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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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mit einem roten Kreis markiert war.
    »Der Anruf kam von einem Mobiltelefon«, sagte der Auswerter.
    »Von wo?«, fragte die Stimme am anderen Ende.
    »Der Ort heißt Bonville-sur-Mer. Ein Dorf an der Küste im Süden der Normandie.«
    »Gute Arbeit, Ian.«
    Der Auswerter faltete die Hände hinter dem Nacken und drehte sich im Sessel zu der Fensterfront des Kontrollraums um. Die weißen Scheiben der Parabolantennen mit ihrem Durchmesser von achtzehn Metern hoben sich gegen das Grün der englischen Landschaft ab.

    ACHET-ATON, NEUNTES JAHR DER REGENTSCHAFT ECHNATONS
    »Ia, Ia!«, schrie Nepher.
    Unter den begeisterten Rufen der Menge schnalzten die Zügel über den Rücken der Pferde, und das Klappern ihrer Hufe hallte durch die von Palmen gesäumte Königliche Straße. Nachdem der Streitwagen die Mauern des Tempels von Maru-Aton hinter sich gelassen hatte, fuhr sie den Weg hinauf, der zu den Hügeln im Süden führte. Ra trabte mit seinen großen Schritten neben dem Wagen her, die rostrote Mähne wehte, unter dem Fell zuckten die Rückenmuskeln.
    Auf der Hälfte des Hügels verlief der Weg in Richtung Nil. Durch die Zweige einer Sykomore funkelten die goldenen Reflexe des Sonnenuntergangs auf dem Fluss, ihre Strahlen blendeten Nepher. Hinter einem letzten Grat ragte die in den Felsen gehauene Stele vor ihm auf. Thutmosis, der auf einem Gerüst aus Pfählen stand, ließ das Stemmeisen sinken und drehte sich um.
    Nepher straffte die Zügel, die Pferde kamen in einer aufwirbelnden Staubwolke am Fuß des Baugerüsts zum Stehen. Nepher hob eine Papyrusrolle vom Boden der Kutsche und sprang auf den Boden.
    Während er mit Thutmosis sprach, musterte Nepher das in die Stele geritzte Bild. Die Sonnenscheibe Atons sandte ihre Strahlen über ihn, Nofretete, Meritaton und Maketaton aus, alle erhoben die Hände zum Gott, die Mädchen spielten ein Systrum. Im Geiste las er schon die Inschrift: »Gelöbnis des Herrschers über die Zwei Länder, Echnaton, jener, der nach der Wahrheit lebt, Sohn des Ra, des Herrn des Tagesanbruchs …«
    »Hoheit, dies ist die vierzehnte Stele. Wir sind fast fertig.« Ein weiß-blau gestreiftes, vom roten Staub beschmutztes khat auf dem Kopf zeigte Thutmosis mit dem Stemmeisen auf eine Reihe Hieroglyphen. »Es fehlt nur noch der Text des Gelöbnisses.«
    Nepher reichte ihm den Papyrus. »Hier ist er.«
    Thutmosis las stirnrunzelnd mit leiser Stimme vor. »›Dies ist die Südstele, die sich im äußersten Süden der Hügel von Achet-Aton befindet. Bis in alle Ewigkeit werde ich diese Stele in Richtung Süden niemals überschreiten. Ich gelobe, dass ich den Schwur, den ich Aton, der Sonnenscheibe, meinem Vater, gab, niemals brechen werde.‹«
    Dann las er eine ähnliche Inschrift, die auf der mittleren Stele in der Nähe des Königlichen Wadi angebracht werden sollte, wo die Handwerker aus dem Arbeiterdorf gerade das königliche Grab in den Felsen hauten, und eine dritte, die für die Stele im äußersten Norden der Hügelkette bestimmt war.
    »Aber warum, Hoheit? Du bist der Pharao. Wie kannst du dich zwischen diesen Hügeln einsperren?«
    »Erinnerst du dich an die Morgenröte, als wir zum ersten Mal den Fuß auf dieses Land setzten? An den Reiher? Du hast mich gefragt, ob er ein Zeichen der Götter war. Ich wiederum habe dich gefragt, ob es einen Ort ohne Hass geben könne, wo alle Menschen Brüder sind.«
    »Ja, Hoheit, ich erinnere mich. Und ich erinnere mich auch an meine Antwort.«
    »Warum wundert es dich dann, dass ich die Grenzen von Achet-Aton nicht mehr überschreiten will? Denkst du immer noch, dass dieser Ort nur auf dem Hundestern liegen kann?«
    Thutmosis sprang von dem Gerüst herab und ging, einen skeptischen Zug um den Mund, bis zum Ende des Pfads. Er zeigte auf Achet-Aton, das vom Licht der untergehenden Sonne überflutet wurde.
    »Schau sie dir an, Hoheit. Die Stadt, die ich dir erbaut habe, ist noch schöner als jene, die du im Traum erblickt hast. Nie hat Ägypten etwas Herrlicheres gesehen.«
    Das Weiß der Villen blendete die Augen, Atons Licht ergoss sich in die Tempel ohne Dächer, Akazien und Sykomoren hatten die Wüste besiegt, und unzählige Granatapfelbäume mit ihrem Rot wuchsen in Gärten und Parks. Überall erfüllte der Duft von Lotusblumen und wilder Myrte die Luft, und in tausend Zierteichen spiegelte sich das Sonnenlicht.
    »Hoheit, ich gab dir eine Stadt inmitten von Gärten, wie sie den Göttern der Ersten Zeit würdig ist, genau so, wie du von mir verlangt

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