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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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Lange versucht, Sie umzubringen? Er wollte etwas von Ihnen haben, nicht wahr? Und hat das mit dem zu tun, was St. Pierre und Konstantine unter der Intarsie gefunden haben?«
    Raisa steckte eine Hand in ihre Tasche. »Er wollte das hier.«
    Das Licht einer Laterne spiegelte sich in dem Röhrchen.

 
    46    Das Knattern von Rotoren dröhnte durch das Wadi.
    Monsignore Guzman blickte zum Himmel auf. Ein Super-Puma-Hubschrauber der Royal Saudi Air Force erschien über einem Berggipfel aus Sandstein, wendete, überflog den Durchbohrten Felsen und begann zu sinken.
    Aus dem Hubschrauber stieg ein Araber mit einem Aktenkoffer und einer Reihe von Kugelschreibern in der Brusttasche seines weißen Thobe. Der Mann sah aus wie der Manager einer Erdölgesellschaft. Einige Soldaten der Nationalgarde folgten ihm. Die Soldaten legten Morgenstern und seinen Männern Handschellen an und zwangen sie, in den Hubschrauber zu steigen, indem sie ihnen Stöße mit den Gewehrkolben versetzten. Der Mann in dem Thobe ließ Al Kaddafi einige Papiere unterschreiben, dann schloss er seinen Aktenkoffer und setzte sich wieder neben den Piloten.
    »Das war der Emir von Tabuk.« Al Kaddafi blickte dem davonfliegenden Hubschrauber nach. »Mein Fachmann kommt bereits mit allem Nötigen aus Riad geflogen.« Er rieb sich die Hände.
    »Optimismus, pah.« Der Monsignore verzog den Mund zu einer verächtlichen Grimasse. »Nichts auf der Welt deprimiert mich mehr.«

    Um elf Uhr rief Théo mit Kassamatis’ Handy den Louvre an und ließ sich von Gaston die Nummer des Astronomischen Observatoriums in Straßburg geben. Der Stellvertretende Direktor war nicht da. Man verband Théo mit einem Assistenten, der sich zum Glück an ihn erinnerte. Théo erklärte, was er brauchte, und diktierte ihm die Daten des GPS . Kein Problem, meinte der Assistent. Er würde ihn in Kürze zurückrufen. Eine Stunde später klingelte das Handy. Kassamatis reichte es ihm.
    Der Astronom gab die neuen Werte des Längen- und Breitengrades durch, die Théo sich auf eine Handfläche schrieb. Er nannte ihm auch die Daten, die er in den elektronischen Theodolit eingeben musste.
    »Nun?«, fragte Kassamatis.
    Théo zeigte seine Handfläche. »Das hier ist die Position.«
    »Wie finden wir sie?«
    »Mit dem Winkelmessgerät.«
    Théo zog den elektronischen Theodolit aus seiner Hülle, kniete nieder, zog die Beine des Ständers heraus und schraubte das Gerät darauf. Dann richtete er das Objektiv auf die erste Stufe des Felsmassivs, gab die Daten auf seiner Handfläche ein, beugte sich über das Okular und drückte die Starttaste. Der Theodolit begann zu brummen. Das Objektiv schwenkte langsam zur Seite, und die beiden Messskalen verschoben sich über dem Fadenkreuz. Das Objektiv blieb stehen. Théos Hand krampfte sich um den Griff.
    Das Fadenkreuz lag über dem Gipfel eines kegelförmigen Hügels hundertfünfzig Meter östlich des stufenförmigen Massivs. Die Anthrazitfarbe des Hügels erinnerte Théo an einen Vulkankrater.
    Théo betrachtete ihn mit bloßem Auge. Echnatons Grab. Dabei fiel ihm etwas ein, was Raisa von der Begegnung in Montpellier erzählt hatte. Das Gestern, Heute und Morgen des Menschen sei nur eine Illusion, hatte Mayo gesagt. Das Leben sei eine ewige Aufeinanderfolge des »Heute« in einer aus Parallelwelten bestehenden Unendlichkeit, wo jeder von uns Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sehen konnte.
    »Das ewige Schweigen dieser unendlichen Räume macht mich schaudern«, hatte Pascal geschrieben. Aber Pascal irrte. Er hatte den Menschen gesehen, der in seiner Winzigkeit gefangen war, verloren im unendlich Großen, geängstigt vom feindlichen Schweigen des Alls. Doch das Universum war nicht still. Das Schweigen, auch das absolute, hatte einen Ton. Man musste ihn nur hören.
    Nichts konnte aus dem Nichts entstehen. Wer war in der Null-Zeit da gewesen, als alles begonnen hatte? Die Herzogin hatte es gesagt. Ein Musiker. Das Universum bewegte sich zum Klang einer Melodie, die ein unsichtbarer Musiker spielte. Genau in diesem Augenblick spielte jemand dort oben das Largo der neunten Symphonie von Dvořák.
    »Nun, Herr Professor?«, drängte Kassamatis.
    »Das Grab ist auf dem Hügel dort hinten.« Théo zeigte auf die Anhöhe.
    Kassamatis blickte durch das Fernglas.
    Théo stützte sich gegen einen Felsen. Die Gedanken der letzten Nacht schossen ihm ungeordnet durch den Kopf. Der Tod hatte nichts mit dem Sinn des Lebens zu tun. Es gab Dinge, die einen Wert an sich

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