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Cvon (Ushovar-Zyklus) (German Edition)

Cvon (Ushovar-Zyklus) (German Edition)

Titel: Cvon (Ushovar-Zyklus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Krain
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schließlich in eine Art Vorraum, von dem drei weitere Zimmer abgingen. Verwirrt blieb er einen Augenblick in dem Chaos aus Blut und immer übler werdendem Gestank stehen, doch die kreischende Frau, die niemals Luft zu holen schien, wies ihm den Weg. Er stieg über drei in einer der Türen liegende Leichen und stand in einem großen Saal, der mit langen Tischen und Bänken gefüllt war. Nach den herumliegenden Utensilien schätzte Loric, dass hier sowohl gegessen als auch geschlafen wurde. Das Geschrei kam von einer verlumpten Frau, die in einer Lache unter einem der Tische hockte und sich mit irr aufgerissenen Augen die Lungen aus dem Hals schrie.
    Als die Wächterin aus einer Nische trat, stockte ihm der Atem. Mit grabeskalter Gelassenheit schien sie gerade dabei gewesen zu sein, die tatsächliche Leblosigkeit der herumliegenden Leichen zu kontrollieren. Sie war derartig mit dem Blut der Bande bespritzt, dass nicht sicher festzustellen war, ob sie selbst etwas abbekommen hatte, und ein seltsam nichtmenschlicher Ausdruck in ihren Augen ließ seinen Magen flau werden. Doch das Erschreckendste war das Schwert. Loric konnte seine freudige Ausstrahlung beinahe sehen. Eine Ausstrahlung so voller bösartiger Genugtuung, so voller Lust an der Zerstörung, dass sie den Ork an allem zweifeln ließ, für das er bisher gelebt hatte.

 

Das Blut klebt wie ranzige Bratensoße an ihrem Körper. Der süßliche Geruch des Todes und der grauenvolle Anblick der Leiche sickern wie nebelhafte Träume in ihren Verstand. Sie begreift nicht, was passiert ist. Was er ihr antat und wie das Schwert ihn dafür bestrafte. Nur langsam dämmern ihr die Konsequenzen ihrer Tat. Aber sie begreift, dass sie fliehen muss ... fliehen will. Weg von diesem Ort, weg von diesen schrecklichen Bildern. Doch die Bilder kommen mit ihr, als sie den Lagerraum verlässt, den Flur hinunterläuft und verzweifelt nach dem Ausgang sucht, von dem sie eigentlich genau weiß, wo er sich befindet. Aber sie ist nicht wirklich bei sich. Nur ihr Körper und vielleicht das Schwert, das sie in den weiß verfärbten Händen trägt, ist noch da. Ihr Geist ist auf einer Reise in den Abgrund.
    Schließlich stürmt sie in ein Zimmer des Erdgeschosses. Eine kleine Kammer. Mit einem Fenster. Als sie die Fensterläden aufreißt, trifft sie die Kälte wie eine hundertköpfige Bestie mit zahllosen Krallen und Zähnen, die ihren Körper zu zerreißen droht. Sie ist nackt. Alle können sie sehen und werden wissen, was passiert ist. Grenzenlose Scham klärt ihren Geist. Nie wieder würde sie nackt sein wollen, nie wieder sollte ein Mann sie so anschauen, nie wieder. Das Schluchzen kommt tief aus ihrer Kehle, aber sie spürt es nicht. Sie reißt ein schmutziges Laken von dem Bett und hüllt sich notdürftig darin ein. Irgendwie klettert sie aus dem Fenster und beginnt zu laufen. Ein kleines mageres Mädchen mit einem riesigen Schwert und einem Bettlaken.
    Sie sieht all die Passanten nicht, die sich staunend nach ihr umschauen. Sie nimmt nicht einmal die Häuser um sich herum wahr. Sie läuft einfach hinein, in die zögernd erwachende Stadt; läuft, bis ihre nackten Füße gefühllos von der Kälte sind und sie zu Boden zwingen. Der raue Boden hat blutende Wunden aus ihnen gemacht. Eng klammert sie sich an das kalte Metall ihres Schwertes, ihres Beschützers. Sie drückt die scharfe Waffe an sich, bis sie blutet, bis sie beinahe in einen Zustand zwischen Schlaf und Tod hinüberdämmert.
    Doch dann sind die Männer da. Wieder Männer. Sie riechen furchtbar; nach Alkohol und Schweiß. Sie lachen über sie und wollen sie anfassen.
    „Seht euch das an! Wo will den so ein hübsches Schwert mit einem kleinen Mädchen hin?“
    Das Schwert hasst ihn, sie kann es fühlen. Das Schwert will sein Blut, aber sie ist zu schwach. Ihr Beschützer kann sie nicht schützen. Aber er ist bei ihr. Niemand kann sie trennen.
    „Na na, Kleine! Schau mich nicht so an, sonst muss ich böse werden!“
    „Hey, die hat wirklich Feuer! Hast du diesen Blick gesehen?“
    „Hehe ... wenn Griosch nicht aufpasst, legt sie ihn übers Knie!“
    Die Männer lachen über sie, aber sie kauert still an der Hauswand. Wenn sie lange genug die Augen schließt, verschwinden sie vielleicht. Doch sie lachen weiter. Dann fasst eine raue Hand nach ihr ... nach dem Schwert. Sie beißt zu. Mit allem was sie hat. Sie ignoriert den Geschmack nach Dreck und Rotz; sie ignoriert sein Geschrei und den Geschmack von Blut. Erst die Ohrfeige

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