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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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der richtigen Menge Joghurt.« Er leckte sich die Finger. »Was wollen wir eigentlich in Al-Bad, Théo? Warum fahren wir nicht gleich zum Harrat ar Rahah? Er liegt nur vierzig Kilometer südöstlich der Oase.«
    »Aus alten Landkarten von Arabien geht hervor, dass Al-Bad im Altertum Madyan hieß, das Land Midian der Bibel. Islamische Legenden erzählen, dass Madyan die Heimat von Jethro war, dass Moses dort lebte und dass der wahre Berg Sinai in der Gegend liegt.«
    »Was bist du doch für ein komischer Kerl! Verrätst du mir mal, warum du nicht an die Legenden der Bibel glaubst, dafür aber an die des Korans?«
    »Ich glaube weder an die Bibel noch an den Koran. Aber Mythen enthalten immer ein Körnchen Wahrheit, und in unserem Fall könnte dieses Körnchen Jethro sein, der Schwiegervater von Moses.«
    »Jethro? Dieser ungebildete Schäfer?«
    »Dieser ungebildete Schäfer, wie du ihn nennst, ist der Schlüssel zu allem.« Théo biss in einen halwa . »Mm, bei diesen schmeckt man den Zimt …«
    »Lass den Zimt, verflixt noch mal, und erklär mir das.«
    »Zwei Sätze in der Bibel geben, wenn du sie verbindest, eine sehr wichtige Information über Jethro, die die Archäologie bestätigt.« Théo blätterte in der Bibel. »Hör zu. Vers 2,16 des Exodus sagt, dass Jethro ›der Priester von Midian‹ war, während im Vers 1,16 im Buch der Richter von den ›Söhnen des Keniters, des Schwiegervaters des Mose‹ die Rede ist.«
    »Na gut, Jethro war ein Priester der Keniter. Und weiter? Wer waren diese Keniter? Ebenfalls analphabetische Schäfer?«
    »Das war ein Nomadenstamm, der seit der späten Bronzezeit, also genau in biblischer Zeit, im Land Midian lebte. Sie waren kundig in der Metallverarbeitung.«
    »Schmiede also?« Khalid zuckte mit den Schultern. »Was findest du daran so außergewöhnlich?«
    »Die Keniter beteten einen Vulkangott an, und dieser Gott hieß Yahu. Fällt dir nichts auf? Verstehst du jetzt, wessen Priester dieser Schäfer Jethro war?«
    »Du willst damit sagen, dass der Jahwe der Bibel und der Yahu dieser Keniter …«, seine Stimme wurde zu einem Flüstern, »ein und derselbe Gott sind?«
    »Jahwe stammt direkt aus den Schmelzöfen der Keniter.«
    »Wie erklärst du dir dann, dass der Vulkangott eines nordarabischen Stammes von Schmieden zum Gott Israels werden konnte? Na? Und warum hat dein König Josia unter vielen Göttern ausgerechnet ihn ausgesucht?«
    »Zuallererst«, sagte Théo, »muss man fragen, woher genau die ersten Israeliten, also die Juden von heute, aus dem Land Kanaan kamen.«
    Wie die Ausgrabungen in Israel, beginnend mit denen in Megiddo, bewiesen, stammten die Juden von den eingeborenen Völkern Kanaans ab, die ursprünglich Nomaden waren und später sesshaft wurden. Wahrscheinlich erwarben sich die Keniter dank ihrer Kenntnisse in der Metallverarbeitung und der Qualität ihrer Waffen den Respekt der anderen Stadtstaaten im biblischen Kanaan.
    »Jeder dieser Stämme brachte seine eigene Kultur, also auch die eigenen Götter, mit. Das erklärt, warum und wie ein Gott aus dem Land Midian Eingang in das Pantheon von Kanaan fand.«
    Die Sonne berührte den Horizont und entzündete den Himmel in roten, gelben und orangen Farben. Im Flussbett des Wadi wurden die Schatten der Felsen immer länger.
    »Wie kannst du dir so sicher sein, dass die Keniter ins Land Kanaan zogen?«, fragte Khalid.
    »Das beweisen die Ausgrabungen in den Sechzigerjahren in Arad.«
    »Ausgrabungen in Arad? Nie gehört. Niemand hatte Interesse daran, sie an die große Glocke zu hängen. Aber für die Bibelarchäologie bedeuten diese Ausgrabungen das wichtigste Datum des 20. Jahrhunderts.«
    In den Sechzigerjahren entdeckte Yohonan Aharoni, der Direktor des Instituts für Archäologie an der Universität Tel Aviv, Spuren einer alten Siedlung in Arad im Nordosten der Negevwüste. Damit konnte der Archäologe eine Angabe in der Bibel verifizieren, sagte Théo. Er schlug sie auf und las im Buch Richter 1,16 und 27,10 aus dem ersten Buch Samuel. An diesen Stellen hieß es, dass die Keniter sich in der Gegend um Arad im Süden des Landes Kanaan angesiedelt hatten.
    »Aharonis sensationeller Fund war die Festung von Arad, die im Laufe von fünf Jahrhunderten sechsmal wiederaufgebaut wurde, angefangen im 11. Jahrhundert v. Chr. Mit der Schicht aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. kamen die Reste eines Jahwe geweihten Tempels ans Licht, wo es eine Inschrift gab: ›Haus des Jahwe‹.«
    »Warum nennst du diesen Fund

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