Cujo
erschienen. Jeder hielt sich an seiner Seite, und der Platz dazwischen war ein mit frischem Laken bezogenes Niemandsland. Am Freitag und am Samstag hatte er nachts lange wach gelegen, und unangenehm hatte er jede Gewichtsverlagerung gespürt, wenn Donna sich bewegte. Er hatte sich gefragt, ob sie jenseits der Leere zwischen ihnen ebenfalls wach lag.
In der letzten Nacht hatten sie die Leere zwischen sich nicht länger ertragen. Der sexuelle Teil hatte einigermaßen geklappt (Wenigstens hatte keiner von ihnen anschließend geweint, was Vic sehr befürchtet hatte). Aber Vic war nicht sicher, ob es sehr viel mit Liebe zu tun gehabt hatte.
Er zog seinen leichten grauen Sommeranzug an und nahm seine beiden Koffer auf. Einer war besonders schwer. Er enthielt die meisten Sharp-Unterlagen. Die graphischen Entwürfe hatte Roger in seinem Gepäck.
Donna machte in der Küche Waffeln. Das Wasser für den Tee fing schon an zu kochen. Sie trug seinen alten blauen Flanellbademantel. Ihr Gesicht war ein wenig aufgequollen, als hätte sie kaum geschlafen.
»S.tartet die Maschine denn bei diesem Nebel?« fragte sie.
»Der bleibt nicht lange. Man kann schon die Sonne sehen.« Er zeigte nach draußen und küßte sie behutsam auf den Nak-ken. »Du hättest nicht aufstehen sollen.«
»Kein Problem.« Sie hob den Deckel des Waffeleisens und ließ die Waffel geschickt auf einen Teller gleiten, den sie ihm dann reichte. »Ich wünschte, du würdest nicht verreisen.« Sie sprach leise. »Nicht jetzt. Nicht nach gestern abend.«
»So schlimm war es doch nicht?«
»Nicht so wie sonst«, sagte Donna. Sie lächelte ein wenig bitter und fast unmerklich. Sie schlug den Waffelteig mit dem Schneebesen und füllte noch eine Kelle in die Form. Sie schloß den schweren Deckel, und es zischte. Sie goß kochendes Wasser über ein paar Teebeutel und stellte die Tassen - auf der einen stand VIC, auf der anderen DONNA - auf den Tisch. »Iß deine Waffel. Da ist Erdbeermarmelade, wenn du welche willst.«
Er nahm die Marmelade und setzte sich. Er strich sich Butter auf die Waffel und schaute zu, wie sie in den kleinen Vierecken verlief, wie er es als Kind schon getan hatte. Die Marmelade war von Smucker. Er mochte die Marmelade von Smucker. Ganz dick bestach er seine Waffel damit. Es sah großartig aus. Aber er hatte keinen Appetit.
»Wirst du dir in Boston oder New York ein Mädchen nehmen?« fragte sie und drehte ihm den Rücken zu. »Die Rechnung ausgleichen? Wie du mir, so ich dir?«
Er fuhr zusammen - wurde vielleicht sogar rot. Er war froh, daß sie ihm den Rücken zeigte, denn er hatte das Gefühl, daß sein Gesicht gerade in diesem Augenblick mehr von ihm verriet, als sie sehen durfte. Nicht, daß er empört war. Er hatte schon daran gedacht, dem Nachtportier nicht wie üblich einen, sondern zehn Dollar zu geben und ihm dann ein paar Fragen zu stellen. Er wußte, daß Roger es gelegentlich getan hatte.
»Für so etwas werde ich wohl keine Zeit haben.«
»Wie heißt es noch in der Anzeige? Für Jell-O hat man immer Zeit.«
»Sag mal, willst du mich ärgern, Donna?«
»Nein, nein. Iß nur. Dein Körper braucht Betriebsstoff.«
Sie setzte sich mit ihrer Waffel zu ihm an den Tisch. Sie nahm keine Butter. Nur ein wenig Sirup Marke Vermont Maid. Wie gut sie einander kannten, und wie wenig.
»Wann mußt du bei Roger sein?« fragte sie ihn.
»Nach zähen Verhandlungen haben wir uns auf sechs geeinigt.«
Sie lächelte wieder, aber diesmal war es ein gutes, zärtliches Lächeln. »Das mit dem frühen Aufstehen nimmt er sich wohl langsam zu Herzen, nicht wahr?«
»Ja. Ich bin erstaunt, daß er nicht schon angerufen hat, um festzustellen, ob ich auch wirklich aufgestanden bin.«
Das Telefon klingelte.
Sie sahen sich über den Tisch hinweg an, und nach kurzem Schweigen brachen sie in Gelächter aus. Es war ein köstlicher Augenblick, gewiß köstlicher als der vorsichtige Liebesakt in der letzten Nacht. Er sah, wie schön ihre Augen waren, wie leuchtend. Sie waren so grau wie draußen der Morgennebel. »Nimm schnell ab, bevor Tadder aufwacht«, sagte sie.
Er stand auf. Es war Roger. Er versicherte Roger, daß er schon auf sei, fertig angezogen und genau in der richtigen Stimmung. Er würde Roger um Punkt sechs abholen. Er legte auf und dachte darüber nach, ob er Roger die Sache mit Donna und Steve Kemp erzählen sollte. Wahrscheinlich nicht. Selbst wenn Roger versprach, es Althea nicht zu sagen, würde er es dennoch tun. Und Althea würde
Weitere Kostenlose Bücher