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Cyber City

Cyber City

Titel: Cyber City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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tauchen.« Ein zweites Fenster öffnete sich auf dem Schirm, und er kopierte die Graslandschaft. Dann vergrößerte er mit atemberaubender Geschwindigkeit einen Ausschnitt mitten in der Luft, bis ein Nebel aus schwirrenden Molekülen, und noch weiter, bis die Autoversumzellen selbst sichtbar wurden. Das Vakuum zwischen den Zellen war durch blasse Linien dargestellt – das Gitter selbst.
    Er sagte: »Ein rotes Atom. Ein einziges winzig kleines Wunder. Ist das zuviel verlangt?«
    Maria beobachtete den Strom von Befehlen, der sich über die TVC-Karte ausbreitete. Instruktionen für einen einzigen Prozessor des Autoversums, die Daten zu überschreiben, die die Wirklichkeit seines mikroskopischen Ausschnitts der Welt bildeten.
    Nichts geschah. Das Vakuum blieb leer.
    Durham schimpfte leise. Maria sah aus dem Fenster. Die Stadt stand noch immer; Elysium versank nicht wie ein unglaubwürdig gewordener Traum. Aber sie spürte, wie ihr heiß wurde, spürte, wie ihr Körper von Panik überwältigt zu werden drohte. Sie hatte Durhams Erklärung nie geschluckt, daß allein schon dadurch, daß die anderen Elysianer über die Vorgänge im Autoversum Bescheid wußten, eine Gefahr bestand, aber plötzlich hatte sie das Verlangen, aus dem Zimmer zu fliehen, ihren Kopf vor den Tatsachen in den Sand zu stecken – das wenigste, was sie zum Gewicht des Unglaubens beitragen konnte.
    Durham versuchte es erneut, aber das Autoversum hielt sich eisern an seine eigenen Gesetze. Rote Atome konnten nicht spontan aus dem Nichts erscheinen – es hätte die Regeln des Zellularautomaten verletzt. Und wenn diese Regeln auch damals nichts weiter als ein paar Zeilen eines Computerprogramms gewesen sein mochten – eines Programms, das jederzeit angehalten und neu geschrieben, widerrufen und höheren Regeln unterworfen werden konnte –, so galt das heute nicht mehr. Zemansky hatte recht: Die feste Hierarchie zwischen Realität und Simulation existierte nicht mehr länger. Die Kette aus Ursache und Wirkung war zu einer Schleife geworden oder zumindest zu einem Knoten unbekannter Struktur.
    In ruhigem Ton sagte Durham schließlich: »In Ordnung. Plan B.« Er wandte sich an Maria. »Erinnern Sie sich noch an unsere Diskussion, wie wir das Autoversum am besten abriegeln könnten? Es endlich, aber grenzenlos machen könnten … wie die Oberfläche eines vierdimensionalen Berliners?«
    »Ja. Aber es war zu klein dazu.« Der Wechsel des Themas verwirrte sie, aber die Ablenkung war willkommen; es beruhigte sie, über die »alten Tage« zu sprechen – zumindest ein wenig. »Das Licht der Sonne würde innerhalb weniger Stunden das Universum umrunden und sich zurück in das System ergießen; der Planet wäre viel zu heiß geworden, für viel zu lange Zeit. Ich habe alle möglichen Kniffe getestet, um das thermische Gleichgewicht zu verändern, aber nichts schien plausibel genug, um erfolgreich zu wirken. Deshalb habe ich die Grenze gemacht. Das Sonnenlicht und die Solarwinde verschwinden einfach aus dem Modell, wenn sie sie überschreiten. Und alles, was von draußen hereinkommt, ist …«
    Sie unterbrach sich abrupt. Ihr war klargeworden, was er als nächstes versuchen würde. Durham beendete den Satz für Maria: » … kalte kosmische Strahlung und ein kleiner Fluß von Atomen, wie ein zufälliger Strom von interstellarem Gas. Eine vernünftige Grenzbedingung – jedenfalls besser, als das System magisch in ein vollkommenes Vakuum einzubetten. Aber es gibt keine strikte Logik, die dieses Phänomen untermauert; kein Autoversum-Modell, das genau dem entspricht, was vermutlich hier draußen stattfindet. Es könnte alles mögliche sein.«
    Er rief eine Darstellung von der Grenze des Autoversums auf den Schirm; die Atome im Raum waren so spärlich gesät, daß er MAXWELLs DÄMON aussenden mußte, um eins zu suchen. Die Software, die die Anwesenheit eines plausiblen interstellaren Mediums vortäuschte, erzeugte ihre Atome in einer dünnen Schicht von Zellen in unmittelbarer Nähe zur Grenze. Diese Schicht unterlag nicht den Gesetzen des Autoversums – oder die Atome wären nicht erzeugt worden –, aber ihr Inhalt beeinflußte die benachbarten Autoversum-Zellen auf die übliche Weise: die winzigen Wirbelstürme aus Atomen durften die Grenzen überschreiten.
    Durham gab der Atom-erzeugenden Unterroutine des Programms einen kurzen Befehl – eine Instruktion, die sich mit dem Strom zufälliger Anforderungen mischen sollte, die sie bereits erhielt: führe ein rotes

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