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Cyberabad: Roman (German Edition)

Cyberabad: Roman (German Edition)

Titel: Cyberabad: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian McDonald
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Ticketkontrolleur hält für alle Geschenke von Minister Naipaul bereit, Vakuumfläschchen mit dem Wappen der Vereinten Staaten von Ost- und Westbengalen. Als er angeschnallt ist und der Vorhang zur Economy-Klasse geschlossen wird und der BharatAir-Airbus über den unebenen Beton holpert, schraubt Shaheen Badoor Khan den Deckel seines Fläschchens auf. Es enthält Eis, Gletscherwürfel für Sajida Ranas Gin Sling. Shaheen Badoor Khan schließt das Fläschchen wieder. Der Airbus beschleunigt, und als die Räder sich von Bengalen lösen, drückt Shaheen Badoor Khan das Fläschchen an sich, als könnte die Kälte die Wunde in seinem Bauch heilen. Doch das kann sie nicht. Sie wird es nie können. Shaheen Badoor Khan blickt aus dem Fenster auf das langsam ergrauende Land, als der Airbus auf Westkurs Richtung Bharat geht. Er sieht die weiße Kuppel eines Schädels, den Bogen eines Halses, blasse, liebreizende Hände, elegant wie Minarette, Wangenknochen, die sich ihm zuwenden, wie ein architektonisches Kunstwerk. Tanzende Kraniche.
    Bislang hatte er sich in Sicherheit gewiegt. Sich für rein gehalten. Shaheen Badoor Khan drückt das Gletschereis an sich, die Augen zum stummen Gebet geschlossen, das Herz vor Ekstase strahlend.

4 Najia
    Lal Darfan, die Nummer eins der Soapstars, gibt Interviews in der Sänfte eines elefantenförmigen Luftschiffs, das vor den südlichen Hängen des nepalesischen Himalaya kreuzt. In einem feinen Hemd und weiter Hose ruht er an ein Kissen gelehnt auf einem niedrigen Diwan. Hinter ihm ist der Himmel mit Bannern aus hohen Wolken gestreift. Die Berggipfel bilden eine Barriere aus gezacktem Weiß, eine Mauer am Rand des Sichtfeldes.
    Der mit Quasten besetzte Saum der Sänfte wogt im Wind. Lal Darfan, der Liebesgott von Stadt und Land , der größten und strahlendsten Soap von Indiapendent Production, befindet sich in Gesellschaft eines Pfaus, der am Kopfende des Diwans steht. Er füttert ihn mit den Krümeln eines Reiskekses. Lal Darfan ist auf Low-Fat-Diät. Das ist im Moment das wichtigste Klatschthema in den Chati-Magazinen.
    Die Diät ist eine geniale Idee für einen virtuellen Soapi-Star, findet Najia Askarzadah. Sie holt tief Luft und eröffnet das Interview.
    »Für uns im Westen ist es nur schwer zu verstehen, dass Stadt und Land so unglaublich populär ist. Hier jedoch besteht ein fast genauso großes Interesse an Ihnen als Schauspieler wie an Ihrer Rolle als Ved Prekash.«
    Lal Darfan lächelt. Seine Zähne sind unfassbar und herrlich weiß, wie es in den Tivi-Chat-Kanälen heißt.
    »Sogar noch mehr«, sagt er. »Aber ich glaube, Ihre eigentliche Frage lautet, warum eine Kaih-Figur einen Kaih-Schauspieler benötigt. Die Illusion in der Illusion. Habe ich recht?«
    Najia Askarzadah ist zweiundzwanzig, arbeitet frei und ungebunden, ist seit vier Wochen in Bharat und hat soeben das Interview ergattert, von dem sie hofft, dass es ihr eine große Karriere sichert.
    »Die Aufhebung der Unglaubwürdigkeit«, sagt sie und horcht auf das Summen der Triebwerke des Luftschiffs, eines in jedem Elefantenfuß.
    »Das ist ganz einfach. Die Rolle ist niemals genug. Das Publikum braucht die Rolle hinter der Rolle, ganz gleich, ob ich es bin« – Lal Darfan berührt selbstironisch seine rundliche Taille – »oder ein Hollywood-Schauspieler aus Fleisch und Blut oder ein Popidol. Ich möchte Ihnen mit einer Gegenfrage antworten. Was wissen Sie zum Beispiel über irgendeinen westlichen Popstar wie Blóchant Matthews? Was Sie im Fernsehen verfolgen und was Sie in den Soap-Magazinen und den Chati-Foren lesen können. Und was wissen Sie über Lal Darfan? Genau das Gleiche. Diese Schauspieler sind für Sie nicht realer als ich und deshalb auch nicht weniger real.«
    »Aber man kann einem realen Prominenten jederzeit begegnen. Die Leute sehen ihn zufällig am Strand, auf dem Flughafen oder in einem Geschäft ...«
    »Kann man das? Woher wissen Sie, dass die Leute solche Begegnungen hatten?«
    »Weil ich davon gehört habe. Ach so ...«
    »Sie verstehen, was ich meine? Alles wird Ihnen durch die Medien vermittelt. Und mit Verlaub, ich bin ein realer Prominenter, weil meine Prominenz in der Tat äußerst real ist. Ich finde, heutzutage ist es allein die Prominenz, die irgendetwas real macht, nicht wahr?«
    Eine halbe Million Arbeitsstunden wurden auf Lal Darfans Stimme verwendet. Diese Stimme soll verführen, und sie umgarnt Najia Askarzadah in einem fort. Die Stimme sagt: »Darf ich Ihnen eine persönliche

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