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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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Leute werden das glauben? Wenn die Unsterblichkeit auf dem Spiel steht, glauben die Menschen nicht an die Wahrheit, sondern an das, was ihnen gelegen kommt« – er zeigte auf seine Brust –, »also an die heilige Mutter Kirche.«
    »Ermutigt von der Kirche und der Inquisition, haben die Menschen jahrhundertelang auch geglaubt, dass die Erde eine Scheibe ist.«
    »Die Wahrheit ist ein Schauspieler ohne Publikum. Alle fordern sie, aber keiner will sie hören. Die Kirche wird den Leuten erklären, dass die Bibel viele Metaphern enthält und deshalb nicht wortwörtlich genommen werden darf. Moses war Echnaton? Na gut. Wir werden die Bibel im Licht dieser Identität neu interpretieren, und alles wird weitergehen wie vorher.«
    Der Monsignore klatschte in die Hände. »Bravo.«
    »Die Herde braucht ihren Hirten.«
    »Ich dagegen sage, dass der Hirte an der Leine gehalten werden muss.«
    »Hat Sie die Zeit, die Sie im Beichtstuhl verbrachten, nichts gelehrt?« Der Papst kramte in den Fotokopien und zog ein Papier heraus. »Hier bitte: ›Der Mensch ist nie gut gewesen, er ist es heute nicht und wird es nie sein.‹ Das hat Ihr Thutmosis vor über dreitausend Jahren geschrieben.« Er schlug mit der Hand auf die Armlehne seines Sessels. »Wenn die Kirche nicht wäre, würden die Menschen einander auf der Straße die Kehlen durchschneiden.«
    »Schweigen Sie! In keinem Reich der Welt wurde mehr Blut vergossen als im Namen Jahwes, Christi und Allahs. Ein Blick auf das heruntergekommene Jerusalem genügt, um zu begreifen, wie es im sogenannten Reich Gottes aussieht. Aber weder Judentum noch Islam haben so viele Verbrechen begangen wie die katholische Kirche.«
    »Warum diese Kehrtwende? Sind Sie denn nicht ein Bischof der Kirche? Ausgerechnet Sie, einer der erbittertsten Verteidiger der katholischen Orthodoxie! Und das alles für einen Sarkophag?«
    »Ein Sarkophag, sagen Sie?« Der Monsignore lächelte. »Dieser Sarkophag ist so viel wert wie hunderttausend Petersdome. Nein, das ist für mich nur die Bestätigung. Es war die Wüste. Ein reiner, auf das Wesentliche beschränkter Ort, ein Ort, der einen zwingt, in sein Inneres zu blicken und sich Fragen zu stellen. Und es waren auch die Fresken in diesem Grab. Dort habe ich die Anwesenheit von etwas Göttlichem gespürt, die Präsenz eines neuen Gottes, der nichts mit dem der Bibel zu tun hat. Ein Duft wie aus Arkadien nach dem Schimmelgestank eures Weihwassers.«
    »Wenn Sie so überzeugt sind von dem, was Sie da sagen, warum bleiben Sie dann noch in der Kirche? Warum legen Sie Ihr Amt nicht nieder und lassen uns in Ruhe arbeiten?«
    »Das Opus Dei ist ein Machtapparat, darum bleibe ich. Der Monsignore erhob sich. Nun, willigen Sie in meinen Vorschlag ein?«
    »Welchen Vorschlag?«
    »Sie machen Ihre Arbeit weiter und ich die meine, ohne dass wir uns in die Quere kommen. Ich will sofort eine Antwort.«
    »Und wenn die Antwort Nein lautet?«
    »Dann wird der Papyrus der Presse zum Fraße vorgeworfen. Sie haben gesagt, es würde nichts passieren. Ich sage, dass die Kirche einen Aderlass von mindestens einer halben Milliarde Gläubigen erleben wird. Wollen wir wetten?«
    Der Papst legte sich die Hände vors Gesicht und schloss die Augen wie zum Gebet. Dann betätigte er die Gegensprechanlage.
    »Monsignore? Sagen Sie die Sitzung des Generalrats des Opus Dei ab, dann bitten Sie Monsignore Cardoza zu mir.«
    »Eine weise Entscheidung. Dann wünsche ich Eurer Heiligkeit einen guten Tag.«
    Der Monsignore durchquerte das Vorzimmer im Sturmschritt und deklamierte laut: »Ich will hier Männer mit rauen Stimmen sehen. Los que doman caballos y dominan los rios! « Auf dem Schreibtisch des Kämmerers flogen einige Blätter in die Luft. Dieser folgte dem Durchmarsch des Monsignore mit entsetzten Blicken, duckte sich hinter den Tisch und schlug ein hastiges Kreuzzeichen.
    Während das Auto durch die Via delle Fondamenta fuhr, kurbelte er das Wagenfenster herunter und atmete tief ein. Eine große Lebensfreude durchdrang ihn wie ein unbekanntes Feuer, das sich in ihm ausbreitete und in seinen Eingeweiden brannte. Er hatte gespürt, dass die »dunklen Töne« Echnatons Grab erfüllten und die Fresken mit einem Geheimnis umgaben. Ein uraltes Geheimnis, das bis zum ersten Schöpfungstag zurückreichte. Das Geheimnis des duende .
    Lorca sagte, die künstlerische Schöpfung sei eine schmerzhafte Suche, ein Kampf mit dem Dämon. Die Muse und der Engel kamen von draußen, das duende dagegen musste

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