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Cut

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Titel: Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Kroeger
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kommen wieder hierher zurück.«
    »Aber, Sir!« Der Mann zupfte an seinem Schnurrbart. »Ich bin Taxifahrer und kein Dieb.«
    Hauser seufzte und zog einen Hundertdollarschein aus der Tasche. Der Alte sah ihn vorwurfsvoll an, nahm zögernd den knisternden Schein und steckte ihn in die Hemdtasche. Langsam kletterte er aus dem Taxi.
    Ludwig lehnte sich erschöpft zurück. Jetzt brauchte er nur noch abzuwarten. Er sah, wie der Mann die Straße überquerte. Ein Trüppchen versprengter Paradeteilnehmer mit ihren lächerlichen Papierfahnen kam ihm entgegen.
    Plötzlich raste ein Jeep um die Ecke und hielt mit quietschenden Bremsen vor den Leuten. Eine dunkel getönte Scheibe öffnete sich. Dahinter erschien das Gesicht eines Mannes mit Sonnenbrille.
    »Hey, Freunde!«, rief er in die Gruppe. »Wo ist die Parade jetzt?«
    Und dann brach die Hölle los.
    »Sohan Roy!«, kreischten die Leute. In weniger als zehn Sekunden war der Jeep vollständig eingekreist. Aus dem Eisentor gegenüber kam ein Junge in Livree gerannt und verlor dabei seine Mütze. Der Taxifahrer wurde halb mitgerissen, halb ließ er sich freiwillig zu dem Jeep ziehen. Hausfrauen kamen mehr oder weniger angezogen aus den umliegenden Häusern gerannt. Die Menge war völlig hysterisch und schrie durcheinander, während der Mann mit dem Namen Sohan Roy in aller Ruhe Autogramme gab.
    Ludwig kletterte aus dem Taxi und versuchte Madita hinter dem Menschenauflauf zu entdecken. Wer, zum Teufel, war dieser Mehsch mit dem Gehabe eines zweitklassigen Filmstars? Warum musste er ausgerechnet hier und jetzt auftauchen?
    Als der Jeep endlich weiterbrauste und die Menge sich verlief, war von dem jungen Paar nichts mehr zu sehen.
    Er fühlte, wie die Wut ihm das Blut ins Gesicht trieb. Vielleicht hatte der Taxifahrer ihn beobachtet, denn er war ebenfalls verschwunden, mitsamt seinen hundert Dollar. Ludwig zog ein Taschentuch heraus und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er hatte sie gefunden und wieder verloren. Versagt auf der ganzen Linie. Jetzt konnte er ebenso gut zu Charlotte nach Hause fahren und warten, bis die Polizei kam. Dann hätte er wenigstens noch ein paar Tage. Ein paar Tage mit ihr.
    Gleich morgen früh würde er ins Büro der Fluggesellschaft gehen und jemanden bestechen, um noch einen Platz in der Frühmaschine zu bekommen.

62 Paki
    Nellie Somers schloss die Praxis auf und hängte ihren Mantel an den Haken. Sie musste heute keinen Kittel anziehen, aber was ein altes Gewohnheitstier ist, fühlt sich irgendwie nackt ohne das gute Stück. Sie steckte ihr Namensschild an. Es war besser, immer mit dem Schlimmsten zu rechnen, das zahlte sich aus. Vielleicht kam ja doch jemand. Der Doktor hatte ihr angeboten, wegen dem Tag der Republik zu Hause zu bleiben.
    »Lassen Sie mal gut sein. Ich und die Patientenakten, wir haben noch ein Wörtchen miteinander zu reden.«
    Er hatte gelacht, wie immer, wenn sie einen Witz machte. Wenigstens einer, der lachte. Aber so weit war es ja dann doch noch nicht, dass sie als Britin die indische Unabhängigkeit feierte.
    Sie goss die Kakteen, dieses exotische Grünzeug, das sie gekauft hatte, weil sie dachte, der Doktor würde so was mögen. Und er? Kam vorbeigerauscht, mit fliegendem Kittel. »Sie mögen Kakteen, Nellie? Na, wenn es Ihnen Freude macht. Aber gießen müssen Sie sie selbst.«
    »Autsch!« Sie saugte das Blut aus dem winzigen Loch in ihrem Zeigefinger. Jetzt hatte sie die pieksenden Dinger am Hals. Ihr Blick fiel auf die Uhr über der Rezeption. Kurz vor zwölf. Ron saß bestimmt schon vorm Sportkanal. Wenn es nach ihm ginge, würde er sich nur noch von Bier ernähren.
    Nellie ging zur Rezeption und wählte ihre eigene Nummer. Er brauchte Stunden, bis er abhob. »Geh schon ran«, murmelte sie.
    »Ron Somers, wer zum Teufel ist da?«, hörte sie ihn endlich lallen.
    »Ich bin’s, Schatz. Geh sofort in die Küche und mach dir die Spaghetti warm, die auf dem Herd stehen! Ich bleib dran.« Sie hörte ihn brummen, aber den Geräuschen nach hantierte er wirklich mit dem Topf.
    »Eine Schande ist das.«
    Sie hielt den Hörer weiter weg und wickelte einen Kaugummi aus. Was jetzt kam, konnte sie auswendig.
    »Frau, hast du gehört? Eine Schande! Der Mann steht in der Küche und die Frau geht für die Scheiß-Kanacken arbeiten!« Er sabberte bestimmt das Bier auf sein frisch gewaschenes Hemd. »Klauen uns die Arbeit, das Land und unsere eigenen Frauen!«
    Nellie schob den Kaugummi in den Mund. Jetzt musste sie nur noch

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