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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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Monitoren machte Raisa halt, während Constance zum Ausgang weiterging. Als sie sich nach Raisa umdrehte, sah sie zu ihrer Bestürzung, wie Raisa die Schlüssel einfach auf den Tisch legte, um dann mit gleichgültiger Miene auf Constance zuzugehen. Sie hakte sie unter, und schon waren die beiden nach draußen verschwunden.

    Eine Büste von Paracelsus auf einem granitenen Sockel beherrschte das Büro des Direktors der BPH , Lars Van Daalen.
    »Und es war bestimmt keines von den Mädchen?«, fragte Van Daalen, zwei Schlüssel auf seinem Schreibtisch anstarrend.
    »Ich habe alle fünf gefragt. Keine von ihnen hat sie heute Vormittag benutzt.«
    »Haben Sie den dritten Stock überprüft?«
    »Vorerst nur den Schaukasten, und da fehlt nichts.«
    Van Daalen nahm seine Brille ab und wischte mit seiner Krawatte über die Linsen. »Haben Sie heute Vormittag nichts Ungewöhnliches bemerkt?«
    »Und ob ich etwas bemerkt habe. Gegen halb neun kamen zwei Französinnen.« Der Archivar schilderte Van Daalen die Einzelheiten des Besuchs von Raisa und Constance.
    »Warum haben Sie mir das nicht gleich berichtet?«
    »Ich wollte ja, aber …«
    »Das wird sich doch wohl nicht im Ernst um eine Forschungsarbeit für eine Freimaurerloge handeln?«
    »Die beiden waren ziemlich hartnäckig. Zu hartnäckig.«
    Van Daalen griff nach den Schlüsseln. »Lassen Sie uns nachsehen.«
    Im dritten Stock wollte Van Daalen gerade den Schlüssel ins Schloss stecken, als sein Blick auf einen Zettel am Boden fiel. Er hob ihn auf, betrachtete ihn und knüllte ihn in seiner Hand zusammen. Im Saal gingen sie die Regalwände ab, dann fiel Van Daalens Blick auf die erleuchtete Vitrine.
    »Beschreiben Sie mir die zwei.«
    »Zwei attraktive Frauen um die vierzig, in Hosen, stilvoll gekleidet. Eine hatte kurze schwarze Haare und trug eine cremefarbene Bluse. Die andere …«
    »Moment. Die beiden waren bei der Methodistengruppe! Sie sind mir sofort aufgefallen, wegen ihrer Kleidung und ihres Verhaltens.«
    »Aber wie kann das sein? Ich habe sie mit eigenen Augen aus der Bibliothek gehen sehen.«
    »Sie sind gegen Viertel nach zehn gegangen?«
    »Ja. Warum?«
    »Die Amerikanerinnen sind Punkt 10:25 Uhr angekommen. Ich erinnere mich daran, weil ich auf die Uhr geschaut habe. Die Erklärung liegt auf der Hand. Beim Rausgehen sind die beiden auf die Gruppe aus der Methodistenkirche gestoßen und haben sich daruntergemischt.«
    »Aber warum? Was wollten sie?«
    Van Daalen betrachtete die Schlüssel. »Die Französinnen waren nicht wegen einer Buchrecherche hier.«
    »Glauben Sie, es gibt einen Zusammenhang mit den Schlüsseln?«
    »Genau das frage ich mich.«
    »Aber wie sind sie an die Schlüssel rangekommen? Und überdies an genau die richtigen. Was haben sie gesucht? Hier fehlt nichts.«
    Van Daalen blieb vor dem Bändchen des Anonymus stehen. »Dieses Buch haben die beiden Französinnen lange angeschaut. Die anderen Frauen hatten nur Augen für die goldenen Miniaturen, aber die beiden hat nichts anderes als das hier interessiert, ein Büchlein, das aussieht wie von einem Landpfarrer mit dem Hektograph gedruckt.« Er nahm den zerknüllten Zettel in seiner Hand und strich ihn auf der Glasfläche glatt. »Der Kassenbon einer Bar im Borgmann-Villa-Hotel, mit Datum von heute. Auch die Zimmernummer steht dabei, die 11.« Er beugte sich über die Vitrine. »Ich könnte schwören, dieses Buch war heute Morgen auf einer anderen Seite aufgeschlagen. Was meinen Sie?«
    Der Archivar besah sich das Buch. »Keine Ahnung.«
    Van Daalen öffnete den Schaukasten und nahm das Büchlein heraus. »Hören Sie gut zu. Um das hier kümmere ich mich. Sie gehen derweil sofort zum Borgmann Hotel …«.

    Eine Stunde später betrat der Archivar mit einem Umschlag in der Hand die Lobby des Borgmann-Villa-Hotel.
    »Vielleicht können Sie mir helfen«, sagte er zu der Empfangsdame, einer jungen Frau mit lebhaften Augen, in die Stirn fallenden Haaren und einer gelben Weste.
    »Gerne, wenn ich kann.«
    »Ich bin Bibliothekar an der Universität.«
    Heute Vormittag habe eine Frau ihre Tasche in der Universitätsbibliothek vergessen. In der Tasche seien keine Ausweispapiere gewesen, aber sie hätten einen Kassenbon der Bar im Borgmann Villa mit der Zimmernummer 11 gefunden. Der Archivar zeigte ihm einen Umschlag und sagte, er wolle eine Nachricht für die Kundin dalassen, um ihr mitzuteilen, dass man die Tasche gefunden habe und dass sie sie im Sekretariat der Bibliothek abholen

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