Curia
Pater Ascanio, Konstantine und Mayo? Und dass sie versucht haben, mich und Théo umzubringen? Das ist absurd!«
»Ich kann nicht über alle zwölf etwas sagen. Im Moment bin ich mir nur bei Fitzwilliam sicher. Und bei einem anderen, einem Adeligen aus Paris.«
»Aber warum? Was ist das Motiv? Welche Beweise haben Sie?«
Der Kommissar breitete einen Stapel Fotos auf dem Tisch aus. Raisa nahm ein Foto und betrachtete es.
»Wer sind die beiden auf dem Eiffelturm?«
»Der Bullige heißt Kowalski, ein Profikiller. Der andere ist Graf Émil La Fontaine, von Beruf eifrigster Höfling im Élysée-Palast und in Brüssel. Der Name dürfte Ihnen bekannt sein. Sie sind Französin.«
»La Fontaine? Zusammen mit einem Killer?«
»Der Comte ist einer der zwölf.«
Kowalski sei auch der Mörder von Santi, dem Numerarier des Opus Dei, der tot auf dem Domplatz in Siena gefunden wurde. Der Kommissar hatte den Mord mit eigenen Augen gesehen. Er hatte Kowalski nicht verhaftet, weil er ihn weiter beschatten wollte, um an seinen Auftraggeber heranzukommen.
Raisa nahm das nächste Foto. »Wer ist dieser Priester bei La Fontaine?«
»Das ist der Präfekt des Vatikanischen Geheimarchivs. Er unterstand Kardinal St. Pierre. Im vergangenen Monat hat er La Fontaine zweimal getroffen, und einmal Kowalski.«
Raisa dachte an Pico und Rodrigo Borgia. Der Präfekt. War er der Maulwurf? War also die Bilderberg-Gruppe der Schatten, der in der Bibliotheca Philosophica Hermetica und im Vatikanischen Geheimarchiv umging?
»Das hier ist wieder La Fontaine, oder? Wer ist der andere mit der Zigarettenspitze?«
»Fitzwilliam persönlich. Die beiden sind in der Villa Tevere in Rom, wo die Zentrale des Opus Dei ihren Sitz hat. Die Rombesuche von Fitzwilliam & Co. haben in letzter Zeit merklich zugenommen, besonders in den Wochen vor der Wahl Ottolenghis zum Papst.«
Raisa betrachtete ein anderes Foto. »Wieder Fitzwilliam. Das sind doch Berninis Kolonnaden. Was macht Fitzwilliam auf dem Petersplatz?«
»Was er da macht? Fitzwilliam geht im dritten Stock des Apostolischen Palastes nach Belieben ein und aus. Wissen Sie, wann ich diese Aufnahme gemacht habe? Am Vorabend der Wahl von Pius XIII. Ottolenghi ist Papst geworden, weil Fitzwilliam am Tag zuvor mit dem Heiligen Geist ein Bier trinken gegangen ist.«
»Jetzt kann ich Ihnen nicht mehr folgen. Was hat die Bilderberg-Gruppe mit dem Vatikan und Opus Dei zu tun? Warum interessiert Fitzwilliam, wer über wenige Quadratkilometer im Zentrum von Rom regiert?«
Der Kommissar lachte bitter. »Sie haben mich doch nach dem Motiv gefragt. Dieses Foto, aufgenommen am Vortag der Wahl von Ottolenghi, ist die Antwort.«
Cino Pantani habe nicht nur die Gästelisten der Jahrestreffen auf seinen Computer geladen, sondern auch die Namen der Mitglieder des Lenkungsausschusses und des Beratungskomitees der Gruppe. Dann hatte er sie mit den Namen der Supernumerarier des Opus Dei und der Malteserritter abgeglichen.
»Das Ergebnis? Fünfzig Prozent des sogenannten Inneren Kreises wie auch des äußeren der Bilderberg-Gruppe bestehen aus Supernumerariern des Opus Dei und Maltesern.«
»Sie wollen damit sagen, dass das Opus Dei, also die katholische Kirche, einen entscheidenden Einfluss auf die Bilderberg-Gruppe, also auf die Weltwirtschaft, ausübt? Das kann ich nicht glauben.«
»Ich will genau das Gegenteil sagen. Es ist die Bilderberg-Gruppe, die einen entscheidenden Einfluss auf die katholische Kirche ausübt.«
Ein Windstoß fuhr über die Terrasse. Das Tischtuch hob sich an einer Ecke, die Flamme zitterte und drohte zu erlöschen, dann beruhigte sie sich wieder.
»Aber … warum? Das ergibt doch keinen Sinn.«
»Wirklich nicht? Schade, dass niemand die echten Bilanzen des Vatikans kennt. Schade auch, dass nur der Papst diejenigen des Opus Dei kennt. Aber es bleibt ja alles in der Familie. Die Bilderberg-Gruppe ist der weitaus wichtigste Geldgeber der katholischen Kirche.«
»Commissario, ich verstehe immer noch nicht. Warum?«
»Weil es eine Milliarde Katholiken auf der Welt gibt und die Kirche in ihrem Namen spricht. Ist Ihnen nicht klar, welche Folgen die erzkonservativen Dogmen des Vatikans für die Weltwirtschaft haben?«
Der Katholizismus habe noch immer Zugkraft, auch und vor allem in vielen Regionen der Dritten Welt: in Zentralamerika, Südamerika, vielen afrikanischen Ländern und einigen Gebieten Asiens, wie den Philippinen.
»Die Haltung der katholischen Kirche in einer Frage wie der
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