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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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stehen und unzugänglich sein. Guzman setzte sich auf einen Stapel Balken, nahm einen Stein und warf ihn wütend auf das Holz. Was sollte jetzt aus seinem Plan werden?
    Er trank noch einen Schluck Wasser, und sein Blick schweifte über das Tal. Wo waren der Archäologe und Kassamatis? Hinter dieser Felswand war überhaupt nichts, das hatte er im Gefühl. Die zornige Stimme des Saudis übertönte das geschäftige Treiben im Wadi. Was war jetzt schon wieder los?
    »Idiot!« Al Kaddafi schaltete das Handy aus. »Wenn ich nach Riad zurückkomme, reiße ich dem mit Peitschenhieben bei lebendigem Leib die Haut vom Leib!«
    Der Monsignore ging zu Al Kaddafi. »Was ist passiert?«
    Al Kaddafi wich seinem Blick aus. »Der Jude ist tot.«
    »Kompliment für die fachmännische Arbeit.« Der Monsignore deutete eine Verbeugung an und zog den Hut. »Jetzt wird der General uns sicher von großem Nutzen sein. Habt ihr wenigstens etwas aus ihm rausgeholt?«
    »Der Eingang zum Grab ist dort oben.« Al Kaddafi zeigte auf das Massiv. »Er hat bloß gesagt, was wir schon selbst begriffen hatten. Der Eingang ist nach dem Einfall der aufgehenden Sonne durch dieses Loch ausgerichtet.«
    »Was hat er über das Datum des Sonneneinfalls gesagt?«
    Al Kaddafi sah ihn misstrauisch an. »Es ist der zehnte Tag des ersten Saatmonats im ersten Regierungsjahr von Tutanchamun. Das Datum entspricht dem fünften Ramadan-Tag und dem 28. September eures Kalenders. Also heute.«
    Der Monsignore setzte sich auf eine Holzkiste. Irgendetwas an dieser Geschichte mit dem Datum überzeugte ihn nicht. Er nahm einen Akazienzweig vom Boden und zeichnete gedankenverloren einen Kreis in den Sand, die Erde, darüber einen größeren Kreis, die Sonne, und die Umlaufbahn des ersten um den zweiten Kreis. Das dämliche Gesicht seines Erdkundelehrers, eines Dominikanerpaters, tauchte vor ihm auf. Er dachte zurück an die seltsamen Zeichnungen, mit denen der Pater die Tafel bedeckt hatte, und an die Tantalusqualen, die er den Schülern mit Begriffen bereitete wie Äquinoktium, Solstitium, Präzession …
    Rasch verwischte er die Zeichnung mit dem Fuß und blickte zum Horizont auf. Die Sonne ging gerade unter. Jetzt zeichnete sich der Schatten des Durchbohrten Felsens in der entgegengesetzten Richtung zum Massiv auf dem Grund des Wadis ab. Auf einmal drehte sich eine Kugel vor seinen Augen, die sich wie ein Kreisel bewegte. Jesús, Maria y José! Die Präzession der Äquinoktialpunkte! Er wählte eine Nummer auf seinem Handy.
    »Aber Monsignore«, sagte Pater Pinkus, »glauben Sie, eine solche Berechnung kann man wirklich anstellen?«
    »Ein Astronom kann das.«
    »Aber wer, Monsignore? Die Sache ist überaus heikel. Wir können uns ja nicht an irgendeinen beliebigen Astronomen wenden.«
    »Haben Sie die Vatikanische Sternwarte vergessen?«
    »Nein, Monsignore. Doch wem können wir dort vertrauen?«
    »Pater Donovan, dem Vizedirektor. Rufen Sie sofort das Observatorium in Castel Gandolfo an, sprechen Sie mit Donovan, und sagen Sie ihm, ich brauche die Antwort noch heute Abend.«
    Wenn er sich recht erinnerte, hatte sein vertrottelter Lehrer gesagt, dass eine vollständige Präzession ungefähr 26 000 Jahre brauchte. In dreitausend Jahren konnte der Einfallswinkel der Sonne sich also nicht so stark verändert haben.
    Er blickte sich nach allen Seiten um. Wo versteckten sich die beiden? Auf diesem Hügel dort? In der Schlucht da? Oder auf dem Grat dieser Schlucht? Sie waren hier, das fühlte er.

    Nach dem Abendessen faltete Théo eine Karte der Provinz Tabuk vor dem Feuer auf. »Ich habe allerdings noch nicht verstanden, auf welcher Seite man vorbeifahren muss, um nicht gesehen zu werden. Das Lager der Saudis ist nur zweihundert Meter entfernt.«
    Kassamatis übersetzte Fahrid, ihrem Führer, die Frage ins Arabische, und dieser erging sich in einer langatmigen Erklärung, wobei er einen Weg über die Hügel nordöstlich des Wadis Hurab auf die Karte zeichnete. Wenn man diese Straße nehme, könne man unmöglich vom Lager aus gesehen werden, übersetzte Kassamatis. Und der Gipfel des Hügels, der sie interessierte, sei ein von Zinnen und Bergspitzen umringtes Plateau.
    »Woher weiß er das so genau?«, fragte Khalid, der in der Oase des Wadis Aynunah geblieben war und nun wieder mit am Feuer saß.
    »Fahrid ist in Al-Bad geboren und aufgewachsen«, erklärte Kassamatis.
    Nachdem sie zu ihren Zelten zurückgekehrt waren, setzten Théo und Khalid sich mit einer

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