Cupido #1
Detective Benny Sears? Er war ihr Partner.»
«Sears. Benny Sears», rief die schroffe Stimme, «sie will wissen, was mit einem Benny Sears ist.»
«Meine Güte», wieder der aus dem Hintergrund. «Benny ist schon seit sieben Jahren tot. Hat auf der 59. Street im Berufsverkehr einen Herzinfarkt gehabt. Wer will denn das alles wissen?»
«Haben Sie das auch gehört? Detective Sears ist vor ein paar Jahren gestorben. Kann ich Ihnen sonst irgendwie weiterhelfen?»
Weggegangen. Tot. Aus irgendeinem Grund hatte sie mit so etwas nicht gerechnet. Ihr Schweigen wurde mit einem ungeduldigen Seufzer auf der anderen Seite quittiert. «Hallo? Sind sie noch da?»
«Wer wäre denn jetzt für ihre alten Fälle zuständig? Ich brauche Unterstützung bei ... bei einem Fall, an dem die beiden damals, 1988 zusammengearbeitet haben.»
«Haben Sie das Aktenzeichen? Hat es eine Festnahme gegeben?»
Sie öffnete den Hefter und blätterte hastig durch die vergilbten Seiten. «Ja, das muss hier irgendwo sein ... Eine Sekunde ... Nein, es ist niemand verhaftet worden, soweit ich weiß. Also, hier ist das Aktenzeichen –»
«Keine Festnahme? Dann müssen Sie mit dem Cold Case Squad reden. Ich verbinde Sie. Einen Moment.» Dann war die Leitung still.
«Detective Bureau. Detective Marty.»
«Hallo, Detective. Ich brauche Hilfe bei einem ungelösten Sexualdelikt aus dem Jahr 1988. Ein Kollege von der Special Victims Unit hat mich an Sie weitergeleitet.»
«John McMillan bearbeitet die ungelösten Sexualdelikte. Er hat heute frei. Kann er Sie zurückrufen, oder möchten Sie es selbst noch einmal versuchen?»
«Ich rufe morgen wieder an.» Sie legte auf. Das war vollkommen fruchtlos gewesen.
Dann nahm sie den Hörer wieder in die Hand und wählte eine andere Nummer.
«Staatsanwaltschaft Queens County.»
«Die Auslieferungsstelle, bitte.»
In der Leitung wurde es still, dann ertönte klassische Musik.
«Ermittlungen, Michelle am Apparat. Wie kann ich Ihnen helfen?»
«Es geht um eine Auslieferung.»
«Da sind Sie bei uns richtig. Was kann ich für Sie tun?»
«Ich muss mit dem Staatsanwalt sprechen, der sich um die Auslieferungen aus anderen Bundesstaaten zurück nach New York beschäftigt.»
«Das wäre Bob Schurr. Leider ist er im Moment nicht da.»
Arbeitete eigentlich irgendjemand in der Stadt, die niemals schlief? «Verstehe. Wann erwarten Sie ihn zurück?»
«Er ist beim Mittagessen und danach hat er, glaube ich, eine Besprechung. Er ist wahrscheinlich am späten Nachmittag wieder im Büro.»
C.J. hinterließ ihren Namen und ihre Telefonnummer zu Hause. Dann legte sie auf und starrte aufs Wasser hinaus. Die Sonne tanzte auf den sanften Wellen, Lichtreflexe funkelten wie Diamanten. Eine leichte Brise kam von Osten, und das Glockenspiel auf ihrem Balkon begann zu klimpern. Heute waren eine Menge Boote draußen, mitten am Mittwochnachmittag. Frauen in Bikinis bräunten sich auf kleinen Handtüchern auf dem Bug, während stolze Kapitäne in Badehosen, ein Bier in der Hand, den Kurs hielten. Noch besser waren die sonnenöligen Badenixen, die sich auf ausgewachsenen Yachten in Lounge–Sesseln räkelten. Hier lagen Badehosen und Bikinis gemeinsam auf dem Heck, Martini in der Hand, während sich die Mannschaft ums Steuern kümmerte. Und ums Kochen. Und ums Putzen. Das Kielwasser dieser Schiffe spritzte die Handtuchbikinischönheiten nass, und wegen ihrer Bugwelle schwappte dem stolzen Kleinkapitänen das Bier über. C.J. beobachtete die reichen Anwohner mit der gesunden Bräune und den kühlen Martinis und auf den Speedos die grellbunten Touristen mit Pina Coladas und Sonnenbrand, wie sie vollkommen unbekümmert nebeneinander hertrieben. Neid auf diese Sorglosigkeit versetzte C.J. einen wohl bekannten Stich, doch sie wehrte ihn ab. Wenn sie als Staatsanwältin eins gelehrt hatte, dann, dass die Dinge nicht immer so waren, wie sie schienen. Und wie ihr Dad zu sagen pflegte: Bevor du jemandem die Schuhe abkaufst, lauf erst mal selbst eine Meile damit, Chloe. Vielleicht willst du sie dann gar nicht mehr.
Ihre Gedanken wanderten zu ihren Eltern. Sie lebten immer noch im ruhigen Norden Kaliforniens und hatten immer noch Angst um Chloe, die wieder ganz allein in einer Großstadt war, einer gnadenlosen Stadt voller Fremder und Verrückter. Schlimmer noch, jetzt arbeitete sie sogar mit ihnen, unter ihnen, jeden Tag, beschäftigte sich mit dem Abschaum dieser Erde – Mördern, Vergewaltigern, Pädophilen –, versuchte verzweifelt
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