Cvon (Ushovar-Zyklus) (German Edition)
synchron stiegen die Wächterin und er über das niedrige Mäuerchen und stapften Schulter an Schulter geradewegs auf den Abschaum zu. Loric schien die Situation derartig unwirklich, dass er einen Moment nicht sicher war, ob er all dies nur träumte. Nicht nur, dass sie ohne einen Plan und ohne jede Deckung zu zweit geradewegs auf ein Räubernest zumarschierten. Nein, er hatte sich seine ersten Stunden mit der Wächterin allgemein etwas anders vorgestellt. Er hatte mit einem langen Gespräch und einer gut bestückten Mahlzeit gerechnet. Doch jetzt marschierten sie geradewegs in einen kleinen Krieg, den sie – nüchtern betrachtet – gar nicht überleben konnten. Wahnsinn!
Sie wurden erst bemerkt, als sie die breite Straße bereits erreicht hatten. Das grölende Geschnatter verstummte und wich verdutztem Schweigen. Langsam fächerte die Gruppe etwas auf.
„He, da ist ja noch so ein schwarz-weißes Täubchen!“, rief ein Blitzmerker und kicherte hektisch.
„Und sie hat auch noch wen für dich mitgebracht, Potera!“, grölte ein Anderer. Die Wächterin schritt schnurstraks in den sich bildenden Halbkreis und zwang Loric damit, sich ebenfalls in diese strategisch ungünstige Lage zu bringen. Ein Ork mit einem Beil in der Hand machte den entscheidenden Schritt auf die Wächterin zu. Schaudernd bemerkte Loric den kalten Hauch von Vorfreude, der von ihrer Waffe ausging.
„Mach dir keine Sorgen, Täubchen, wir bes...“ Weiter kam der Widerling nicht. Wie ein Blitz fuhr das Schwert des Chambarock auf ihn nieder. Sein erschreckt hochgerissener Arm war viel zu langsam, um das Verderben aufzuhalten. Doch die Klinge änderte ohnehin mitten im Schlag die Richtung, zischte an seinem Arm vorbei und fuhr ihm von unten in die rechte Körperseite. Die gewaltige Waffe zerriss Organe, zerschmetterte Knochen und blieb erst kurz unter dem linken Schulterblatt hängen. Der massige Ork war zu beinahe drei Vierteln in zwei Teile geteilt. Loric hatte so etwas noch nie gesehen. Die Wächterin stieß einen Kriegsschrei aus, der ihm durch Mark und Bein fuhr.
Ungläubig sah er zu, wie sie mit der linken Hand den schweren Beidhänder aus der Leiche riss und mit der flachen Klinge den Schlag der Streitaxt des weiblichen Orks parierte. Mit der Wucht eines Katapults schoss ihr Bein unter den gekreuzten Waffen hindurch und zerquetschte der maßlos überraschten Banditin mit hörbarem Knacken den Kehlkopf. Die entsetzt gurgelnde Orkfrau hatte noch nicht einmal mit dem Fallen begonnen, als die Wächterin ihr mit der Rechten bereits die Axt aus der Hand riss und diese mit fürchterlicher Wucht von unten in das Gemächt eines weiteren Orks schwang. Der Mann erstarrte, verdrehte die Augen, sodass nur noch das Weiße in ihnen zu sehen war, und brach lautlos zusammen. Die Wächterin war so schnell, dass die drei mehr oder weniger lebendigen Körper beinahe gleichzeitig auf dem Boden aufschlugen.
Zu Lorics Glück waren die anderen drei Bandenmitglieder ebenso geschockt von dem Geschehen wie er selbst. Er überwand den Schreck aber um entscheidende Momente schneller als der Abschaum. Er nutzte diesen Vorteil, um dem mit einer Lanze bewaffneten Menschen mit einem beherzten Schlag den Schädel einzuschlagen. Die letzten beiden Gegner erwachten aus ihrer Erstarrung.
Der verbleibende Mensch schien fliehen zu wollen, hatte aber keine Chance, der wütenden Wächterin zu entgehen. Schon nach wenigen Schritten erreichte sie ihn und stieß ihm die Doppelklinge in den Rücken. Seine Flucht und sein Leben endete mit einem ungläubigen Blick auf das aus seiner Brust ragende Metall.
Seine Scharfrichterin zog noch im Laufen ihre Waffe aus der Leiche und stürmte, ohne anzuhalten, mit einem wütenden Kriegsschrei ins Haus. Offenbar war sie der Ansicht, dass Loric mit dem letzten Gegner auch allein fertig wurde.
Das letzte verbleibende Bandenmitglied schien diese Einschätzung nicht zu teilen, sondern griff Loric wild und entschlossen mit einem überlangen Kriegshammer an. Loric entging den ersten beiden Schlägen, indem er weiter zurückwich, und parierte den dritten Schlag, indem er das scharfe Blatt seiner massiven Streitaxt tief in den hölzernen Stiel der Waffe versenkte. Die Wucht der plumpen Kriegshammers war enorm und Loric musste all seine Kraft aufwenden, um standzuhalten. Aber der Stiel brach nicht. Stattdessen waren die Waffen jetzt fest ineinander verkeilt. Während aus dem Haus entsetzte Schreie und Kampflärm zu hören war, rangen die beiden
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