Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cyberabad: Roman (German Edition)

Cyberabad: Roman (German Edition)

Titel: Cyberabad: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian McDonald
Vom Netzwerk:
beauftragt, Lull zu finden und ihm wichtige Informationen zu geben. Nach Möglichkeit soll ich ihn überzeugen, mit mir in die USA zurückzukehren.«
    »Was sind das für Informationen?«
    »Es ist mir nicht erlaubt, darüber zu sprechen, Dr. Ghotse. Ich kann Ihnen nur sagen, dass sie wissenschaftlicher Natur sind und Lulls einzigartiger Verstand benötigt wird, um sie zu interpretieren.«
    »Lull. Haben Sie ihn so genannt?«
    »Hat er Ihnen von mir erzählt?«
    »Genug, um überrascht zu sein, dass Sie im Auftrag Ihrer Regierung unterwegs sind.«
    Ich vertraue darauf, dass du die Sache richtig weiterführen wirst. Tu etwas, wenn sie Scheiß-Coca-Cola-Werbung auf die Wolken kleben wollen , hatte er ihr aufgetragen. Die Erinnerung an Lull in jener Nacht in der Studentenkneipe in Oxford ist frischer und lebendiger als dieses Haus, das er erst vor Kurzem verlassen hat. Sie kann ihn hier in der Kulisse aus Regengeräuschen nicht spüren. Sie stellt sich vor, durch diesen Regen zu rennen, sich wie ein Otter durch das blutwarme Backwater zu schieben, wie das kleine Mädchen mit dem Floß und dem Blechtopf. Was haben Sie aus dir gemacht?
    Lisa Durnau zieht ihren Datenblock aus der Tasche und öffnet ihn. Dr. Ghotse sitzt mit verschränkten Fußknöcheln da und hat seine Chai-Tasse auf dem niedrigen geschnitzten Kaffeetisch abgestellt.
    »Sie haben recht. Das hier ist die Wahrheit. Es mag sein, dass Sie es nicht glauben wollen, aber soweit ich weiß, ist es wahr.« Sie ruft die Bilder des Tabernakels auf.
    »Das ist Professor Lull«, sagt Dr. Ghotse. »Es ist keine besonders gute Aufnahme. Sehr körnig.«
    »Das liegt daran, dass dieses Bild von einem außerirdischen Artefakt generiert wurde, das die NASA im Innern eines Asteroiden mit der Bezeichnung Darnley 285 entdeckt hat. Dieses Artefakt ist als Tabernakel bekannt.«
    »Ah, das Tabernakel, das Heiligtum der hebräischen Bundeslade.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob Sie verstanden haben, was ich gerade sagte. Das Tabernakel ist ein Artefakt nicht-menschlicher Herkunft. Es ist das Produkt einer außerirdischen Intelligenz.«
    »Ich habe genau gehört, was Sie sagten, Miss Durnau.«
    »Und es überrascht Sie nicht?«
    »Das Universum ist sehr groß. Es würde mich überraschen, wenn es so etwas nicht gäbe.«
    Lisa legt den Block auf den Tisch zwischen die Teetassen.
    »Da ist noch etwas, das ich Ihnen erklären möchte. Dieser Asteroid Darnley 285 ist außergewöhnlich alt. Älter als unser Sonnensystem. Verstehen Sie das?«
    »Miss Durnau, meine Bildung schließt sowohl die westliche als auch die hinduistische Kosmologie ein. Es ist in der Tat ein Wunder, dass ein Objekt die Vernichtung am Ende des Dwapara Yuga überstanden hat, vielleicht sogar noch viele Zeitalter mehr. Dieses Tabernakel könnte gar ein Überbleibsel des Zeitalters der Wahrheit sein.«
    »Der Grund, warum ich Thomas Lull suche, ist die Frage, die ich ihm stellen möchte: Warum befindet sich sein Gesicht in einem sieben Milliarden Jahre alten Felsbrocken?«
    »Eine interessante Frage«, pflichtet Dr. Ghotse ihr bei.
    Der Regen hat den Weg durch das Kokosfaserdach gefunden. Ein kleiner, aber anschwellender Tropfen sammelt sich und zerplatzt auf dem niedrigen Tisch, der mit ineinander verschlungenen tantrischen Liebenden verziert ist. Der Monsun über Lisa Durnau, unter ihr, hinter ihr, vor ihr, löscht die Gewissheiten des Kennedy Airport, New Yorks und des Überschallfluges aus. Dieser Regen, dieses Indien.
    Der Lärm, der Regen, der Geruch nach Abwasser und Gewürzen und Verwesung, das unablässige Verkehrschaos, der geplatzte Hund im Straßengraben, der zur Hälfte nur noch aus schwarzen Knochen besteht, die kreisenden Milane mit den Aasfresseraugen, die abblätternden, schimmelfleckigen Gebäude, der süße Gestank des Alkosprits aus Zuckerrohr und des brennenden Ghee von den Puri-Verkäufern, die Kinder, die sich um sie drängen, sauber und gut genährt, aber trotzdem um Rupien und Kugelschreiber bettelnd, die Händler und Verkäufer und Wahrsager und Massagekünstler, die sich im Regen um eine weiße Frau scharen. Die Menschen. Keine hundert Meter von ihrem Hotel entfernt hat Kerala sie zu Fall gebracht. Die Geräusche, die Gerüche, die Bilder, die Empfindungen vereinigten sich zu einem massiven Angriff auf ihre Sinnesorgane. L. Durnau, die Pastorentochter. Das waren Thomas Lulls Worte. Sie muss sich an Thomas Lulls Regeln halten.
    Sie hat sich im Ganga Devi Booti Salon von einem blinden Friseur

Weitere Kostenlose Bücher