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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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Bohlen. Die Möwen, die auf den Pollern gehockt hatten, flogen auf. Am Ende des Stegs angekommen, setzte sie sich auf den Rand, ließ die Beine über dem Wasser baumeln und blickte aufs offene Meer hinaus.
    Über die Brücke hallten Schritte. Raisa drehte sich um. Oh nein. Schon wieder dieser Lange mit seiner lächerlichen Mütze.
    Er grüßte mit einer Handbewegung, ein schmeichlerisches Lächeln auf dem Gesicht. Schlagartig wich ihr Unbehagen nackter Angst. Dieselbe Angst, die sie gepackt hatte, als sie die eiligen Schritte der Männer in der Garage gehört hatte. Lange war ihr gefolgt. Absichtlich. Ihre Kehle wurde trocken, sie blickte sich nach allen Seiten um. Kein Mensch in Sicht.
    »Ein Schauspiel, das mit dem Leben versöhnt, nicht wahr?« Lange lehnte sich wenige Schritte von ihr entfernt an das Geländer.
    Ein Boot stieß gegen einen Pfeiler, das dumpfe Geräusch dröhnte durch die Stille.
    »Was wollen Sie von mir?«
    Lange verzog den Mund zu einem bewundernden Lächeln. »Sie vergeuden wahrhaftig keine Zeit. Ich mag Frauen, die gleich auf den Punkt kommen.«
    »Sie sind nicht zufällig hier. Was wollen Sie?«
    »Na gut, Doktor Belmont. Sie wissen genau, was ich will. Geben Sie mir einfach das Pulver, und niemandem wird etwas geschehen.«
    Raisa drückte ihre Tasche. »Wie kommen Sie darauf, dass ich es habe?«
    »Ach, hören Sie doch auf! Ich weiß, dass Sie noch fünf Gramm haben, und ich weiß, dass die nicht auf Ihrem Zimmer sind, weil ich alles durchsucht habe. Also müssen Sie sie bei sich tragen, in der Tasche dort. Und erzählen Sie mir nicht, Sie hätten das Pulver versteckt, denn das glaube ich nicht. Also, wollen Sie mir das Röhrchen geben, oder soll ich es mir holen?«
    »Und mich erledigen wie Ken Mayo?«
    »Geben Sie mir das Röhrchen, und ich verspreche Ihnen, dass ich Sie nicht anrühre.«
    Langes Worte, sein Tonfall und sein Blick vertrieben ihre Angst. Eine kalte Wut überkam sie. Es war, als würde die in den letzten Wochen angesammelte Anspannung explodieren und eine ungeahnte Aggressivität freisetzen.
    »Wirklich? Was für ein edles Herz. Warum so großzügig?« Mit abgewandtem Oberkörper steckte Raisa eine Hand in ihre Tasche, zog die Pistole heraus und richtete sie auf Lange. Sie stand langsam auf. »Jetzt drehen Sie sich um und gehen mir voraus. Ich denke, Sie haben der Gendarmerie von Deauville einiges zu erzählen.«
    Lange lächelte ironisch und belustigt. »Seien Sie doch nicht kindisch. Sie hätten nie den Mut, dieses Ding zu benutzen.« Er kam einen Schritt auf Raisa zu. »Weg damit, und geben Sie mir die Tasche.«
    »Stehen bleiben!«
    Lange stürzte sich auf sie. Raisa drückte den Abzug, und der Schuss hallte über die Bucht, begleitet vom Aufkreischen der Möwen. Lange schrie vor Schmerz und griff sich an die Schulter. Durch seine Hand quoll Blut. Eine mörderische Wut verzerrte seine Züge. Er steckte eine Hand unter sein Hemd und zog eine Pistole heraus. Raisa schoss ein zweites und drittes Mal. Lange stieß einen erstickten Schrei aus, sein Körper zuckte, während sich auf dem hellblauen Hemd um die Schusslöcher herum zwei rote Flecken ausbreiteten. Er fiel nach hinten, kippte über das Geländer und stürzte ins Wasser.
    Raisa blieb bewegungslos stehen, die Pistole in der Hand. Unter der Wasseroberfläche erschien Langes Körper, umgeben von einem Schwall blutrot gefärbten Wassers. Die Mütze mit dem Pompon schaukelte auf den sich ausbreitenden Wasserringen. Und jetzt? Sie sah sich um. Nein, nicht über den Strand. Vielleicht war er nicht allein. Sie verstaute die Pistole in der Tasche und lief über die laut knarrenden Bohlen zur Strandpromenade.
    Der Mann mit dem Strohhut warf seine Zigarette weg und ging rasch auf die Anlegebrücke zu.

    Der Sonnenuntergang ließ den Horizont aufflammen und färbte den Sand karmesinrot. Monsignore Guzman kletterte einen Dünenhang hinauf. Oben angekommen, setzte er sich und zog das Handy aus seiner Jackentasche.
    » Buenas tardes , Pater. Nun, was haben Sie mir über den ersten Tag des Konklaves zu erzählen?«
    »Wie denn, Monsignore, haben Sie es noch nicht erfahren?«
    »Was erfahren? Ich bin mitten in der Wüste.«
    Am anderen Ende entstand eine Pause. »Wir haben einen neuen Papst. Er heißt Pius XIII.«
    Die Finger des Monsignore krampften sich um das Telefon. »Wer ist es?«, fragte er, obwohl er die Antwort schon kannte.
    »Der Jesuit.«
    »Ein würdiger Nachfolger von Pius XII. Madre de Dios , wie ist das nur

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