Cyber City
Länder mit Interesse verfolgt.
Beeindruckt lehnte Maria sich in ihrem Stuhl zurück. Ein Computermodell höchstmöglicher Auflösung. Und sie hatten das wörtlich gemeint. Sich alles an Rechenleistung gekauft, was sie kriegen konnten, und ein Vermögen dafür bezahlt. Aber es war nur ein Bruchteil dessen, was sie für eigene Hardware hätten bezahlen müssen.
Taifune herumschubsen! Wenn auch vorerst nur im Modell … Wer wollte sich über diese unersättliche Gier nach Rechenkapazität beklagen, wenn es um eine so große Sache ging? Maria konnte die Faszination über das gewaltige Ausmaß des Unternehmens nachempfinden, und sie spürte ein wenig Neid und ein schlechtes Gewissen, weil sie bloß Zuschauer war. Sie hatte weder Ozeanographie noch Atmosphärenphysik studiert, keine Doktorarbeit über die Chaostheorie geschrieben, aber bei einem Projekt dieser Größenordnung mußte es einige hundert Stellen für einfache Programmierer geben. Wahrscheinlich waren die Stellenangebote über die Bildschirme geflimmert, als sie gerade für die Touristen die beschissenen Eigenschaften des Sandes am Strand der Virtuellen Goldküste verbessert hatte – entweder das, oder sie hatte am Genom von A. lamberti in dem Bemühen herumgespielt, als erster Mensch der Welt dem Prinzip der natürlichen Auslese simulierter Bakterien auf die Spur zu kommen.
Es war nicht abzusehen, wie lange Projekt Schmetterling brauchen würde, um die Taifune zu simulieren … für heute jedenfalls konnte sie das Autoversum vergessen.
Widerwillig klinkte sie sich aus dem Nachrichtensystem und kämpfte gegen die Versuchung, einfach dazusitzen und die ersten Berichte über den in Frage kommenden Taifun abzuwarten – oder die Reaktionen anderer Benutzer, die wie sie lahmgelegt worden waren. Schließlich machte sie sich daran, die Pläne für ihr neues System zum Schutz vor Einbrechern zu überarbeiten.
2
(Vergib nicht den Mangel)
November 2050
»Was ich verlange – zwei Millionen Ecu. Was ich biete – Unsterblichkeit.«
Thomas Riemanns Büro war zwar klein, aber mit Geschmack eingerichtet; Übersicht und Ordnung bestimmten das Bild. Es gab ein großes Fenster, vor dem sich ein Panorama von Frankfurt ausbreitete, das man so nur von Sachsenhausen aus sehen konnte. Im Norden, auf der anderen Seite des Mains, ragten die drei schwarzen Türme von Siemens und der Deutschen Bank auf. Eine Aussicht, die nach Thomas' Meinung nicht schlechter und nicht weniger legitim war als jede denkbare Alternative. Von der Hälfte aller Bürofenster dieser Stadt blickte man auf tropische Regenwälder, farbenprächtige Wüstenschluchten, Eisberge vor antarktischen Küsten – oder auf synthetische Landschaften von ländlich-idyllisch bis futuristisch, von der Weltraumvision bis zum surrealistischen Alptraum. Da er die Freiheit hatte, zu tun, was ihm gefiel, hatte er sich für Altgewohntes, Altvertrautes entschieden: ein Panorama, wie er es aus seinem früheren Leben kannte. Vielleicht war es auch sentimental, aber es war zumindest nicht an den Haaren herbeigezogen.
Thomas wandte sich vom Fenster ab und musterte seinen Besucher mit einem skeptischen, aber durchaus wohlwollenden Blick. Er antwortete auf Englisch, obwohl die Bürosoftware die Übersetzung hätte besorgen können – was auf dieselben Wörter, dieselbe Syntax hinausgelaufen wäre, da sie über alle in seinem Sprachzentrum gespeicherte Information verfügte. Aber Thomas bestand darauf, wann immer es möglich war, die in seinem Innern existierende Sprache seines eigenen Schädels zu produzieren.
»Zwei Millionen? Und wie sieht Ihr Vorschlag aus? Lassen Sie mich raten: In Ihren geschickten Händen wird mein Kapital die höchste Rendite erzielen, die bei einer sicheren Anlage nur möglich ist. Die Kosten für die Computernutzung werden sicher sinken, früher oder später – die Tatsache, daß sie in den letzten fünfzehn Jahren gestiegen sind, macht das nur wahrscheinlicher. Also: Es wird vielleicht zehn, zwanzig Jahre dauern, möglicherweise auch dreißig oder vierzig – aber eines Tages wird der Ertrag meiner bescheidenen Investition ausreichen, um mich auf der modernsten Hardware betreiben zu können, für alle Zeit … während Sie, für Ihre Dienste, in den Genuß einer kleinen Provision kommen.«
Thomas lachte, aber keineswegs boshaft. »Leider scheinen Sie Ihre Klienten nicht sorgfältig genug auszusuchen. Gewöhnlich sind Leute wie Sie bestens informiert – diesmal allerdings sind Sie an
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