Curia
gemacht haben, um aus Gold etwas zu erzeugen – nenn es, wie du willst: mfkzt , Stein der Weisen, Projektionspulver –, bei dem es um viel mehr geht als um einen Zustand der Erleuchtung. Wer nach einem spirituellen Vollkommenheitsideal strebt, bringt keine Menschen um oder bedroht sie nachts in Tiefgaragen.«
»Worauf willst du hinaus, Théo?«, fragte Konstantine.
»Ich bin mir nicht sicher. Noch nicht.«
»Die Antwort genügt mir nicht, Kompagnon. Wir haben ein Abkommen geschlossen, und diese ganze Geschichte kostet mich viel Zeit und Geld. Wir suchen ein Grab, und ich glaube nicht, dass wir es finden, wenn wir hinter dem Stein der Weisen herlaufen! Nach dem Fiasko beim Obelisken und nach diesem Fiasko hier wissen wir von dieser Sache genauso viel, wie wir am Anfang wussten, nämlich gar nichts.«
»Das stimmt nicht. In Cleopatra’s Needle verbirgt sich etwas, genauso wie unter der Intarsie das Kästchen von Pico versteckt war. Und das bedeutet, dass wir auf dem richtigen Weg sind.«
»Geschwätz! Die einzige Frage, die hier zählt, lautet: Wo ist das Grab? Kennst du die Antwort?«
Théo schwieg.
Raisa zeigte auf den Kegel. »Pico hat einen Grund gehabt, den in das Kästchen zu tun.« Sie rollte das Pergament auf. »Was mag bloß an diesen unleserlichen Stellen gestanden haben? Vielleicht kann man noch etwas tun.«
»Was?«, fragte Théo.
»Das Pergament enthält viele Hinweise: das Auge des Horus, das weiße Pulver, das Manna … Wir müssen die heiligen ägyptischen Papyri gründlich durchforsten, beginnend beim Totenbuch bis hin zur Bibel. Vielleicht findet sich die Antwort irgendwo dort, wo ägyptische Esoterik und jüdische Liturgie sich gekreuzt haben. Ich werde mit Constance darüber sprechen.«
Théo spähte verstohlen zu Konstantine. Spyro hatte recht, sie wussten gar nichts. Er dachte an Vankos Notizen. Es blieb nur noch ein Weg: der fehlende Papyrus. Aber das bedeutete herauszufinden, wer ihn aus den Archiven des MI 6 gestohlen hatte. Nur wie, wenn sogar Scotland Yard und Interpol nach sechs Jahren Suche aufgegeben hatten?
In der Stille, die auf der Tischrunde lastete, hörte man nur das Brummen der Motoren und die schrillen Schreie der Möwen.
Monsignore Guzman schaute durch ein Bullauge. Zwischen dem Grün der Küste leuchteten die roten Dächer eines Klosters auf, um gleich darauf hinter einer Klippe zu verschwinden. Er trank einen Schluck Tee und biss in einen Rugelach, die anderen drei Männer aus dem Augenwinkel beobachtend. Was stand in dem Papyrus? Was hatte die Anwesenheit des Mossad-Chefs an Bord zu bedeuten?
»Nun, da ich meine Gastfreundschaftspflichten erfüllt habe, können wir zu ernsteren Dingen übergehen.« Rabinovitch erhob sich, räumte den Tisch frei und setzte sich wieder. »Meine Herren, der Papyrus und die Übersetzung, bitte.«
Der Monsignore und Al Kaddafi tauschten einen Blick. In den Augen des Saudis lag wütende Resignation. Er zog die Ikone aus dem Sack und stellte sie auf den Tisch. Als er die Klinge seines Dolchs in die Öffnung drückte, fielen die Rollen heraus.
Rabinovitch öffnete den Papyrus vorsichtig, der Monsignore entrollte das Pergament. Die Farben der Hieroglyphen schienen ihre ursprüngliche Leuchtkraft bewahrt zu haben, und die griechischen Buchstaben des Pergaments waren mühelos zu entziffern.
»Das kann warten.« Rabinovitch rollte den Papyrus wieder zusammen.
»Es ist Alexandrinisches Griechisch.« Guzman hielt das Pergament vor das Bullauge und überflog den Inhalt.
Er übersetzte beim Vorlesen und hielt nur inne, wenn er ein Wort nicht verstand.
THEBEN, 3. JAHR DES TUTANCHAMUN, DRITTER MONAT DES ACHET, NEUNTER TAG
Ich, Pawah, Sohn des Nehmu, einst Hohepriester des Hauses Sapti, schreibe diesen Papyrus im dritten Monat der Jahreszeit der Überschwemmungen, zwei Jahre nach dem Ende des Reiches von Echnaton, dem Pharao, dessen Name einst Amenhotep IV. war und der im fünften Jahr seiner Regentschaft seinen Namen änderte, Theben verließ und die Schließung aller Amun-Tempel befahl, also die Götter der Zwei Länder verleugnete …
In diesem Moment wurde die Tür aufgestoßen, und zwei Matrosen stürmten mit angelegten Gewehren in die Kabine. Direkt hinter ihnen kam General Morgenstern mit gezückter Pistole herein.
»Keiner rührt sich!«, rief der General.
Der Monsignore machte Anstalten, nach dem Papyrus zu greifen, sein Blick ging zum Bullauge.
»Monsignore, lassen Sie das.« Der General richtete die Pistole auf ihn.
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