Curia
man erwecken, indem man sich in die verborgensten Winkel des eigenen Blutkreislaufs stürzte, bis der magische Funken übersprang, der das Innere und das Äußere verschmolz, der das Unsichtbare entzündete. War die Suche nach Gott nicht dasselbe? Waren die magischen Vibrationen, die von der Musik und den Tänzen der Zigeuner ausgingen, nicht die Entdeckung Gottes? Ein Gott, den der Inquisitor nie verstehen würde. Der Mercedes hielt vor der Villa Tevere.
»Nun, Monsignore?«, fragte Pater Pinkus mit ängstlichem Gesicht, auf dem Stuhlrand hin und her rutschend. »Wie ist es gelaufen?«
»Während meiner Abwesenheit sind alle meine Cattleya lawrenceana verwelkt. Pater, bestellen Sie mir hundert neue. Ach was, zweihundert. Ich habe große Pläne mit dem Gewächshaus.«
Pater Pinkus ließ sich mit einem tiefen Seufzer der Erleichterung gegen die Stuhllehne fallen. »Gott sei’s gedankt! Monsignore, ich bestelle Ihnen einen Lastwagen voll!«
Der Monsignore ging ins Badezimmer, nahm das Flagellum von der Wand und kehrte in sein Arbeitszimmer zurück. Er zerbrach den Griff der Peitsche über dem Oberschenkel, dann nahm er Escrivás Der Weg von Schreibtisch und warf beides unter den verwirrten Blicken von Pater Pinkus in den Papierkorb. Er trat vor das Bücherregal, suchte eine Reihe ab und zog ein dickes Buch mit dem Titel Gesammelte Werke von Federico García Lorca heraus, das er an den Platz von Der Weg legte.
»Einverstanden?«
Pater Pinkus beugte sich mit verschwörerischem Blick über den Schreibtisch. »Monsignore«, flüsterte er, »der gefiel auch dem Führer.«
Der Monsignore hob den Reisesack hoch, den er aus Saudi-Arabien mitgebracht hatte, schnürte ihn auf und leerte ihn auf dem Schreibtisch aus. Ein Berg goldener, mit Edelsteinen besetzter Schmuckstücke häufte sich auf der Tischplatte an.
Pater Pinkus’ Augen leuchteten. »Ein Souvenir vom Grab, Monsignore? Für die Reisespesen?«
Der Monsignore hängte sich ein schweres Pektoral aus massivem Gold mit Smaragden um den Hals, stellte sich im Profil vor der Büste Julius Cäsars auf und schob das Kinn vor. »Nun, wie sehe ich aus?«
»Monsignore, wenn Ramses Sie sähe, würde er vor Neid sterben.« Pater Pinkus betrachtete ihn fasziniert.
»Als ich Sie aus der Wüste angerufen habe, haben Sie mir da nicht erzählt, Sie wollten eine Pilgerreise nach Andalusien machen, Pater?«
Pater Pinkus legte einen Finger an die Lippen. Seine Augen blitzten. »Das duende ?«
53 Als Théo die Augen öffnete, fühlte sein Kopf sich an, als würde er gleich explodieren. Wo war er? Er hörte leise Musik, untermalt von Motorbrummen. Ein Flugzeug. Als er sich aufsetzte, drehte sich die Kabine vor seinen Augen. Kassamatis, in einem Sessel sitzend, eine Zigarette zwischen den Lippen, betrachtete ihn mit einem spöttischen Lächeln.
»Du Arschloch …« Er wollte sich auf ihn stürzen, doch seine Beine gaben nach, und er fiel auf die Liege zurück.
»Ganz ruhig. Ist das der Dank dafür, dass ich dir das Leben gerettet habe?«
»Wo bin ich? Wohin fliegen wir?«
»Du bist in meiner Privatmaschine auf dem Flug nach Paris. Wir liefern bis ins Haus. Du kannst nicht behaupten, ich sei unfreundlich.«
»Und Khalid? Was hast du mit ihm gemacht?«
»Es geht ihm blendend. Er sitzt in einem Land Rover auf dem Weg nach Kairo.«
»Der Papyrus?«
»Den hat dein Freund Guzman. Bei ihm kannst du dich auch für den Schlag auf den Kopf bedanken. Ich gebe zu, dass ich davon wusste, aber ich habe ihm immerhin gesagt, er soll nicht so fest zuschlagen.«
»Das Grab? Der Sarkophag?«
»Die sind in die Luft gegangen. Ob du es mir nun glaubst oder nicht, aber das hat mir leidgetan. Ehrlich, und nicht wegen des Schatzes.«
»Dagegen ist ja die Sprengung der Buddhas durch die Taliban ein Pfadfinderstreich.«
»Wir hatten eine Abmachung, my friend .« Kassamatis zeigte mit dem Finger auf ihn. »Ich habe die Abmachung eingehalten, während du mit einer Pistole auf mich gezielt hast. Jetzt kennst du die Wahrheit über Echnaton, ich dagegen weiß über das esoterische Geheimnis so wenig wie vorher. Wem hat die Sache wohl genützt?«
»Dir und Guzman, wie es scheint. Und dem Vatikan.« Théo presste die Lippen aufeinander. »Dann steckst du also hinter dem Opus Dei … Salaud .« Er ergriff einen marmornen Aschenbecher und richtete sich auf. »Dieses ganze Gewäsch: Frost, der Sirtaki, der große Herr …« Er ging um das Tischchen herum.
»Bleib ruhig, hab ich gesagt. Ich
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