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Cut

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Titel: Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Kroeger
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Windeln geschissen hast!« Eine gute Gelegenheit, Nick auf die Nase zu binden, dass er drei Jahre jünger ist als du.
    Nick grinst. »Sei froh, dass ich reife Frauen bevorzuge.«
    Du willst dich auf ihn stürzen, aber er schiebt dich wieder in deine Sofaecke. »Da siehst du, wie es um deinen Pazifismus steht! Die Briten verweigerten den Indern die Unabhängigkeit. Ghandi inszenierte aufsehenerregende Sitzstreiks und Protestmärsche. Aber hinter den Kulissen verhandelte er um Kompromisslösungen. Bose dagegen war ein radikaler Nationalist. Er bestand auf dem Recht auf Unabhängigkeit. Ohne Kompromisse. Und er hatte viele Anhänger.«
    Irgendwas stimmt nicht mit Nicks Theorie. »Willst du damit sagen, der Pazifist Ghandi war in Wahrheit der Verräter und der Nationalist Bose der eigentliche Revolutionär?«
    Du siehst, wie seine angelesene Eitelkeit wankt. »Das kann ich nicht beurteilen.« Nick wird plötzlich ernst und schwenkt die Zeitung. »Zumindest Mehmet Khan ist, nein, war der Ansicht, dass man aufpassen muss, wenn man das Ganze aus heutiger Sicht und von einem westlichen Standpunkt aus betrachtet. Nationalismus ist nicht gleich Faschismus, wenn es noch gar keine Nation gibt.«
    Du schluckst. Mehmet Khan ist wirklich tot. London ist kein bizarrer Alptraum, den du einfach vergessen kannst. Wenn du nur wüsstest, worauf Nick eigentlich hinauswill!
    »Subhas Chandra Bose war jedenfalls Ghandhi und den Briten gleichermaßen ein Dorn im Auge. Also sorgte Ghandi für seine Entmachtung in der Kongresspartei und die Briten legten ihn mit immer neuen Verhaftungen und Hausarrest lahm. Bose jedoch trickste seine Bewacher aus, tauchte unter und floh 1941 mit Hilfe verschiedener Geheimdienste über Kabul und Moskau bis nach Berlin.«
    Dir brummt der Kopf. Wo hatte Khan nur diese abstruse Agenten-Geschichte aufgetan? Das Ganze erscheint dir mehr als phantasievoll. »Nach Deutschland? Zu den Nazis? Also war er doch Faschist?«
    »Lass mich ausreden.«
    Du klappst deinen Mund wieder zu, aber du weißt nicht, wie lange deine Geduld noch halten wird.
    »Bose sagte sich: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Er wollte Hitler überreden, ihn im Kampf gegen die Briten zu unterstützen. Diese Meinung vertraten damals viele Inder. Zur Abwechslung wollten sie endlich mal die Europäer für ihre Zwecke einspannen, statt immer nur deren Spielball um Rohstoffe oder Kolonialpolitik zu sein. Das Problem war nur, Hitler wollte nicht. Er fand, die Inder seien Untermenschen und noch nicht reif für die Unabhängigkeit. Nur ein paar Strategen vom Reichsaußenministerium erkannten das Potenzial von Boses Idee. Er war das fehlende Puzzlestück für ihren Plan, nach Asien zu marschieren und sich dort mit den Japanern zu verbünden. Ein groß angelegter bewaffneter Widerstand in Indien, und die Engländer wären schneller draußen als sie gucken konnten. Also ließen sie Bose aus indischen Kriegsgefangenen der britischen Armee eine eigene Legion aufstellen, die in Deutschland ausgebildet wurde.«
    »Eine indische Legion? Moment mal, war deswegen nicht Mehmet Khan bei Tante Charlottes Freund?«
    »Genau. Ludwig Hauser. Und nicht nur der.«
    Nick gibt dir die Tracks. Du hast gar nicht mitbekommen, dass er sie überhaupt aus Khans Büro mitgenommen hat. Der Text ist eng gedruckt. Aber das Foto fällt dir sofort ins Auge. Drei Männer in Uniform. Offiziere der indischen Legion: Albrecht Weidenkamp, Ludwig Hauser und Rajiv Kher lautet die Bildunterschrift. Du siehst Nick an, aber der zuckt nur die Achseln.
    Das wird ja immer schöner. Emma scheint nicht die Einzige zu sein, die ihre Geheimnisse hat, was Indien angeht.

43 Emmas Welt
    Tropf, tropf. Alles ist nass. Wasser. Schiffe fahren auf dem Wasser weg. Weg von Emma. Traurige Emma. Muss büßen und beten, weil sie vom Glück geträumt hat. Am Wasser.
    Wellen, das Wasser macht Wellen und Schaum. Gleich kommt er. Da! Er rennt direkt auf sie zu. Sie fällt.
    Gefallenes Mädchen, Emma. Das Kind ist im Gummiboot! Sie muss es retten! Das Kind hat keine Schuld. Sie hat Schuld. Muss büßen. Emma, die gute Schwimmerin. DLRG-Leistungsabzeichen in Gold. Das Kind lacht.
    »Dabissujamami!«
    Hinter dem Boot! Er ist hinter dem Boot. Er flüstert. »Sei vorsichtig! Sonst erfährt die ganze Stadt von deinem Bastard!«
    Jajaschongut.
    Vorsichtige Emma. Immer vorsichtig. Muss sich in Acht nehmen vor dem Wasser. Das Wasser läuft hinter ihr her. Es läuft von den Wänden. Emma mag das Wasser nicht mehr. Es tropft

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