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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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»Sie hätten eine Kugel im Kopf, noch bevor Sie am Fenster sind. Fordern Sie mich nicht heraus.«
    Tonfall und Miene des Generals waren unmissverständlich. Guzman zog die Hand zurück und blickte Rabinovitch hasserfüllt an. Dann sprang er von seinem Stuhl auf und versetzte ihm einen Handkantenschlag ins Gesicht. Rabinovitch fiel rücklings zu Boden, den Stuhl unter großem Gepolter mit sich reißend.
    » Hijo de puta !«
    Ein Schuss dröhnte durch die Kabine, die Kugel prallte von der Decke ab und raste Funken sprühend wenige Zentimeter neben dem Kopf des Monsignore vorbei.
    »Monsignore, noch so ein Ausbruch«, sagte der General, »und ich ziele nicht mehr vorbei.«
    Rabinovitch rappelte sich auf, wischte sich das Blut ab, das ihm aus einem Mundwinkel rann, und ging auf den Tisch zu, wo er den Papyrus und das Pergament an sich nahm.
    »Danke für das Kompliment, Vicente.« Rabinovitch stellte sich neben den General. »Meine Mutter wird geschmeichelt sein, und es wird ein großes Fest in der Synagoge geben.«
    »Sag mal, Christ«, fragte Al Kaddafi, »weißt du, ob Judas überhaupt eine Mutter hatte?«
    Rabinovitch blickte mit einem spöttischen Grinsen auf Al Kaddafi herab. »Ein weiser Jude hat einmal gesagt, ›Trau niemandem, außer deinem Instinkt, erzähl niemandem deine Geheimnisse, und niemand wird dich verraten. Vielleicht.‹«
    »Kein Zweifel«, sagte Al Kaddafi. »Dieser Weise war Jude.«
    Der General gab einem der Matrosen einen Befehl auf Hebräisch. Der näherte sich vorsichtig, mit angelegtem Gewehr, ihrem Tisch.
    »Monsignore«, sagte der General, »legen Sie Ihre Pistole auf den Tisch. Ganz langsam. Und Sie, Al Kaddafi, tun das Gleiche mit Ihrem Dolch.«
    Beide gehorchten widerwillig. Der Matrose sammelte Pistole und Dolch ein und zog sich zurück.
    »Meine Herren, Sie werden die Nacht in dieser Kabine verbringen«, sagte der General. »Wir werden morgen am frühen Nachmittag in Tel Aviv ankommen, rechtzeitig für Ihren Flug nach Rom. Selbstverständlich auf Kosten der israelischen Regierung. Im Übrigen, ersparen Sie uns bitte lächerliche Fluchtversuche. Bis Tel Aviv werden zwei bewaffnete Matrosen vor Ihrer Kabine Wache stehen. Die Kabine hat eine Toilette, Ihnen wird ein Abendessen serviert, und Sie bekommen drei Pritschen. Es ist nicht gerade das Hilton, aber unendlich viel besser als das Gefängnis von Karyes.«
    Der General, Rabinovitch und die beiden Matrosen gingen hinaus, die Tür schloss sich, und der Riegel wurde vorgeschoben.

    Der Monsignore wälzte sich auf seiner Pritsche hin und her. Beim Überfliegen des Pergaments war sein Blick auf einen Namen gefallen: »Land Midian«. Das Land Midian war Saudi-Arabien. Hatte der Exodus dort geendet? Befand sich dort das Grab? Er hatte auch das Wort »Vulkan« gelesen, gefolgt von einem unverständlichen Namen. Ein Vulkan in Saudi-Arabien? War das möglich? Sollte er mit einem Saudi sprechen? Und wer war dieser Clausen? Wer hatte ihn geschickt?
    »Rashid«, flüsterte er. »Rashid, schläfst du?«
    »Ich habe geschlafen.«
    »Wer war deiner Meinung nach der Blonde von gestern Nacht?«
    »Bevor ich hinuntergegangen bin, habe ich seinen Rucksack durchsucht. Wer läuft wohl mit einem zerlegbaren Gewehr und einem Schalldämpfer herum?«
    »Ein Killer? Das ist doch Wahnsinn. Wer könnte ihn engagiert haben?«
    »Erst schwankte ich zwischen dir und diesem Judas. Jetzt weiß ich, dass er es war.«
    Konnte der Saudi nicht recht haben? Schlomo hatte befürchtet, sie würden mit dem Papyrus verschwinden. Einige Augenblicke lang ließ er sich vom Schaukeln des Schiffs wiegen, dann fiel ihm schlagartig der Mord an Santi ein. War das auch das Werk Jerusalems? Nein, sagte ihm sein Instinkt. Wer konnte außer den Mitgliedern des Bundes noch Interesse an dieser Geschichte haben? Er dachte an das zurück, was er Pater Pinkus gesagt hatte, als der Anruf aus Siena gekommen war. » Pecuniae obediunt omnia , Pater. Auch im Buch Ekklesiastes steht es geschrieben.«
    Vor seinem inneren Auge blitzte ein goldenes Brillengestell auf, und ein Satz ging ihm durch den Kopf, den er vor ein paar Monaten gehört hatte: »Monsignore, Politik ist eine zu wichtige Angelegenheit, um sie den Politikern zu überlassen.« Er fuhr auf seiner Pritsche hoch.

    Auf dem Bettrand einer Schlafkoje sitzend, hörte General Morgenstern Rabinovitch zu, der mit unsicherer Stimme das Pergament vorlas.
    »Oh, Gott Abrahams, warum tust du uns das an?«, klagte Rabinovitch. »Was haben wir dir

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