Cupido #1
orange auf, und der vertraute, tröstliche Geruch breitete sich im Wagen aus. C.J. lehnte sich im Fahrersitz zurück, schloss die Augen, inhalierte tief bis in die Lunge und atmete den Rauch langsam wieder aus. Das Nikotin gelangte in ihr Blut und raste durch die Adern, bis das Gift schließlich ihr Hirn und das zentrale Nervensystem erreichte – und plötzlich, wie durch Zauberei, ließ die Anspannung nach. Dieses Gefühl könnte ein Nichtraucher nie nachvollziehen, dafür, dachte C.J., wahrscheinlich jeder Drogenabhängige. Der Alkoholiker beim ersten Scotch des Tages, der Junkie, wenn er endlich seinen Fix bekam. Und auch wenn ihre Hände immer noch zittrig waren, spürte sie zum ersten Mal an diesem Morgen, wie eine Art Ruhe sie durchströmte. Sie blies einen Rauchring durch das Lenkrad und merkte wieder einmal, dass sie es nie schaffen würde aufzuhören. Nie. Dann fuhr sie den Jeep vom Parkplatz und bog auf die Auffahrt 836 West in Richtung des I–395 nach Fort Lauderdale.
Dominick. Sie dachte an sein Gesicht in ihrem Büro, die besorgten Falten auf seiner Stirn. Sie dachte an seine Hand auf ihrer Hand, ihrem Gesicht – und an die Enttäuschung, die in seinen Augen aufflackerte, als sie unter seiner Berührung zurückwich. An seine intuitiv richtigen letzten Worte. Ich glaube, da steckt mehr dahinter. Du verschweigst mir etwas.
Sie hatte ihn zurückgewiesen. Unbewusst zwar, aber dennoch. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. In dem Augenblick, als sie Bantling erkannte, hatte eine emotionale Schockwelle sie überflutet und all ihre Gefühle taub werden lassen. Dominicks Berührung zu erwidern schien in diesem Moment falsch, fehl am Platz. Wieder war die Zeit zum Stillstand gekommen. Es war fast wie vor zwölf Jahren: Sie hatte ein langweiliges und aufregendes und wunderbar normales Leben gehabt mit einer langweiligen und aufregenden und wunderbar normalen Zukunft, und dann – rums! – innerhalb einer Sekunde war alles über den Haufen geworfen. Bantling hatte sie schon wieder überfallen. Ein paar Augenblicke im Schlafzimmer, im Gerichtssaal, und ihre Welt war nicht mehr dieselbe.
Zwölf Stunden zuvor wäre sie nicht vor Dominicks Fingern zurückgewichen. Vielleicht hätte sie sich an ihn gelehnt oder hätte sonst irgendwie positiv auf seine Zärtlichkeit reagiert. Seit sie gemeinsam für die Sonderkommission arbeiteten, war zwischen ihnen etwas gewesen, ein unausgesprochener Flirt, eine Möglichkeit. Eine wunderbare, aufregende Spannung, die zu wachsen schien, und keiner wusste, wann, wie, ja, ob sie sich überhaupt entladen würde. C.J. war aufgefallen, dass er sie in Bezug auf juristische Dinge öfter anriet, als nötig war. Und auch sie meldete sich häufiger als nötig bei ihm, wenn es um Polizeikram ging. Um den Schein zu wahren, besprachen sie irgendeine Sachfrage, und dann wurde ihre Unterhaltung leicht und lustig und jedes Mal ein bisschen persönlicher. Sie fühlte sich von ihm angezogen, spürte die starke Chemie, die zwischen ihnen herrschte, und hatte sich mehr als einmal die Frage Was wäre wenn ? gestellt. Wenn sie sich bisher seiner Gefühle nicht sicher gewesen war, dann hatte sie jetzt Gewissheit. Seine Besorgnis im Gerichtssaal und die Umsicht in seiner Stimme, als sie von der Anhörung zurückkam, die forschenden Fragen und die Berührung an der Tür.
Aber sie hatte sich zurückgezogen, und er war gegangen. Das war es dann wohl. Sie hatte die Kränkung in seinem Blick gesehen, dann die Überraschung und die Verwirrung darüber, dass er die Situation, ja ihre Beziehung zueinander so falsch interpretiert hatte. Sie hatte es vermasselt. Vielleicht endgültig. Es wäre bestimmt vernünftiger, wenn sie nicht mehr an Dominick dachte, aber sie bekam ihn einfach nicht aus dem Kopf. Sie zündete sich noch eine Zigarette an und versuchte sich mit aller Kraft auf etwas anderes zu konzentrieren. Das war nicht der richtige Zeitpunkt für Beziehungsprobleme. Ganz bestimmt nicht mit einem Mann, der so kompliziert war wie Dominick Falconetti. Und der dann auch noch mit der Festnahme und der Strafverfolgung von William Rupert Bantling zu tun hatte.
An der palmengesäumten Einfahrt zu ihrem Apartmentkomplex grüßte sie den Wachmann in der klimatisierten Kabine. Er war in ein Buch vertieft und hob nur lässig die Hand. Ohne richtig von seiner Lektüre aufzusehen, öffnete er das Tor. Zum großen Teil waren diese Sicherheitsbeamten in Florida genauso nutzlos wie eine billige Autoalarmanlage
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