Cvon (Ushovar-Zyklus) (German Edition)
neuerlichen Kompliment. Natürlich war ihr magisches Talent eine Tatsache, aber die Großzügigkeit, mit der ihr Vater dies immer wieder bemerkte, machte sie beinahe schwindelig. „Desweiteren wäre es geradezu sträflich, deine erstaunlichen Forschungsergebnisse einfach in deinen Büchern zu lassen und den mühsam erworbenen Geist ungenutzt freizusetzen. Andererseits würde ein Erfolg die meisten aktuellen Probleme und Risiken neutralisieren.“ Mit geübten Griffen verpackte er die gereinigte Feder und verstaute sie in einer Schublade seines Schreibtischs. „Meine Risikoanalyse kommt auf einen Wert von 4 zu Gunsten deines Projektes.“
Hroki neigte respektvoll den Kopf und das Strahlen ihrer Augen kündete von dem Entzücken darüber, die Durchführbarkeit ihres Plans demonstrieren zu können.
„Wann werde ich die Person sehen können, Papa?“
„Ich habe veranlasst, dass uns das Individuum bald besuchen kommt.“ Seine Augen zeigten ernstes Grau. „Allerdings ist zu befürchten, dass es nicht ohne weiteres zu einer Kooperation zu bewegen ist. Du wirst deine Disziplin mit menschlicher Stoik und Primitivität messen müssen, Hroki.“ Nur langsam machte das Grau seiner Augen seiner natürlichen Farbe Platz.
„Ich werde dich nicht enttäuschen. Du weißt, wie gut ich mit den Menschen mittlerweile umgehe. Selbst Chendai ist ein Mensch.“
Hroki hatte erwartet, für diesen Plan mit wirklich schwierigen Zeitgenossen, wie Khogun oder Thaleen arbeiten zu müssen. Dass ein Mensch für diesen Plan geeignet sein könnte, hätte sie niemals für möglich gehalten. Dennoch waren weitere Nachfragen oder gar Zweifel vollkommen unangebracht; ihr Vater hatte eine beispiellose Erfahrung im Einschätzen und Führen von Wesenheiten aller Art.
„Wir werden deinen Plan als den meinigen ausgeben“, erklärte Hsul und machte Hroki damit erneut eine große Freude. Einen Einfall des eigenen Kindes vor Außenstehenden als den eigenen auszugeben war das größte Kompliment, das ein Elternteil seiner Brut machen konnte. Schließlich würden Andere die Qualität ihres Plans dazu nutzen, ein Urteil über den Verstand ihres Vaters zu fällen. Verlegen schloss Hroki die Augen.
„Auf diese Weise wirst du es leichter haben, in der Person einen Eindruck von Kameradschaft zu erzeugen.“
„Ich danke dir, Papa“, erwiderte Hroki und strahlte ihren Vater mit großen Augen an.
Loric musste zweimal hinschauen, um zu glauben, was er sah. Das Schwert des Chambarok! Hier, direkt vor seinen Augen und getragen von einer Menschenfrau! Er fühlte sich, als hätte man ihm eine Bratpfanne über den Kopf gezogen. Seine Gedanken überschlugen sich. Was war passiert? War Luna bestohlen worden? Lebte die Wächterin seiner Blutlinie überhaupt noch?
Mit wackeligen Knien erhob er sich. Duice fragte ihn irgend etwas, aber er hörte nicht zu. Sein Blick war auf den Rücken der Frau gerichtet, die sich seelenruhig an den Getränken des Hauses bediente. Das Schwert strahlte, als sei es gerade erst poliert worden. Als gehöre es auf den Rücken, an dem es befestigt war. Loric erschien die Selbstverständlichkeit, mit der die Fremde die Waffe trug, geradezu blasphemisch.
Die Fassungslosigkeit nagelte ihn lange Augenblicke fest, bis aufkeimende Wut seine Füße in Bewegung brachte. Vielleicht stand dort die Mörderin der rotäugigen Elfin an der Bar. Zorn und Verzweiflung schienen seinen Kopf enger werden zu lassen und ließen seine Augen brennen. Sein Schicksal ... seine Blutlinie ... bei den Göttern, wie sollte es nun weitergehen? Ohne es wirklich zu bemerken, wurde er immer schneller, bis er beinahe durch den Raum rannte. Wutentbrannt griff er nach ihrem Nacken. Er würde ihren Kopf auf den Tresen nageln und ihr so lange einen Knochen nach dem anderen im Leib brechen, bis sie ihm gesagt hatte, was mit Luna passiert war. Und dann würde er wahrscheinlich erst richtig böse werden.
Doch es kam anders. Seine Hand griff ins Leere, als hätte er versucht, eine Wolke zu greifen. Stattdessen wurde sein Kopf vom Schlag eines Ellenbogens herumgerissen, der einem Menschen den Unterkiefer gebrochen hätte. Den beinahe zeitgleichen Tritt in die Kniekehle bemerkte er erst, als er bereits fiel.
Der Aufschlag war hart und platt. Wie durch ein Wunder blieb sein Kopf unverletzt doch seine Lunge fühlte sich an, als würde sie von innen mit reonischen Streitäxten bearbeitet. Noch bevor er sich an die neue Perspektive gewöhnt hatte, war sie über ihm.
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