Cvon (Ushovar-Zyklus) (German Edition)
menschlichen Sprache den Gastgeber auf, als dieser sich wieder anderen Pflichten widmen wollte.
„Ja?“ Herncock wischte sich nervös mit einem fleckigen Handtuch die mehr oder weniger sauberen Finger. Loric schloss daraus, dass der Mann Angst vor ihm hatte. Und wenn sogar ein Wirt vor ihm Angst hatte, musste er sich Sorgen um sein allgemeines Auskommen mit den Menschen dieser Stadt machen.
„Vielleicht könnt Ihr uns helfen. Wir suchen jemanden.“
„Oh, da werdet Ihr in Vuna wohl keinen Erfolg haben. Es gibt nur wenige Orks hier. Und die wenigen, die es gibt, sind Mitglieder in Räuberbanden.“ Er erbleichte wohl in der Annahme, seine Gäste beleidigt zu haben, und sprach schnell weiter. „Daher die Reaktion von eben. Ihr versteht?“
Loric rang sich ein Nicken ab, nachdem es ihn schon Überwindung gekostet hatte, den schwatzhaften Menschen ausreden zu lassen. Aber man hatte ihm gesagt, dass Unterbrechungen von Menschen als unhöflich betrachtet wurden. Und da im Orkischen „unhöflich“ mit „beleidigend“ gleichgesetzt wurde, bemühte sich Loric nach Kräften um die Wahrung der Etikette.
„Oh, wir suchen keinen Ork. Wir suchen eine Elfin.“ Obwohl Loric wirklich nicht laut gesprochen hatte, verstummte das Gespräch am Tisch der Elfen. Die Blicke aus fünf Augenpaare hefteten sich auf Loric. Etwas aus dem Konzept gebracht, aber ohne sich etwas anmerken zu lassen, fuhr er fort. Umso besser, wenn er gleichzeitig ein paar Elfen als Zuhörer hatte.
„Ihre Haut und ihr Haar sind weiß wie helle Wolken, ihr Augapfel ist schwarz wie Obsidian und in ihnen brennt das Feuer Tramans.“ Loric hatte die Worte kaum ausgesprochen, als er sich wütend in die Unterlippe biss. Er hatte doch gewusst, dass der Priester, der ihm diese Beschreibung zusammengestellt hatte, sich einen Scherz mit ihm erlaubte. Die Elfen brachen in wieherndes Gelächter aus, während im Gesicht des Wirtes Spott und Angst einen harten Kampf austrugen. Duice und Naginar warfen ihm einen fragenden Blick zu.
„Die junge Dame kann sich wirklich glücklich schätzen, Eurem Mund solch zarte Worte entlocken zu können“, brachte der Wirt mit vor unterdrücktem Lachen schwankender Stimme hervor. Das satte Grün in Lorics Gesicht verfärbte sich in tiefes Violett. Wütend sprang er auf und brachte damit erneut alle Gespräche ringsum zum Verstummen. Herncock wich zwei Schritte vor ihm zurück. Zögernd standen auch Duice und Naginar auf.
Loric riss sich zusammen, lächelte mit seinem lila verfärbten Gesicht in die Runde und setzte sich wieder. Als seien sie mit einer Feder an seinem Gürtel befestigt, taten seine Begleiter es ihm nach. So leise und gut akzentuiert es ihm möglich war, sprach er weiter: „Sie ist nicht meine Gefährtin. Ich bin nur etwas unerfahren in Eurer Sprache.“
„Wirklich? Ihr sprecht klarer als die meisten hier und ...“
„Habt Ihr sie gesehen?“, zischte Loric dazwischen. Etikette war ihm mittlerweile völlig egal.
„Nein ...“
„Gibt es jemanden, den ich nach ihr fragen könnte?“
„Also, wenn ich noch nichts von ihr gehört habe, ist sie sicher nicht in Vuna.“
Loric nahm die Botschaft mit versteinerter Miene auf und nickte. Der Wirt verzog sich sichtlich erleichtert.
„Was ist? Was hat er gesagt?“, wollte der mehr als verwirrte Naginar wissen. Duice entdeckte unterdessen seine Begeisterung für frisches Brot und halbflüssigen Käse. Er wusste, dass Loric ihm früher oder später sagen würde, was er wissen musste. Duice war zwar etwas einfach gestrickt, aber wesentlich nervenschonender als Naginar.
„Er sagt, sie sei nicht in Vuna.“
„Aber ...“
„Wir sollten nach Suth gehen, und Duice bitten, dem Vorsteher alle vier Ohren zu verknoten.“ Duice brach in schallendes Gelächter aus und erzeugte dabei einen kleinen Sturm aus Brot- und Käsebröckchen. Naginar sah ihn mit gerunzelter Stirn an.
„Nein im Ernst“, kehrte Naginar mit entnervender Sturheit zum Thema zurück. „Das Orakel irrt sich nicht. Sie muss hier sein.“ Loric wandte sich mit ausdruckslosem Gesicht zu ihm um.
„Hör mal, ich hab‘ ihn gefragt, er hat geantwortet und ich hab‘ übersetzt, was er gesagt hat. Natürlich ist sie hier. Warum gehst du mir jetzt auf den Nerv?“ Naginar sah ihn einen Augenblick perplex an und schnitt sich dann schmollend ein Stück von dem bereits reichlich dezimierten Brot ab.
Er war so damit beschäftigt, beleidigt zu sein, dass er weder die Frau bemerkte, die kauend aus der
Weitere Kostenlose Bücher