Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
Vom Netzwerk:
Dünen nahmen eine rostrote Farbe an, im Lager wurden die Petroleumlampen angezündet. Ihre Lichter flackerten zwischen den Palmzweigen. Im Tal erklang Gebetsgesang und mischte sich mit den Flötentönen.
    Théo wurde von einem Gefühl ergriffen, für das er keinen Namen hatte. War es das Licht, die Stille oder die Farben? Oder dieses Gebet? Windstöße fuhren über die Dünenkämme und wirbelten kleine Sandsäulen auf. Ja, das war es, der Sand. Er griff eine Handvoll Sand und ließ ihn durch seine Finger rinnen. Seit jeher war der Sand in Bewegung, er häufte sich auf, verteilte sich, verschwand und kehrte zurück, nahm einen Moment lang diese Form an und gleich darauf eine andere. Es überraschte nicht, dass der Gott der Bibel seinen Bund mit Moses an einem Ort wie diesem geschlossen hatte. Nur hier konnte Jahwe wohnen, in der Wüste.
    »Was war das für eine Melodie?«, fragte Théo und erhob sich.
    »Ein ägyptisches Liebeslied. Das ›Lied für Layla‹.«
    »Es ist zuckriger als ein basboussa . Immer dieses Zeug oder Puccini. Warum wechselt du nicht mal das Genre?«
    »Aha, meine Musik gefällt Ihnen also nicht, Herr Brahms?« Khalid schwenkte drohend die Flöte. »Komm du noch einmal an und bitte mich um die Kuchen meiner Mutter, dann wirst du schon sehen!«
    Scherzend stiegen sie wieder in den Wagen und fuhren auf das Lager zu.

 
    38    Kommissar Dominici stieg aus dem Taxi, zahlte und ging mit schnellen Schritten durch den Eingang der Interpol-Zentrale.
    Der Aufzug hielt im achten Stock des Turms 2. Dominici nahm den westlichen Flur und blieb vor einer Tür mit dem Schild »Raymond Joubert, Directeur, Unité Art et Antiquités« stehen. Er klopfte.
    »Nun?«
    »Wir haben unseren Mann gefunden«, sagte Joubert. »Er heißt Theodorus De Vries und ist die Nummer eins in Europa. Drukker, der Polizeichef von Amsterdam, hat mir geholfen, ihn zu überzeugen. Drukker hat ihm ein Angebot gemacht, das er nicht ablehnen konnte, wie man heute so sagt.«
    Der Kommissar sah ihn bestürzt an. »Die Polizei? Wir waren uns einig, dass wir sie raushalten wollten.«
    »Ich kenne Drukker seit zwanzig Jahren und bürge für ihn wie für mich selbst. Ich überlasse nie etwas dem Zufall, vor allem dann nicht, wenn ich Kriminellen Konkurrenz machen muss.«
    »Können wir mal einen Blick auf die Karte werfen?« Dominici zog ein Paket Gitanes heraus. »Stört es Sie, wenn ich rauche?«
    »Einen Tod muss man wohl sterben, vermute ich«, sagte Joubert mit seinem Dackelblick und faltete einen Stadtplan von Leiden auseinander.
    Der Kommissar verdrehte die Augen zur Decke und steckte die Zigaretten wieder weg.
    »Leiden liegt sehr nahe bei Den Haag. Über die A  44 braucht man nur eine halbe Stunde.« Joubert zeigte mit einem silbernen Brieföffner auf die Karte. »Die Büros liegen in einer festungsähnlichen Burg in der Altstadt. Sehen Sie, hier an dieser Stelle, genau am Rapenburgkanal, zwei Schritte von der Koornbrug, der überdachten Brücke, entfernt.«
    »Wie weit sind Sie mit der Überwachung?«
    »Wir wissen inzwischen fast alles. Gewohnheiten, Uhrzeiten, Plan der Räumlichkeiten und Wachwechsel.«
    Drukker hatte ihm zwei seiner Männer geliehen, die sich als Angestellte der Elektrizitätsgesellschaft ausgewiesen hatten. Unter dem Vorwand, sie müssten den Verlauf sämtlicher Leitungen der Gegend überprüfen, war es den Beamten gelungen, in alle Büros hineinzukommen.
    »Sprechen wir über den wichtigsten Punkt«, sagte der Kommissar. »Die Alarmanlagen.«
    Joubert breitete eine Skizze auf seinem Schreibtisch aus. »In der Burg ist ein Videoüberwachungssystem mit beweglichen Kameras installiert. Die Monitore befinden sich im Erdgeschoss in einem Kontrollraum, wo zwei Wachen sich alle acht Stunden abwechseln.«
    In den Wänden verborgene Sender warfen Infrarotstrahlen nach allen Seiten. Die Eingangstüren waren gepanzert und hatten kein Schloss. Geöffnet wurden sie mit Magnetkarten, deren Code jeden Tag geändert wurde. Im Park patrouillierten nachts bewaffnete Streifen mit Dobermännern. Zwei Motorschiffe mit starken Scheinwerfern kreuzten ständig auf dem Kanal vor der privaten Anlegestelle hin und her.
    »Was passiert, wenn der Alarm ausgelöst wird?«, fragte der Kommissar.
    »Vor allen Fenster- und Türöffnungen fallen schlagartig Rollläden aus fünf Zentimeter dickem Stahl herunter, die Dobermänner werden losgelassen, und die Wachmänner laufen herbei, zwölf an der Zahl. Und als würde das nicht genügen,

Weitere Kostenlose Bücher