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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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Konstantine.
    »Spyro, das Projektionspulver und der Stein der Weisen sind ein und dasselbe. Aber Richelieu, der keine Ahnung von Alchemie hatte, wusste nicht einmal, wonach er suchen sollte.«
    »Richelieu war kein Dummkopf. Der König und Richelieu wollten umsonst Gold erzeugen, das ist doch klar.«
    »Ich versuche andauernd, dir begreiflich zu machen, dass der wahre Zweck des Steins der Weisen nicht der war, Blei in Gold zu verwandeln.«
    » Merde! Frag doch deine Concierge. Auch sie wird dir antworten, dass die Alchimisten versuchten, Blei zu Gold zu machen!«
    »Ja, natürlich, aber ich sage dir noch einmal, dass sich alle irren, du und meine Concierge eingeschlossen. Das ist eine volkstümliche Legende, die wahre Alchemie dagegen ist eine Wissenschaft für Initiierte.«
    »Aha, ich verstehe. ›Alle‹, das ist das ignorante Volk, jemand wie ich, während die ›Initiierten‹ wenige Auserwählte sind, und du gehörst natürlich dazu.«
    Raisa verdrehte die Augen. »Jeder beliebige Fachmann für Esoterik wird dir sagen, dass kein Alchimist, der sich zu Recht so nennt, jemals versucht hat, Blei in Gold zu verwandeln. Die behaupteten, das sei ihnen gelungen, sind allesamt Scharlatane.«
    »Aha, jetzt fangen wir an, vernünftig zu argumentieren«, sagte Konstantine. »Wenn ich richtig verstanden habe, gingen die wahren Alchimisten also vom Gold aus.«
    »Genau wie die ägyptischen Priester.«
    »Und was wollten sie daraus gewinnen?«
    »Einen Zustand spiritueller Erleuchtung. Die Letzte Erleuchtung, von der das Totenbuch spricht. Dieselbe Erleuchtung, die Flamel mit seinen wohltätigen Werken bewies.«
    »Das alles ist ein bisschen zu niedlich, findest du nicht?«, fragte Konstantine zu Théo gewandt.
    Théo nippte an seinem Courvoisier. Das Gespräch nahm eine Wendung, die ihm nicht gefiel. War es möglich, dass Raisa sich zu stark von den esoterischen Aspekten beeinflussen ließ und darüber den Rest vernachlässigte?
    »Was ist dieser Stein der Weisen denn nun?« Théo breitete die Arme aus. »Wurde er je gesehen? Ist er ein Pulver, ein kostbarer Stein …?«
    »Théo, ›wer in einem Boot sitzt, sollte sich nicht darauf versteifen, das Meer auszuleeren.‹ Der Stein der Weisen ist das Geheimnis des Lebens, das, was die Alchimisten › spiritus mundi ‹ nannten. Ihm unbedingt eine konkrete Form geben zu wollen ist ein Irrtum, der auf den Grenzen unserer Sinneswahrnehmung beruht. Der Mensch ist machtlos angesichts der Geheimnisse der Schöpfung.«
    »Ich denke, hier sind wir fertig.« Konstantine drückte die Zigarre im Aschenbecher aus. »Nehmen wir dieses Ding von Pico wieder mit und …«
    »Nicht so eilig.« Théo sah Raisa an. »Was fällt dir ein, wenn du an den Stein der Weisen denkst?«
    Raisa drehte das Glas zwischen den Fingern. »Ich denke an das Auge des Horus der Ägypter, an die Gnosis der Griechen, an das Chakra der Hindus, an die Erleuchtung der Buddhisten, an den Heiligen Geist der Christen … Die Suche nach dem Stein der Weisen bedeutet, unserem Denken eine vierte Dimension hinzuzufügen und die Grenzen unseres Körpers zu überwinden, indem man das Blei, das in uns ist, in Gold verwandelt, also in die Vollkommenheit. Für Jung, der sich zeitlebens für Esoterik interessiert hat, war die Suche nach dem Stein der Weisen gleichbedeutend mit der Suche nach uns selbst.« Raisa blickte Théo direkt in die Augen. »Die Suche nach dem, was wir sind und was wir wollen.«
    Théo dachte daran, dass Victor, der Önologe, den neuen Wein mit einem Sprung in die Seele verglichen hatte, und wieder tauchte der Traum aus Siena vor ihm auf.
    Er schlug mit aller Kraft gegen einen Spiegel, schrie ihn an, dass er lüge, und zerbrach ihn. Er stieg darüber und fand sich vor dem Haus in Asfendiou. Er ging durch den Schatten eines Heuhaufens, den das Mondlicht auf den Boden der Tenne warf. Bunte Lichterketten leuchteten in der Dunkelheit, und zwei Frauen ohne Gesicht tanzten im Kreis einen Syrtos. Als sie ihn erblickten, hielten sie inne. Eine der beiden kam auf ihn zu und schrie ihn an: »Lügner! Du bist derjenige, der lügt. Auch dich selbst belügst du«, und reichte ihm einen großen silbernen Schlüssel.
    »Théo, träumst du, oder was ist los?« Konstantine rüttelte ihn an der Schulter.
    »Das ist nur eine esoterische Interpretation«, sagte Théo zu Raisa. »Und ich bezweifle, dass sie in diesem Fall die richtige ist.«
    »Warum?«
    »Weil einige Menschen, beginnend bei den Ägyptern, sich große Mühe

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