CUT
würde, wäre es doch ein Einfaches für Raffael, Mark aus dem
Weg zu räumen. Das kommt also nicht in Frage. Aber womit sonst kann man Raffael
so unter Druck setzen, dass er freiwillig mit Mark vögelt? Mit ein paar Bildern
und dem Versprechen, ihn zum Star zu machen, bestimmt nicht. Da ist mehr im
Busch, da bin ich mir sicher. Aber ich werde das mal eine Weile beobachten.
Vielleicht hatte er vorhin ja auch einfach nur schlechte Laune oder Stress mit
seinem Freund.
Mir fällt ein, dass ich etwas Wichtiges
übersehen habe. Wenn Timo Recht hat, wovon ich ausgehe, dann hat Steven einen
Mord gefilmt. Ich brauche die Szene, in der Charles gestorben ist, als
Beweismaterial. Und wir beziehungsweise Timo muss sie mindestens noch einmal
sehen. Jetzt mache ich das aber anders. Ich zücke mein Handy und schreibe
Steven eine SMS: „Tag, Herr Rumble, ich brauche die Szene mit dem Tod von
Charles auf CD. Wichtiges Material. Gruß Bauer.“ Auch wenn’s mir nicht passt,
den Todeskampf von Charles Olivier noch einmal oder mehrfach sehen zu müssen,
da muss ich durch. In der Mordkommission hat man es schließlich öfter mit Toten
und Toden zu tun. Horsts Zynismus ist sicher begründet, und seine Versuche, mir
ebenfalls ein dickeres Fell anzugewöhnen, ebenfalls. Aber ich bin nun mal in
erster Linie Polizist, und ich bin es sicher nicht geworden, weil ich mich
wichtig machen wollte oder so.
Hauptsächlich bin ich deshalb Polizist
geworden, weil ich der Auffassung bin, dass in manchen Situationen der
Gerechtigkeit genüge getan werden muss. Das fängt damit an, dass es durchaus
möglich wäre, jedem Menschen sein persönliches Glück zu gönnen, wenn denn nur
jeder mit dem zufrieden wäre, was er bekommen hat. Klar, ich bin im Hunsrück
aufgewachsen, total behütet und mit vielen Freunden gesegnet, die mit dem
Begriff „Nächstenliebe“ auch heute noch etwas anfangen können - aber seit ich
in Frankfurt lebe, könnte ich jeden Tag die Krise bekommen. So eine extreme
Volksverdummung, wie sie in Frankfurt mit den Bürgern tagtäglich gespielt wird,
ist für mich als freiheitsliebender Mensch beinahe nicht auszuhalten.
Furchtbar. Aber lassen wir das, sonst politisiere ich nur wieder, anstelle mich
auf unser Problem zu konzentrieren.
Und das sollte ich besser tun, denn es
lenkt mich ab. Nicht nur von dem Gedanken, dass ich schuld daran bin, dass
Tristan gestorben ist, sondern auch davon, wie furchtbar es mich inzwischen
ankotzt, dass ich hier Maskeradespielchen spielen und mich zurückhalten muss,
was meine Befriedigung anbelangt. Früher, als ich noch Single war, hatte ich
zwei bis drei Mal Sex am Tag, heute bin ich seit über einem Jahr in festen
Händen und mit zwei Männern zusammen, und habe gerade mal noch einmal meinen
Spaß, wenn überhaupt. Nein, ich will überhaupt nicht darüber nachdenken,
sondern lieber mal herausfinden, wie viel Trevor weiß. Raffael und Mark sind
immer noch beschäftigt, und ich finde Trevor zusammen mit Alex auf der
Terrasse, wo sie in der Sonne liegen. Also nutze ich die Gelegenheit und lege
mich dazu. Alex grinst.
„Sieht es nur so aus, oder geht Dir was tierisch auf den Sack“, fragt er
scheinheilig. Ich könnte fast platzen.
„Natürlich geht mir was auf den Sack“,
antworte ich. Noch kann ich mich beherrschen.
„Und was?“, fragt Alex. Trevor hält sich
geschlossen, er liegt nur neben mir und grinst.
„So einiges. Unter anderem habe ich wohl
zu wenig Sex“, gebe ich zurück. Alex kennt mich, er dürfte wissen, was ich
meine.
„Och, ich kann mich nicht beschweren“,
antwortet Alex im Plauderton.
„Klar, DU hattest ja auch Sex mit meinem
Mann auf dem Sprungbrett“, grummele ich.
„Und nicht nur da“, fügt Alex bösartig
hinzu. Ich könnte grad an die Decke gehen. Nicht wegen dem Sex... aber warum
vögelt plötzlich keiner mehr mit mir? Bin ich der Todesengel? Nach dem Motto:
Wer mit dem pennt, stirbt? Früher war es ja scheinbar immer so, dass ich Sex
habe, und am Länderweg wird einer umgebracht... und jetzt stirbt jeder, der Sex
mit mir hat? Außerdem werde ich ja nicht mal für die Dreharbeiten gebraucht,
wie mir scheint. Dabei würde mir schon ein bisschen Nähe, Wärme, Zärtlichkeit
und Geborgenheit genügen, aber ich bekomme ja nicht einmal das im Moment.
Stattdessen darf ich ermitteln. Wenn’s nach mir ginge, würde ich jetzt einfach
Mark und Raffael festnehmen. Für beide genügen die Indizien, und irgendeiner
gibt die Morde bestimmt zu.
Während
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