sharp-Kekse hatten Vic und Roger den Keks-Scharfschützen entwik-kelt, einen gemütlichen Sheriff aus dem Westen, dessen Revolver, dank der Fachleute für Spezialeffekte, Kekse statt Kugeln verschoß - in anderen Spots auch Chocka Chippers oder Ginger Snappies. In noch anderen Haferflocken. Die Spots endeten immer damit, daß er mit dem Revolver in der Hand traurig in einem Kekshaufen stand. »Nun, die Schurken sind leider entkommen«, erzählte er jeden Tag Millionen Amerikanern, »aber ich hab’ die Kekse. Die besten Kekse im ganzen Westen … und anderswo.« Der Scharfschütze beißt in einen Keks. Sein Gesichtsausdruck deutet an, daß er gerade das gastronomische Äquivalent des ersten Orgasmus eines Knaben erlebt. Ausblenden.
Für die Kuchen - sechzehn verschiedene Sorten vom Pfundkuchen über Streuselkuchen bis zum Käsekuchen - gab es den George-und-Gracie-Spot, wie Vic ihn nannte. Wir blenden uns auf Ge’orge und Gracie ein, die gerade eine vornehme DinnerParty verlassen, wo sich die Tische unter der Last aller möglichen Delikatessen biegen. Wir blenden über auf eine grell ausgeleuchtete schäbige kleine Wohnung. George sitzt an einem einfachen Küchen tisch mit einer karierten Decke. Gracie nimmt einen Pfundkuchen von Sharp (oder einen Käsekuchen oder einen Streuselkuchen) aus dem Eisfach eines alten Kühlschranks und stellt ihn auf den Tisch. Sie sind beide noch in Abendgarderobe. Voll Wärme und Liebe und Einverständnis lächeln sie einander an, zwei Menschen, die sich völlig einig sind. Dann werden die Worte eingeblendet: MANCHMAL BRAUCHT MAN NUR EINEN KUCHEN VON SHARP. Im ganzen Spot wird kein einziges Wort gesprochen. Mit diesem Spot hatten sie einen Preis gewonnen.
Auch der Cornflake-Professor von Sharp war mit einem Preis bedacht worden, und die Branche hatte die Spots mit ihm als »die verantwortungsbewußteste je für Kinderprogramme entworfene Werbung« bezeichnet. Vic und Roger hatten diese Spots als ihre beste Leistung betrachtet… und jetzt war es ausgerechnet der Cornflake-Professor, der ihnen Sorgen machte.
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