Curia
Ihrer Erlaubnis jetzt wieder schlafen gehen, Herr General?«
Morgenstern erhob sich, ging zu einem Bullauge und zündete sich eine Zigarette an. Eine Nebelbank verschluckte das Schiff. Von Weitem ertönte das gedämpfte Pfeifen einer Sirene.
28 Théo mochte es drehen und wenden, wie er wollte, die Schlussfolgerung blieb immer dieselbe: Der Dieb des Papyrus musste ein sehr ungewöhnlicher Sammler sein. Dieser Mann war keineswegs vom Kult der Schönheit besessen, nein, er berauschte sich an der Macht.
Théo malte ein paar Kringel auf seinen Notizblock. »Sag mir, was du sammelst, und ich sage dir, wer du bist«, hatte Konstantine einmal gesagt.
»Was unterscheidet einen Sammler zeitgenössischer Malerei von einem, der griechisch-römische Skulpturen sammelt?«
»Wer zeitgenössische Malerei kauft, tut das gewöhnlich aus einem Impuls intellektueller Empathie, während der Sammler griechisch-römischer Bildhauerkunst von einer mehr oder weniger unbewussten Identifikation mit der ruhmreichen Vergangenheit angetrieben wird.«
»Willst du damit sagen: Wer eine Büste von Julius Cäsar kauft, empfindet sich selbst als kleinen Cäsar?«
»Darauf kannst du deinen Arsch verwetten, auch wenn es dir wie Küchenpsychologie erscheinen mag.«
Der Dieb könnte ein Kunde von Spyro sein. Warum nicht mit ihm darüber sprechen? Théo streckte die Hand zum Telefon aus, aber dann hielt er inne. Wenn Spyro von Tutanchamuns Papyrus hörte, würde er eine ganz andere Art Geschäft wittern und ohne ihn weitersuchen.
Die Interpol-Kartei? Dieser Mann war zu intelligent, um in Polizeiakten zu landen. Und selbst wenn er seinen Namen finden würde, müsste er mit Joubert sprechen, um Nachforschungen anstellen zu können, und dann würde der Dackel die Ermittlungen wieder aufnehmen, aber auf eigene Faust.
Sein Blick fiel auf den Computerbildschirm. Wie dumm von ihm! Die Datenbank des Louvre. Wenn der Papyrusdieb ein echter Sammler war, müsste er sich auf jeden Fall in ihrer Datenbank finden lassen.
Wie viele Sammler gab es in der Datenbank »Ägyptische Altertümer«? Er drückte ein paar Tasten, und ein Cursor blinkte auf dem Schirm. Auf dem Feld »Anzahl der Sammler« erschien eine »276«. Es folgte eine lange Reihe Daten.
Mann oder Frau? Zwar holten Frauen allmählich die verlorene Zeit auf, doch noch schlugen die Männer sie um Längen. Er klickte auf »Mann«. Alter? So einer musste mindestens fünfzig sein. Beruf? »Unternehmer.« »Schätzwert der Sammlung«? Wenn der Typ, der ihm vorschwebte, etwas anpackte, dann wollte er damit ein Zeichen setzen. »Über hundert Millionen Dollar.«
Der Cursor blinkte, und auf dem Feld »Anzahl der Sammler« erschien »31«. Zu viele. Trotzdem speicherte er die Daten.
Er klickte auf den ersten Namen der Liste und dann auf das Feld »Stücke«. Unter »Anzahl der Stücke« erschien »22«. Er wählte das erste Stück aus, las die Beschreibung und schüttelte den Kopf. Es war Zeitverschwendung.
Welche anderen Altertümer, außer ägyptischen, sammelte sein Mann noch? Assyrisch-babylonische Stücke, Gegenstände der Maja und Indios? Nein, das passte nicht. Er dachte an Konstantines Worte.
»Willst du damit sagen: Wer eine Büste von Julius Cäsar kauft, empfindet sich selbst als kleinen Cäsar?«
»Darauf kannst du deinen Arsch verwetten.«
Kein Zweifel. Der Mann kaufte griechisch-römische Altertümer, Skulpturen, die Machtwillen ausstrahlten: Heerführer, Kaiser, Götter.
Malerei? Ja, aber in erster Linie, um seinen Narzissmus zu befriedigen. Welche Genres? Die Sternenwirbel von Van Goghs Nachthimmeln gingen Théo durch den Kopf. Impressionismus. Was noch? Surreale metaphysische Visionen und phantastische Gebilde fegten Van Goghs Nächte in der Provence weg. Wenn er den Diebstahl begangen hatte, musste dieser Mensch eine Neigung zum Irrsinn haben, also liebte er Dalí und de Chirico. Surrealismus. Und jetzt?
Gaston fiel ihm ein. Eine seiner Aufgaben bestand darin, ständig nach bedeutenden Sammlern zu suchen, die der Louvre in seine Datenbank aufnehmen konnte. Wer eignete sich besser als Gaston? Théo nahm eine Lupe, um seine Augen nicht zu ermüden, und durchforstete die Kataloge aller wichtigen Ausstellungen und die der großen Auktionshäuser. Außerdem suchte er in Fachzeitschriften.
Schließlich hob er den Telefonhörer und rief den Kurator der griechisch-römischen Abteilung und die beiden Kuratoren der Abteilungen für impressionistische und surrealistische Malerei
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