Cyberabad: Roman (German Edition)
den Bäumen und kommen auf weichen Knöcheln herbeigerannt, um den Lexus des Ministeriums zu begrüßen, als er vor dem alten Mughal-Jagdpalast vorfährt. Der Roboter tritt zwischen den Rhododendronbüschen hervor, um die Legitimation des Fahrers zu scannen. Das Personal hat den Garten verwildern und von Unkraut überwuchern lassen. Nur wenige Gärtner bestehen die Sicherheitsüberprüfung, und jene, die es schaffen, arbeiten nicht lange für ein Ministeriumsgehalt. Die Maschine hockt sich vor den Wagen und zeichnet mit dem Armgeschütz eine Linie über Mr. Nandha. Aus dem Kolben des linken Beins zischt es unregelmäßig, wodurch sie immer wieder zur Seite wegkippt, während sie die Ausweisdaten abfragt. Auch die Wartung lässt zu wünschen übrig. Mr. Nandha schürzt die Lippen, während die Affen den Wagen umschwärmen und mit ihren Fingerchen in den Ritzen herumstochern. Sie erinnern ihn an die Hände der verbrannten Leichen in Chauhans sauberer Leichenhalle, die schwarzen, verdorrten Fäuste. Ein Langur, der wie eine Kühlerfigur auf der Motorhaube hockt, masturbiert heftig zu den Klängen der Matthäus-Passion, die Mr. Nandha umweht.
Nachlässigkeit und Desinteresse führen zum Niedergang. Lausige Wartung und schlampige Sicherheit waren schuld, dass der Gefangene bei zwei Gelegenheiten hatte entkommen können. Das und verstohlene Roboter von der Größe und Beweglichkeit von Kakerlaken.
Der Sicherheitsroboter beendet die Überprüfung und stapft zurück ins Gebüsch, wie ein Jäger aus der späten Kreidezeit. Mr. Nandha fährt ruckhaft mit dem Wagen an, um die Affen zu verschrecken. Es wäre eine Horrorvorstellung für ihn, wenn sich eins der Tiere im Radlauf verfangen würde. Der Große Masturbator purzelt von der Haube. Mr. Nandha lugt nach vorn, um sich zu vergewissern, dass er keinen widerwärtigen Klecks Affenwichse auf dem Lack hinterlassen hat.
Als er mit dreizehn Jahren von Hormonen und Selbstzweifeln geplagt wurde, gab sich Mr. Nandha der Phantasie hin, einen heiligen Affen zu fangen, ihn in einen Käfig zu sperren und ihm langsam und systematisch jeden einzelnen kleinen Vogelknochen zu brechen. Er spürt immer noch ein Nachleuchten des Entzückens seiner damaligen freudigen Wut.
Ein paar hartnäckige Affen fahren auf dem Lexus den gesamten gekrümmten Weg bis zum Landhaus mit. Mr. Nandha verjagt sie mit Fußtritten, als er auf den knirschenden roten Kies hinaustritt, und setzt seine dunkle Brille auf. Der weiße Mughal-Marmor strahlt im Nachmittagslicht. Mr. Nandha entfernt sich ein paar Schritte vom Wagen, um den unverstellten Blick auf den Palast zu genießen. Er ist eine verborgene Perle, im Jahre 1613 von Shah Ashraf als Landsitz erbaut. Wo einst Jagdgeparden hoch auf Howdahs ritten und Mughal-Adlige über dem Sumpfland von Kirakat beizten, drängen sich nun von allen Seiten Fabrikbaracken und Lagerhäuser aus gepresstem Aluminium an das niedrige, kühle Landhaus. Doch die Genialität des Architekten hat Bestand: Die Säulenhallen umfassen das Haus, das von Dschungelgärten umgeben ist, und beide Epochen bleiben füreinander unsichtbar. Mr. Nandha bewundert die Ausgewogenheit der Kreuzgänge, die Tiefstapelei der Kuppel. Selbst angesichts der spätgotischen und barocken Triumphe Englands in Cambridge hat er die islamischen Architekten immer noch höher eingeschätzt als Christopher Wren und Reginald Ely. Sie bauten, wie Bach komponierte, stark und kraftvoll, mit Licht, Raum und Geometrie. Sie bauten zeitlos und für alle Zeiten. Mr. Nandha glaubt, dass es ihm nichts ausmachen würde, in einem solchen Gefängnis ausharren zu müssen. Hier würde er Abgeschiedenheit und Ruhe finden.
Kehrer mit emsigen Reisigbesen verbeugen sich vor Mr. Nandha, als er die flachen Stufen zur Kühle des Kreuzgangs hinaufsteigt. Das Ministeriumspersonal begrüßt ihn an der Tür und scannt ihn diskret mit Palmern. Mr. Nandha weiß ihre Gründlichkeit zu schätzen, auch wenn sie gelangweilt aussehen. Sie sind Beamte der Stufe EO1, aber sie haben sich nicht beim Ministerium beworben, um einen vermodernden Haufen alter Mughal-Steine zu bewachen. Mr. Nandha wartet darauf, dass der Wärter das transparente Plastikschloss öffnet, das wie eine hässliche Sexspielzeug-Yoni in der Wand aus kunstvoll gemeißeltem Alabaster steckt. Der letzte Sicherheitscheck zeigt grün an. Mr. Nandha tritt in den Bankettsaal. Wie immer hält er den Atem an, als er die weißen Steinjalis, das gebänderte Mauerwerk, die großzügige
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