Cupido #1
leuchtete die Gummiräder an der Unterseite der Pritsche an. «Vielleicht ist er durch irgendwas durchgerollt.»
«Ja, die Rollen nehmen wir auch gleich mit.»
«Was ist mit der potenziellen Tatwaffe?»
«Ach ja, das Beste hab ich vergessen. Schau dir das an.» Jimmy Fulton öffnete den mittleren Hängeschrank. Im untersten Fach befand sich ein großes rechteckiges Metalltablett. Darauf lagen in ordentlichen Reihen unterschiedliche Skalpelle und Scheren in allen Größen. «Der Idiot sollte uns allen die Zeit sparen und einfach ein Geständnis ablegen. Der Prozess wird ein Kinderspiel.»
In Dominicks Funkgerät krächzte es wieder.
«Dommy Boy, oh, Dommy Boy, the pipes are softly calling ...»
Es war Manny, der sich mit seinem kubanischen Akzent an einem irischen Volkslied versuchte. Dominick ließ ihn eine Weile schmoren, bevor er antwortete. Jimbo und Bobby grinsten. Dann dämmerte es Manny, dass vielleicht noch andere zuhörten. Nach ein paar Takten brach er ab und bellte: «He, Dom, bist du da?»
«Ja, Bär. Ich bin mit Jimmy Fulton hinterm Haus. Wie steht's bei dir? Packst du den Schrank zusammen?»
«Ja, das tue ich. Und ich muss nochmal fürs Protokoll festhalten, in meinem nächsten verdammten Leben will ich Möbeldesigner werden.»
«Er ist Einkäufer, Bär.» Eddie Bowmans Stimme aus dem Hintergrund. «Du willst Möbel–Einkäufer werden, wenn du groß bist.»
«Halt's Maul, Bowman. Behalte lieber deine Alte in der Glotze im Auge.» Dann sprach er wieder mit dem Funkgerät. «Der Perverse hat die schicksten Klamotten. He, wenn er bald in der Hölle schmort, meinst du, ich könnte sie vielleicht kriegen?»
«Wenn du vierzig Kilo abnimmst und zwanzig Zentimeter schrumpfst, vielleicht, Bär: Keine Pastelitos mehr!» Dominick kniete sich hin und sah Bobby, dem Forensiker des MDPD, zu, der drei Proben von der braunen Substanz auf dem Boden nahm und sie in drei langen, sterilen zylindrischen Röhrchen konservierte.
«Aber die Krawatten könnte ich doch tragen. Was für eine Verschwendung. Wie ging's mit den Blues Brothers? Ich wette, dass der maricón einen Anfall hatte.»
«Sie waren nicht froh, Bär, gar nicht froh. Muss ich noch was sagen?»
«Na ja, jedenfalls bin ich hier im Schrank so gut wie fertig – er ist übrigens etwa so groß wie mein Schlafzimmer. Und so verdammt ordentlich. Zu ordentlich, wenn du mich fragst. Weißt du, dass er sein ganzes Zeug sortiert hat? Und zwar wirklich alles! Er hat so einen schwarzen Kleidersack, auf dem steht SMOKINGS, Plural, hörst du? Und dann hat er eine Kiste, auf der steht WINTERPULLOVER, und auf einer anderen steht WINTERSCHUHE.
Vielleicht ist er doch nicht unser Mann, denn ich hab nämlich das verdammte Gefühl, dass er ne Tunte ist. Oder so ein verkappter Homo, der alle Frauen hasst, weil sie ihn an seine Mutter erinnern. Das war doch ein Motiv. Immerhin würde das Bowmans heutige Strafarbeiten erklären. Und hör dir das an – ich habe in einer Kiste Halloween–Kostüme gefunden, natürlich fein säuberlich zusammengefaltet. Er scheint sich gern zu verkleiden, er hat da nämlich eine ganze Menge Kram: ne fiese Alien–Maske, ne Batman–Maske, so eine Frankensteinmaske, einen Cowboyhut und diese schwulen Lederhosen ohne Hintern – du weißt schon, so Flaps, die man sich über die Jeans zieht.»
«Die heißen Chaps, nicht Flaps.»
«Dann eben Chaps – mir doch egal. Er hat sogar ne Clownmaske. Stell dir dieses Schwein auf dem Geburtstag deiner Kinder vor.»
Dominick betrachtete die Streifen auf dem Boden, einen halben Meter weiter die schwimmhäutigen Füße des ausgestopften Reihers. Das Luminol, das die Techniker hier gleich versprühten, würde überall dort leuchten, wo Blut gewesen war. Im Laufe seiner Jahre als Ermittler der Mordkommission hatte Dominick immer wieder ganze Räume gesehen, die im Dunkeln unheimlich gelb geglüht hatten, inklusive der voll gespritzten Decke. Wie würde dieses von außen so niedliche Gartenhäuschen dann aussehen? Welches grausige Gemälde würde die Finsternis hier enthüllen?
«Gut, pack einfach alles ein, Bär. Wir wissen nicht, was in diesem Fall noch wichtig ist und was nicht.»
26.
Obwohl es eigentlich nicht viel zu lesen gab, brauchte sie über zwei Stunden, um alle Polizeiberichte, Krankenhausunterlagen und Laborberichte durchzugehen. Nach der Hälfte musste sie eine Pause machen. Sie lief durch die Wohnung, setzte frischen Kaffee auf, legte die Wäsche zusammen, wischte Staub
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