Curia
die leeren Gläser.
»Ja, warum nicht? Es könnten für ein paar Jahre die letzten sein. Ich bezweifle, dass der Barkeeper des Santé-Gefängnisses mit dem im Ritz mithalten kann.«
Kommissar Dominici verließ das Café Greco und bahnte sich einen Weg durch die Touristenmenge, die sich auf der Via dei Condotti drängte. Er ging auf die Spanische Treppe zu.
Vor dem Hauseingang eines vornehmen Palazzo blieb er stehen. Auf einer Marmorplatte stand » SMOM – Sovrano Militare Ordine di Malta«. Die Vorhalle umrahmte den Wandbrunnen im Innenhof, über dem ein Malteserkreuz thronte.
Er ging durch die Galerie der Großmeister, in der, von Lampen aus Muranoglas beleuchtet, Wappen und Porträts der Ordensritter hingen. Seine Schritte hallten über das frisch gewachste, glänzende Parkett. Ein Sekretär mit dem Habitus eines Feudalfürsten kam ihm entgegen und führte ihn in ein mit barocken Wandfriesen überladenes Büro. Der Großkanzler, Baron Wilhelm von Krausen-Hompesch, würde ihn sofort empfangen.
Der Kommissar zog ein Päckchen Gitanes aus der Tasche, verzog den Mund und steckte es wieder weg. An den Wänden des Büros hingen Wappen, ein Porträt des polnischen Papstes und Gemälde mit Rahmen aus dem 17. Jahrhundert, deren dunkle Farben die Blässe der Heiligen und Apostel hervorhob. Eine Schwarz-Weiß-Fotografie zeigte das Fort Sant’Angelo von La Valletta, über dem die Fahne des Malteserordens wehte.
»Womit kann ich Ihnen dienen, Commissario?« Der Großkanzler, ein hagerer Mann mit hellblauen sanften Augen, sprach mit deutschem Akzent. Er setzte sich Dominici gegenüber.
»Ich brauche eine Liste Ihrer Mitglieder, weltweit.«
Eine leichte Brise blähte die gelben Brokatvorhänge.
»Ich gebe Ihnen zu bedenken, dass der Malteserorden ein souveräner Staat ist und dieser Palazzo das Recht der Exterritorialität genießt.«
»Das ist mir bekannt. Sie können sich weigern, aber in dem Fall wird Interpol die Liste verlangen. Noch heute.«
Ein nervöses Zucken lief über die rechte Schläfe des Großkanzlers. »Darf ich Sie bitten, mir den Grund dieses Ansinnens zu nennen?«
»Ich ermittle in einem Mordfall.«
»Wer wurde ermordet?«
»Kardinal St. Pierre.«
»Das ist unerhört! Wir sind einer der ältesten Orden der Kirche. Wie können Sie es wagen, eines unserer Mitglieder des Mordes zu verdächtigen, noch dazu an einem Kardinal?«
»Ich brauche diese Liste mit Namen, Personendaten, Adressen und Beruf. Ich wüsste nicht, was daran geheim sein sollte.«
»Natürlich gibt es nichts Geheimes daran. Ich verteidige nur das Prinzip. Als hätte der Malteserorden etwas zu verbergen!«
»Ich bin mir sicher, Sie haben recht«, sagte der Kommissar mit einem liebenswürdigen Lächeln. »Doch das ist nicht immer so gewesen, und Namen wie Marcinkus, De Lorenzo und Gelli, um nur einige zu nennen, müssten Ihnen etwas sagen.«
Wieder zuckte die Schläfe des Großkanzlers. »Ich werde sofort mit dem Großmeister darüber sprechen.« Er erhob sich. »Auf jeden Fall informiere ich umgehend den Staatssekretär des Vatikanstaats, der entsprechende Maßnahmen ergreifen wird, da können Sie sicher sein.«
»Das ist Ihr gutes Recht. Doch Geheimgesellschaften sind in Italien gesetzlich verboten, darum werden Sie diese Liste entweder mir oder Interpol aushändigen.«
»Théo, gerade eben hat der Bote das hier abgegeben.« Clea legte ein Paket auf den Schreibtisch. »Das müssen die Bücher aus New York sein, die du bestellt hast.«
Théo öffnete das Paket. Eine Stunde später rief er Gaston an und bat ihn zu kommen.
»Ich habe die zwei Briefe von Carnarvon gefunden«, sagte Théo.
»Wirklich? Wo?«
»Der erste wird in diesem Buch zitiert.« Théo zeigte Gaston den Einband: Howard Carter: Before Tutankhamun von Reeves und Taylor. Er schlug es auf. »Auf Seite 191 drucken die Autoren einen Auszug aus dem Brief ab, den Carnarvon am 28. November 1922 an Alan Gardiner schrieb, einen seinerzeit sehr berühmten Philologen und Experten für Hieroglyphen. Ich zitiere: ›Die außergewöhnliche Entdeckung … Es gibt eine Truhe mit einigen Papyri und den Königsthron, der intarsierte Sitz ist das Schönste …‹«
»Hast du 28. November 1922 gesagt?« Gaston blätterte in seinen Notizen. »Wie ist das möglich? Die Vorkammer zum Grab wurde am 29. November geöffnet.«
»Das war das offizielle Datum. Carters Tagebücher beweisen, dass er, Carnarvon, Callender und Carnarvons Tochter die Vorkammer schon zwei Tage früher
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