Culpa Mosel
Schonbezug und Matratze fand er Katzenhaare noch unter der Kommode oder dem Kleiderschrank.
Im Wohnzimmer saß Decker in einem weißen Freischwinger. »Die Frau ging in ihrem Beruf auf und lebte privat zurückgezogen, keine Kontakte zu Kriminellen, keine abgelegten Lover, außer dem Exmann, von dem angeblich die Trennung ausgegangen war, keine größeren Probleme auf der Arbeit, keine Feinde, nichts spricht für ein Verbrechen.«
»Trotzdem kann ich nicht verstehen, dass hier nicht einmal die KT zum Einsatz kam«, monierte Walde.
Die Wohnzimmereinrichtung bestand aus einer Couch und dem Sessel, in dem Decker saß. Es gab einen Kamin und daneben einen Durchbruch zu einer kleinen Küchenzeile mit Klapptisch an der Wand.
Im Bad hingen benutzte Handtücher. Im Abfluss der Dusche haftete getrockneter Schaum. Renard rauchte eine weitere Zigarette auf dem Balkon. Im Vorbeigehen streifte Walde mit dem Zeigefinger über den Hut des hohen Kleiderschranks. Er spürte eine weiche Staubschicht. Als er auf seine Fingerspitzen schaute, hafteten dunkle Haare daran.
»Das war da oben auf dem Schrank.« Walde streckte Decker seine Hand entgegen. »Das sind keine Menschenhaare.«
»Da oben wurde wohl schon lange nicht mehr gewischt. Vielleicht sind sie noch von früher, als Elke Minar eine Katze gehalten hat.«
»Ich habe selbst eine Katze«, entgegnete Walde. »Die schafft es niemals, auf einen fast zwei Meter hohen Kleiderschrank zu springen.«
»Vielleicht ist sie von der Kommode aus gesprungen.«
Walde stieg auf einen Stuhl, den er in der Küche geholt hatte. Er war überrascht, wie viele Haare auf dem wuchtigen Hut des Kleiderschranks lagen. Auf dem rötlichen Holz waren die dunklen Haare gut zu erkennen. Er schaute zum Balkon, wo Renard ihnen den Rücken zuwandte, bevor er einige Haare in einen kleinen transparenten Beutel beförderte, ihn sorgfältig verschloss und in seine Jacke steckte.
Kurz darauf kam Renard ins Zimmer. »Ich muss wieder zum Revier.«
»Können Sie sich erinnern, ob die Tote ein Brandmal am Unterschenkel hatte?« Walde hielt sich an der Lehne fest, während er vom Stuhl stieg.
»Was?«
»Ein kreisrundes Mal in der Größe eines Eurostücks?«
»Nein.«
»Ist vielleicht ein Hinweis im Bericht des Arztes aufgetaucht?«
»Nein, der bezog sich hauptsächlich auf die Todesursache, wie gesagt, Herzversagen.«
»Es gab keine Obduktion?«
»Nein.«
»Schlimmstenfalls müsste sie exhumiert werden, um nachzusehen.«
»Warum das?«
»Ich habe da einen Verdacht, und wenn der sich bestätigen sollte, wäre eine Obduktion …«
»Was das betrifft …«, Renard zögerte.
»Ja?«
»Tut mir leid, aber ich fürchte, Sie werden nichts mehr finden.«
»Ist sie etwa …?«
Der Polizist nickte. »Ihre Urne wurde auf dem städtischen Friedhof an der Rue de la Cité beigesetzt.«
Erst hatten sie vor, in der Innenstadt von Verviers gemeinsam eine Tasse Kaffee zu trinken, doch dann fanden sie einen freien Tisch in einer einladend wirkenden Brasserie, wo sie sich die Speisekarte geben ließen.
»Mist, jetzt habe ich nicht nach der Schrift gesucht!« Walde ließ die Karte sinken und schloss die Augen, während er tief einatmete und den Kopf in den Nacken legte.
»Welche Schrift?«, fragte Decker.
Walde berichtete seinem Kollegen von den seltsamen Buchstaben, die bei dem Toten aus Grevenmacher und dem Opfer in Saarburg gefunden wurden. »Übrigens in der gleichen Schrift, wie sie sich im Setzkasten von Josef Pawelka in Koblenz befunden hat.«
»Von Zufall kann man da wohl nicht mehr sprechen.« Decker markierte mit dem Zeigefinger eine Stelle in der Speisekarte. »Was ist das für ein Gras, steht unter den Plats.«
»Foie gras ist Gänseleber, auch Stopfleber genannt. Die Tiere werden, glaube ich, durch einen Trichter im Hals gemästet.«
»Canard ist aber kein Kanarienvogel?«
»Das ist, wenn ich mich nicht irre, Ente.« Walde las die nächste Zeile. »Und die Filet de boef sind vom Schwein.«
»Dann nehme ich die.«
»Übrigens heißt Renard auf Deutsch Fuchs.« Walde schaute zu dem Kamin hinüber, in dem Holzscheite loderten.
»Sie kennen sich ja mit französischen Tiernamen aus.«
»Außer Hund, Katze und Vogel fallen mir nicht mehr viele französische Wörter für Tiere ein.«
»Übrigens hat mir Sergeant Renard erzählt, dass seine Eupener Herkunft nicht gerade förderlich für seine Karriere gewesen war. Er hat den Beinamen ,Der Deutsche’ und geht bald in Pension.«
»So kam er mir
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