Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cyber City

Cyber City

Titel: Cyber City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
Vom Netzwerk:
Repetto und Zemansky saßen in ihren Lehnstühlen und starrten mit leerem Blick geradeaus; sie waren im Augenblick kaum mehr als Platzhalter. Sie schaltete wieder zurück auf die Ambassador, aber sie öffnete ein kleines Fenster in einer Ecke ihres Gesichtsfeldes, durch welches sie ihr Apartment mit ihren elysianischen Augen sehen konnte. Wenn sie schon »nur« eine Marionette im Autoversum betrieb, dann wollte sie wenigstens Klarheit darüber besitzen, wo sich ihr »echter« Körper zur Zeit aufhielt. Nur zu wissen, daß eine unbeachtete, bewußtseinslose Schaufensterpuppe einen Stuhl für sie freihielt, reichte nicht.
    Von ihrer Beschleunigungsliege aus beobachtete sie einen – stofflichen – Bildschirm an der Decke des Flugdecks, der ihre vorausberechnete Flugbahn zeigte: eine flache, spiralförmige Bahn in Richtung des Planeten Lambert. Sie hatten das Schiff an der dem Planeten nächstgelegenen Stelle in das Autoversum überführt, einhundertfünfzigtausend Kilometer über der Ebene der Ekliptik, und hatten ihm eine angenehme Anfangsgeschwindigkeit mitgegeben; es würde nur sehr wenig Treibstoff erforderlich sein, ihr Ziel zu erreichen und zu landen.
    Maria sagte: »Weiß jemand zufällig, ob jemals eine echte Landung mit diesem Ding hier erprobt worden ist?« Ihr Stimmtrakt – was immer es auch war, das ihre Stimme erzeugte – fühlte sich völlig normal an, als sie sprach – aber der Klang, den sie durch die Ohren des Roboters aufnahm, schien irgendwie eigenartig. Sie wollte erst gar nicht damit anfangen, sich über die Kniffe Gedanken zu machen, mit deren Hilfe die Zeitverzögerung zwischen ihrem Quasigehirn und den Handlungen ihres Roboters aus ihrem Bewußtsein ausgeblendet wurden.
    Durham antwortete: »Alles wurde erprobt. Man hat den vollständigen präbiotischen Planeten für die Testflüge nachgebaut. Der einzige Unterschied zwischen damals und heute ist, daß man damals die Marionetten direkt kontrollieren und das Schiff im Autoversum aussetzen konnte, wo man wollte.«
    Die Gesetze des Autoversums nach Belieben verletzen. Es war nervenaufreibend, die Worte ausgesprochen zu hören: Das leblose Autoversum war bis ins Detail eine bloße Simulation gewesen; die Existenz der Lambertianer hatte all die Veränderungen bewirkt.
    Ein zweiter Bildschirm – auch dieser stofflich – zeigte den Planeten aus der Sicht einer Außenbordkamera. Der Anblick unterschied sich durch nichts von dem, den die Beobachtungssoftware ihnen tausendmal geliefert hatte; obwohl die Kamera und die Augen des Roboters nun den Gesetzen des Autoversums unterlagen, wurde das Bild vor dem Eintreffen in ihrem Non-Autoversum-Gehirn mit den üblichen Falschfarben aufbereitet. Maria sah zu, wie die blau-weiße Scheibe langsam näherkam. Ihre Brust verengte sich. Freier Fall mit der Illusion von Gewicht. Landen und dabei scheinbar bewegungslos verharren.
    Sie sagte: »Warum sollten wir uns eigentlich sofort den Lambertianern zeigen? Warum senden wir nicht einfach MUNDSTÜCK voraus, um sie auf uns vorzubereiten? Dort unten gibt es keine Tiere, die größer sind als Wespen, ganz zu schweigen von Tieren mit internen Skeletten, die auf den Hinterbeinen herumlaufen. Einhundertachtzig Zentimeter große menschliche Roboter werden für sie aussehen, als wären sie ihren Alpträumen entstiegen.«
    Repetto erwiderte: »Neue Reize lassen die Lambertianer nicht wie Menschen erstarren. Sie werden keinen Schock bekommen. Aber wir werden sicher ihre Aufmerksamkeit erregen.«
    Durham fügte hinzu: »Wir kommen, um uns als die Schöpfer ihres Universums zu zeigen. Es macht nicht viel Sinn, sich scheu zu geben.«
    Sie traten auf der Nachtseite in die oberen Atmosphärenschichten ein. Die Meere und Kontinente lagen in fast vollständiger Dunkelheit: kein Licht von den Sternen, kein Mondlicht, keine künstliche Beleuchtung unten. Das Schiff begann sich zu schütteln; Instrumente erwachten zum Leben, und der Schirm eines Sichtpaneels knackte hörbar. Dann wurde der Funkkontakt wegen der ionisierten Gase rings um das Schiff unterbrochen. Ihnen blieb keine andere Wahl, als vorläufig in das Apartment Marias zurückzukehren, um die schlimmste Phase zu überstehen. Maria starrte auf die goldenen Türme der Stadt und verglich ihre majestätische Macht und selbstdefinierte Unverwundbarkeit mit der uneinnehmbaren Logik des Rüttelns beim Eintauchen in die Atmosphäre, das sie soeben erlebt hatte.
    Sie erlebten die letzten Sekunden der Landung wieder an Bord des

Weitere Kostenlose Bücher