Curia
hatten, unabhängig von ihrer Dauer, und dabei hatte Gott keine Hand im Spiel. Ob diese Dinge für immer währten oder nicht, hing nur von uns ab, von dem, was wir hier auf dieser Erde taten. Trotz der glühenden Sonne lief Théo ein Schauder über den Rücken. Eines war gewiss. Der, der dort drüben auf diesem Hügel begraben lag, würde für immer währen, wie die Musik von Dvořák.
Ein Wanderfalke flog über den Hügel. Er breitete die schiefergrauen Flügel zu einer majestätischen Wende aus, beschrieb einen Halbkreis und schwebte über die Hochebene, um dann zu verschwinden.
Monsignore Guzman setzte sich zu Füßen des Durchbohrten Felsens in den Schatten und nahm sich den schweißgetränkten Stetson-Hut ab. Was für eine Hitze! Er trank große Schlucke aus der Feldflasche, goss sich das Wasser über die Hände und benetzte sich das Gesicht.
Plötzlich unterbrach das Knattern von Hubschraubern die Stille, und eine Sandwolke verdunkelte die Sonne. Schon wieder? Wer war das denn jetzt? Guzman blickte auf, die Augen mit dem Hut abschirmend.
Drei Apache-Hubschrauber der saudischen Luftwaffe landeten vor dem Massiv. Etwa zwanzig Männer des Antikendienstes, einige mit Thobe, andere in Beduinenkleidung, stiegen aus und begannen in einem geschäftigen Hin und Her, Kisten und Grabungswerkzeug auszuladen.
Einer von ihnen, ein Dickwanst, dem die Arroganz aus allen Poren drang, ging zu Al Kaddafi und zeigte ihm ein Papier. Der Wortwechsel zwischen den beiden wurde lauter. Al Kaddafi brüllte etwas, die Hände in die Seiten gestützt, worauf die Miene des anderen entgegenkommender wurde.
»Dieser Dreckskerl ist der Direktor des Antikendienstes. Er will die Führung meiner Männer und die Leitung der Ausgrabungen übernehmen.« Al Kaddafi setzte sich neben den Monsignore. »Ohne Störungen, hat er gesagt. Und das mir!« Er wandte sich ab und telefonierte auf Arabisch.
Der Monsignore lauschte. Nach dem Ton und der Haltung des Saudis zu urteilen, sprach er mit einer wichtigen Persönlichkeit. Vielleicht mit einem Mitglied der königlichen Familie?
Entschlossenen Schrittes ging Al Kaddafi zu dem Direktor zurück. Er sprach in barschem Ton, auf die Stufen des Felsens zeigend. Der Dicke bedeutete zweien seiner Männer, näherzukommen. Es mussten Archäologen sein, dachte der Monsignore. Der Direktor schien ihnen Befehle zu erteilen, dabei zeigte er immer wieder auf das Massiv.
Einer der beiden stellte sich zwischen dem Massiv und dem Durchbohrten Felsen auf und richtete einen Theodolit auf dessen Gipfel. Der andere nahm ein Megafon und versammelte ein Dutzend Männer des Antikendienstes um sich. Er hielt ihnen eine kurze Rede, dann begannen sie, Balken, Werkzeuge und Metallrohre bis an den Saum des Massivs zu transportieren.
Von der Straße nach Tabuk ertönte Motorengeräusch. Der Monsignore hob das Fernglas. Auf dem Gipfel des Hügels tauchte eine Kolonne Militärlastwagen voller Soldaten auf. An den Kotflügeln flatterte die Fahne Saudi-Arabiens. Al diablo . Das Heer hatte gerade noch gefehlt.
Der Konvoi hielt in der Nähe der Hubschrauber. Die Soldaten sprangen von den Wagen und luden Ausrüstungen für ein Feldlager, Kisten, Balken und große Rollen Stacheldraht ab.
Ein Offizier kam ihnen entgegen, blieb vor Al Kaddafi stehen und nahm Haltung an. »Auf Befehl des Innenministers sind das Massiv und der Durchbohrte Felsen zum militärischen Sperrgebiet erklärt worden. Ich habe den Befehl, das Gebiet zu umzäunen und Unbefugten den Zutritt zu verbieten.«
»Befehle werden Sie von mir entgegennehmen. Hat man Ihnen das gesagt?«
»Jawohl.«
»Wie viele seid ihr?«
»Fünfunddreißig.«
Die Abteilung würde hier Stellung beziehen, in einem Feldlager, das sich bereits im Aufbau befand.
»Haben Sie eine militärische Karte der Gegend?«
»Jawohl.« Der Hauptmann zog eine Karte aus seiner Uniformtasche und breitete sie über einem Stein aus.
»Im Osten und Westen, an den Eingängen des Wadis, müssen Kontrollposten aufgestellt werden. Sehen Sie? Hier und da.«
Währenddessen wanderte der Monsignore ziellos am Fuß des Durchbohrten Felsens umher. Ein Mannschaftsführer des Antikendienstes machte ihm ein Zeichen, er solle sich entfernen, und einige Arbeiter wickelten eine Rolle Stacheldraht auf. Wenn man die Mannschaft des Antikendienstes, die Soldaten und Al Kaddafis Beduinen zusammenzählte, wimmelte es inzwischen im Wadi von gut hundert Männern. Ab morgen würde das Massiv ganz unter der Kontrolle des Saudis
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