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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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und Arroganz, hatte auf den Rest der Menschheit herabgeblickt. Er war anders. Mittelmäßigkeit war ihm unerträglich, aber er fühlte sich niemandem überlegen. Die Geige und die Archäologie waren eine unbewusste Flucht vor dieser seelenlosen Welt, ein Schutz gegen den Ekel gewesen, den er verspürte, seit er als Kind seine Insel verlassen musste.
    Was hatte ihn dann so zornig gemacht? Gestern Nachmittag in der Oase hatte Kassamatis ihn vor die beiden Wege von Frost gestellt. Er hatte sich vor der Entscheidung gefürchtet. »Der nicht begangene Weg« war ein ganz anderer – darum sein Zorn.
    Er setzte sich auf. Die Dinge waren nicht mehr so einfach. Was hatte sich verändert? Seine Weise, die Dinge zu sehen, hatte sich verändert. Zum ersten Mal sah er die Welt mit den Augen eines Menschen, dem davor graut, ein Leben zu leben, das nichts bedeutet.
    Eine Stimme in ihm schrie, dass die Menschen ein Recht auf Wahrheit haben, aber zum ersten Mal wurde sie von einer anderen Stimme übertönt, die ihn ermahnte, sich genau zu überlegen, wie er handeln wollte. War es richtig, diese Zweifel zu säen? Waren sie überhaupt gerechtfertigt? Schloss die Tatsache, dass Jahwe ein Mythos war, die Existenz eines Schöpfergottes aus?
    Gott, immer wieder Gott. Genug! Wer war dieser Gott, den wir seit jeher mit uns herumschleppten? Der mit dem Zweifel ringende Ritter aus Bergmans Das Siebente Siegel ging ihm durch den Kopf. »Warum kann ich den Gott, der sich in mir windet, nicht töten?«, fragt sich der Ritter. »Warum hört er nicht auf, mich zu quälen und zu verspotten, auch wenn ich ihn verfluche und versuche, ihn mir aus dem Herzen zu reißen?«
    Gott? Ein Archetyp, in die Doppelhelix der DNA geprägt, hatte Jung gesagt. Für Freud bedeutete Gott, dass unser Unbewusstes sich weigerte, die Sterblichkeit zu akzeptieren. An den Tod dachte der Mensch nur als Zuschauer, niemals als Akteur.
    In Bergmans Film kniet der Ritter im Beichtstuhl, nicht ahnend, dass der Mönch mit der Kapuze, der hinter dem Gitter sitzt, der Tod ist.
    »Ich rufe ihn aus meiner Finsternis an, aber es ist, als wäre dort oben niemand«, sagt der Ritter.
    »Vielleicht ist dort niemand«, murmelt der Tod.
    »Wenn das wahr ist, dann ist das Leben ein sinnloser Gräuel. Keiner kann mit der Vorstellung des Todes als eines Endes leben, auf das nur noch Vergessen folgt.«
    Das Nichts. Eine für den menschlichen Geist so unfassbare Größe wie die Unendlichkeit, aber weit schrecklicher als sie. Hätten die Juden Jahwe nicht erfunden, hätte die katholische Kirche die Unsterblichkeit nicht aus der ägyptischen Theologie übernommen, hätte jemand anderes es getan. Aus reinem Selbsterhaltungstrieb. Und die Antwort der Geschichte? Für sie waren die Religionen Taschenspielertricks der Mächtigen, der Josias und Konstantins aller Zeiten, die sich die Träume und Schwächen der Menschheit im Namen der Staatsräson zu Nutze machten. Die Schlussfolgerung der Existenzialisten? Sie bestätigten Freuds Ideen: Das menschliche Dasein war sinnlos, wenn wir ihm nicht, jeder für sich, einen individuellen Sinn verliehen. Der Mensch war allein, frei in seinen Entscheidungen, aber gefangen in seiner existenziellen Angst, ein armer Niemand, der im Geheimnis des Lebens und in Pascals »ewigem Schweigen unendlicher Räume« herumtappte.
    Hatte Khalid dann nicht recht? War es nicht egal, ob Jahwe ein Mythos aus einem Vulkan war, wenn der Glaube an eine Säule aus Rauch und Feuer half, das Leben besser zu leben?
    Dieser Glaube mochte anderen genügen, ihm nicht. Echnaton hatte er auch nicht genügt. Auch ohne Gott musste es eine Bedeutung, einen Zweck geben, für den es sich zu leben lohnte. Warum musste etwas ewig dauern, um Sinn zu haben? Wer sagte, dass das Leben ohne Gott und das Versprechen der Unsterblichkeit sinnlos sein musste?
    Im Siebenten Siegel spielt der Ritter an einem verlassenen Strand Schach mit dem Tod. Er hat ihn herausgefordert, um Zeit zu gewinnen. Nicht aus Angst vor dem Tod, sondern weil er in der Welt eine einzige Tat finden möchte, die seinem Leben vor dem Ende Sinn verleiht.
    Welchen Sinn hatte Echnaton im Leben gefunden, wenn Aton doch niemandem Unsterblichkeit versprach? Mit einem Schlag erschien Théo die Glaubwürdigkeit der Bibel, die bis jetzt im Mittelpunkt seines Denkens gestanden hatte, vollkommen überholt, ebenso überholt wie seine Sucht, »der Welt die Wahrheit ins Gesicht zu schreien«. Sie erschien ihm jetzt kindisch, beschämend. Welche Wahrheit

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