Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cut

Cut

Titel: Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Kroeger
Vom Netzwerk:
hieß der Mann?«
    »Rajiv Kher«, sagte Mattie und hielt ihm den Zeitungsausschnitt hin.
    »Moment mal«. Nick schob Mattie von seinem Schoß und ging vor dem Sofa auf alle viere. Die Tracks war ihm bei Matties stürmischem Überfall aus der Hand gefallen.

    Charlotte stieg aus der S-Bahn, fuhr mit der Rolltreppe nach oben und sah sich in der Haupthalle des Hamburger Bahnhofes um. Im ersten Moment fehlte ihr die Orientierung. Wie lange war sie nicht hier gewesen! Alles hatte sich verändert. Statt der alten Bude, wo sie und Emma so oft Nordseekrabben gegessen hatten, funkelte ihr ein nagelneuer Gourmet-Tempel entgegen.
    »Achtung!« Ein junger Mann auf Inlineskates oder wie diese modernen Rollschuhe hießen, rauschte knapp an ihr vorbei. Sie presste die metallene Kuchenform unter der dünnen Plastiktüte enger an sich und überlegte, ob es wirklich eine gute Idee war, ihre Patentochter unangemeldet zu besuchen. Mit zunehmendem Alter hatte sie eine regelrechte Angst vor jungen Leuten entwickelt. Sie waren so unberechenbar! Man wusste niemals, was sie als Nächstes tun oder sagen würden.
    Vor zwei Jahren hatte sie ihre Praxis in Harmsdorf geschlossen, nachdem ein heroinabhängiger junger Mann, der zunächst ganz freundlich wirkte, sie am helllichten Tag mit einem Messer bedroht und ihren gesamten Medikamentenschrank ausgeräumt hatte. Charlotte seufzte. Manchmal war sie froh, dass sie keine Kinder hatte.
    Natürlich galt ihr nächster Gedanke Ludwig, und sie musste lächeln. Sie beide waren sich wirklich genug. Vielleicht, wenn sie früher zueinander gefunden hätten – aber sie hatte ja die Praxis, und sie liebte ihren Beruf. Einmal, kurz nach dem Überfall, als sie abends gemütlich zusammensaßen, hatte sie ihn gefragt, ob er es bereute, keine Kinder zu haben.
    »Charlottchen«, hatte er gesagt und sie liebevoll angesehen. »Kinder würden mir doch nur die Zeit stehlen, die ich mit dir verbringen möchte. Jede einzelne Minute ist kostbar.« Er hatte Recht. Ihr spätes Glück war etwas Besonderes. Sie wussten zu schätzen, was viele Jüngere als selbstverständlich betrachteten. Sie achteten aufeinander.
    Heute früh zum Beispiel. Ludwig hatte sie liebevoll dazu gedrängt, sich doch wieder mal einen Einkaufsbummel zu gönnen und bei der Gelegenheit nachzufragen, wie es Madita mit ihrer Suche ergangen war. Gerührt von seiner Besorgnis ließ sie sich schließlich überreden – unter der Bedingung, dass er den Tag einfach im Bett verbringen würde. Für den Fall, dass er wieder nicht schlafen konnte, hatte sie ihm seine Vogelbücher hingelegt. Charlotte war überzeugt, dass eine dreißigseitige Abhandlung über das Brutverhalten der Rohrdommel jeden Menschen zum Einschlafen brachte.

    Du willst ihm sagen, dass du dich für eine großartige Detektivin hältst. Und dass großartige Detektive zur Belohnung ihre Assistenten vernaschen dürfen. Na ja, ursprünglich Assistentinnen natürlich. Du hast dem Fall die entscheidende Wendung gegeben. Die Adresse deines Vaters ist zwar dreißig Jahre alt, aber darüber könnt ihr später nachdenken. Hauptsache, Nick ist wieder da.
    Nick kriecht immer noch auf der Erde herum. Jetzt springt er auf und hält dir den Mund zu, bevor du deine verdiente Belohnung einfordern kannst.
    »Nein. Jetzt bin ich dran.«
    Wieso ist Nick dran? Nick ist der unfähigste Detektiv, der unter der Sonne lebt. Er weiß nicht, wo er ansetzen soll. Er kann sich nicht konzentrieren. Das kaschiert er mit seinen gefürchteten Langzeitvorträgen.
    »Mach schon!« Wenn es sein muss. Du zappelst dich auf dem Sofa zurecht.
    »Subhas Chandra Bose. Schon mal gehört?« Nick lässt sich nicht aus der Ruhe bringen.
    Du schüttelst artig den Kopf.
    »Aber von Mahatma Ghandhi?« Über eine imaginäre Brille guckt er dich streng an.
    Du nickst.
    »Okay, also dieser Bose war der wichtigste Rivale Ghandhis in der indischen Unabhängigkeitsbewegung. Wie Ghandhi war er Mitglied der Kongresspartei, aber außerdem war er Sozialist und Befürworter des bewaffneten Kampfes gegen die britische Kolonialmacht.«
    »Moment mal.« Auch wenn Indien noch nie dein Lieblingsthema war, hast du Ben Kingsley als Mahatma Ghandhi deinen Respekt gezollt. »Ich dachte immer, Ghandhi war für gewaltlosen Widerstand.«
    »Das stimmt. Würdest du dich als Pazifistin bezeichnen?«
    Was für eine idiotische Frage! »Natürlich, Nick! Ich bin ein Kind der Friedensbewegung. Ich habe schon gegen Pershing-Raketen demonstriert, als du noch in die

Weitere Kostenlose Bücher