Cujo
aufgekündigt, und wenn Ad Worx den Sharp-Etat verlor, würde Rob außer Sharp mit Sicherheit noch weitere Kunden loswerden. Daher seine Wut und daher auch seine Angst… Emotionen, die Vic nur allzu gut verstand.
Sie hatten fast fünf Minuten schweigend dagesessen und geraucht, als Roger leise sagte: »Es ist doch zum Kotzen, Vic. Ich sehe den Kerl da an seinem Tisch sitzen, als ob er kein Wässerchen trüben könnte, und dann frißt er einen großen Löffel von den Flakes mit der verdammten Farbe drin und sagt: ›Nein, hier ist nichts verkehrt. Das schlägt mir ganz einfach auf den Magen. Ich bin froh, daß der Vorführer gegangen ist. Wenn ich mir die Dinger noch mal ansehen müßte, dann nicht ohne Spucktüte auf dem Schoß.«
Er drückte seine Zigarette in dem in die Sessellehne eingelassenen Aschenbecher aus. Er sah wirklich krank aus. Sein Gesicht hatte einen gelblichen Glanz, der Vic überhaupt nicht gefiel. Ganz gleich, welche Bezeichnung man für seinen Zustand wählte, er hatte ganz einfach Schiß und hätte sich am liebsten in ein Mauseloch verkrochen.
»Ich habe mir immer wieder gesagt«, meinte Roger und griff nach einer neuen Zigarette, »daß ich irgend etwas finden würde. Verstehst du? Irgend etwas. Ich konnte einfach nicht glauben, daß es so schlecht war, wie es den Anschein hatte. Aber der Gesamteindruck der Spots … es ist, als ob man Jimmy Carter sieht, der gerade sagt: ›Ich werde Sie nie belü-gen‹.« Er zog an der neuen Zigarette, verzog das Gesicht und stieß sie in den Aschenbecher. »Kein Wunder» daß George Carlin und Steve Martin und diese verdammte Sendung Satur-day Night Live ihren großen Tag hatten. Heute kommt mir der Kerl so scheinheilig vor …« Seine Stimme zitterte plötzlich. Er schloß hörbar den Mund.
»Ich habe eine Idee«, sagte Vic leise.
»Ja, das hast du schon im Flugzeug angedeutet.« Roger sah ihn an, wenn auch ohne große Hoffnung. »Wenn du eine hast, dann her damit.«
»Ich denke, wir sollten mit dem Cornflake-Professor von Sharp noch einen Spot drehen«, sagte Vic.
»Und davon müssen wir den alten Sharp überzeugen. Nicht den Sohn. Den Alten.«
»Und was soll der alte Professor diesmal verkaufen?« fragte Roger und öffnete einen weiteren Knopf an seinem Hemd. »Rattengift?«
»Komm, Roger. Niemand wurde vergiftet.«
»Hätte aber passieren können«, sagte Roger und lachte schrill. »Manchmal frage ich mich, ob du überhaupt weißt, was Werbung eigentlich ist. Werbung bedeutet, den Wolf am Schwanz zu packen. Nun, dieser Wolf hat sich losgerissen, und er kommt gerade zurück, um uns zu fressen.«
»Roger …«
»Wenn eine Verbrauchervereinigung die Viertelpfünder von McDonald wiegt und feststellt, daß sie ein Gramm weniger wiegen, gibt es in diesem Land Schlagzeilen. Irgendein obskures Magazin in Kalifornien veröffentlicht einen Bericht, in dem es heißt, daß Auffahrunfälle bei Pintos Benzintankexplosionen verursachen können, und die ganze Ford Motor Company zittert …«
»Erzähl bloß so etwas nicht«, sagte Vic und lachte. »Meine Frau fährt einen Pinto. Ich habe schon genug Probleme.«
»Ich sage ja nur, den Cornflake-Professor einen neuen Spot drehen zu lassen› wäre genauso, als wollte man Richard Nixon veranlassen, noch einmal den Bericht zur Lage der Nation vorzutragen. Er ist kompromittiert, Vic, er ist total erledigt.« Roger machte eine Pause und sah Vic an. Vic erwiderte den Blick ernst. »Was soll er denn sagen?«
»Daß es ihm leid tut.«
Roger starrte ihn eine Weile verständnislos an. Dann warf er den Kopf zurück und lachte schallend. »Daß es ihm leid tut. Leid? O, Gott, das ist ja köstlich. War das deine wunderbare Idee?«
»Halt, Roger. Du hast mir noch keine Chance gegeben. Das ist sonst nicht deine Art.«
»Nein«, sagte Roger. »Da hast du wohl recht. Erzähl mir, was du damit meinst. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß es dein …«
»Ernst ist? Es ist mein voller Ernst. Du hast doch selbst an den Kursen teilgenommen. Was. ist die Grundlage jeder erfolgreichen Werbung? Warum überhaupt werben?«
»Die Grundlage jeder erfolgreichen Werbung ist, daß die Leute glauben wollen. Daß die Leute sich selbst verkaufen.«
»Ja. Wenn ein Monteur von Maytag behauptet, er sei der einsamste Mann in der ganzen Stadt, wollen die Leute glauben, daß es tatsächlich irgendwo einen solchen Kerl gibt, der nur zu Hause herumhockt und Radio hört. Die Leute wollen glauben, daß ihre Maytag-Geräte nie repariert
Weitere Kostenlose Bücher