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Cut

Cut

Titel: Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Kyle Williams
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weiß?»
    Ich lächelte und zwinkerte. Wir passierten Piedmont Park, bogen nach links auf den Monroe Drive und fuhren dann in ein Wohnviertel gegenüber der Ansley Mall.
    Einige Kanzleien beauftragen mich mit schwer zustellbaren Vorladungen, wenn das Büro des Sheriffs gescheitert ist. Da ich mich an keine Vorschriften oder Regeln und auch an keine Moral halten muss, kann ich kreativ werden, wenn es nötig ist. Außerdem habe ich für solche Aufträge mehr Zeit als die Polizeibeamten, die schon genug am Hals haben. Letztes JahrWeihnachten hatte ich eine Vorladung in einem Kuchen versteckt, und vor nicht allzu langer Zeit, Rauser und ich hatten Pizza bestellt, konnte ich dem Fahrer seine Dienstmütze abschwatzen. Mit dieser Mütze und einer Pizzaschachtel gelang es mir, jemandem eine Vorladung zuzustellen, der sich seit drei Monaten vor dem Sheriff versteckt hatte. Wenn der Pizzaservice vor der Tür steht, macht jeder seine Tür auf, oder? In diesem Fall steckte die Vorladung in einem Kaffeebecher, der in einem Geschenkpaket lag, das ich mit braunem Packpapier eingewickelt hatte. Auf dem Absenderaufkleber stand
Lotteriezentrale
und eine falsche Adresse in Illinois.
    Helen Graybeal und ihr Ehemann wohnten im Gebäude C-6 im Erdgeschoss. Ich parkte ein Haus weiter, holte mein Klemmbrett hervor und steckte mir einen Kugelschreiber in die Brusttasche.
    «Vorsichtig», sagte Neil. «Das ist eine üble Gegend.»
    Die Tür wurde nach dem ersten Klingeln geöffnet. «Ich habe eine Lieferung für Helen Graybeal.»
    «Geben Sie her», sagte der Mann. Er trug rotkarierte Shorts und ein T-Shirt . Er hatte eine Zigarette in der rechten Hand, dicke Unterarme und war sonnengebräunt. Keine Bräune aus dem Solarium oder vom Strand, sondern eine vom Arbeiten unter freiem Himmel.
    Ich tat so, als würde ich die Lieferbedingungen auf dem Klemmbrett lesen, und neigte das Paket ein bisschen, damit er den Absender lesen konnte. «Tut mir leid», entgegnete ich. «Ich brauche Ihre Unterschrift. Sie kann es morgen in unserem Lager abholen.»
    Mr.   Graybeal schien mit sich zu ringen, was er tun sollte. Er schaute mich eine Weile an und betrachtete dann wieder das Paket. «Helen, ein Paket von einer deiner Lotterien», sagte er über die Schulter. «Du musst unterschreiben.»
    Im Hintergrund sah ich einen sich schnell bewegenden Schatten, dann war er verschwunden.
Bingo!
Sie steckte den Kopf um die Ecke, dann einen Fuß und kam schließlich an die Tür. Sie war dünn, sah mit ihrem kräftigen Kinn eher grob aus, hatte Falten um den Mund und eine graue Haut von zu vielen Zigaretten. Als sie stehen blieb, warf sie ihrem Mann erst einen hasserfüllten Blick zu, nahm dann das Paket und kritzelte ihre Unterschrift auf meinen gefälschten Lieferschein.
    Kaum war die Tür zu, lief ich schnell zum Wagen zurück. Wenn jemand seit langer Zeit hartnäckig der Zustellung einer Vorladung ausgewichen ist, will man auf keinen Fall in der Nähe sein, wenn er merkt, dass er gerade ausgetrickst wurde. Eine offizielle Belehrung kann leicht zu einem Bumerang werden, wenn man nicht vorsichtig ist.
    Neil hatte den Wagen gewendet und wartete mit laufendem Motor.
    «Erledigt», sagte ich und stieg auf der Beifahrerseite ein. «Ihr Mann war total baff, als er den Absender gesehen hat. Sie macht ständig bei Lotterien mit und kauft Lose und so.»
    «Und woher wusstest du das?»
    «Hey, du bist nicht der Einzige, der ein bisschen recherchieren kann», erwiderte ich. «Ich bin schließlich Detektivin.»
    «Du hast also in ihrem Müll gewühlt?», meinte Neil lachend.
    «Ganz genau.»
    Während wir auf eine Lücke im Verkehr warteten, um von der Wohnanlage auf den Monroe Drive zu biegen, hörte ich hinter uns Geschrei. Im Rückspiegel sah ich, dass Helen Graybeal auf uns zulief. In einer Hand schwenkte sie das Paket mit dem Kaffeebecher, das ich gerade abgegeben hatte, und beschrieb dabei lautstark, wie sie mir den Becher in den Arschschieben wollte. Ihr Ehemann folgte ihr und versuchte vergeblich, sie zurückzuhalten. Beide waren schweißgebadet.
    «Mein Gott, bloß weg hier», sagte ich zu Neil.
    Dann gab es einen Schlag. Der Kaffeebecher war über mein altes Cabrio gesegelt und hatte mich neben dem linken Ohr am Hinterkopf getroffen. Für ein paar Sekunden sah ich nur Sterne. «Fahr schon, verdammte Scheiße», brüllte ich. «Die Schlampe ist bewaffnet.»
    Neil lachte. «Ich kann nicht einfach auf die Straße   …»
    Dann
peng!, puff!,
und in der Windschutzscheibe

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