Cyberabad: Roman (German Edition)
am Bahnhof begonnen. Die Gepäckträger waren Diebe und Gundas, die Sicherheitsüberprüfungen eine empörende Unhöflichkeit für eine ehrenhafte Witwe aus einem loyalen Dorf in einem friedfertigen Distrikt. Der Taxifahrer hatte ihren Koffer ohne jede Vorsicht in den Kofferraum geworfen, und als er endlich losgefahren war, hatte er die längste Route genommen, war gerast und zwischen den Bussen hin und her geflitzt, um einer alten Dame vom Land Angst zu machen, und nachdem er sie fast zu Tode erschreckt hatte, verlangte er weitere zehn Rupien, wenn er ihren Koffer die vielen Stufen hinauftragen sollte, und sie musste ihm das Geld geben, weil sie es selbst nie geschafft hätte, nachdem sie sich wegen der schrecklichen Abgase in dieser Stadt fast die Lungen aus dem Leib gehustet hatte. Und nun hat der Chai, den die Köchin ihr gebracht hat, einen säuerlichen Geschmack, weil es in dieser Stadt nie gutes sauberes Wasser gibt.
Parvati Nandha scheucht die missmutige Köchin fort, begrüßt ihre Mutter mit der angemessenen Leidenschaft einer Tochter und beauftragt die Putzfrau, die Koffer zum Gästezimmer zu tragen und alles vorzubereiten.
»Ich werde dir eine richtige Tasse Chai machen, und danach gehen wir hinauf aufs Dach.«
Mrs. Sadurbhai wird weich wie eine Ghee-Skulptur bei einer Mela.
Die Putzfrau gibt Bescheid, dass das Zimmer fertig ist. Während ihre Mutter losgeht, um es zu inspizieren und ihre Sachen auszupacken, beschäftigt sich Parvati mit dem Kessel und wischt und putzt alle Reste ihrer Erniedrigung beim Cricketspiel fort.
»So etwas solltest du nicht tun müssen«, sagt Mrs. Sadurbhai, als sie sich neben Parvati und den Kessel schiebt. »Das Mindeste, was man von einer Köchin erwarten kann, ist die Befähigung, eine Tasse Chai zuzubereiten. Und diese Putzfrau betrügt dich. Ein ausgesprochen faules Mädchen. Unter dem Bett habe ich Wollmäuse gefunden. Du musst strenger mit dem Personal sein. Hier.« Sie stellt eine knallbunte Packung Tee auf die Arbeitsplatte. »Etwas mit richtigem Aroma.«
Sie setzen sich in den Halbschatten der Jasminlaube. Mrs. Sadurbhai mustert die handwerkliche Ausführung und dann die Dächer der Nachbarschaft.
»Hier ist es ziemlich einsehbar«, bemerkt sie und zieht sich den Dupatta über den Kopf. Die abendliche Rushhour hat begonnen, das Gespräch konkurriert mit Autohupen. Auf einem Balkon auf der anderen Straßenseite plärrt ein Radio Chart-Hits. »Es wird netter sein, wenn alles ein wenig gewachsen ist. Dann hast du hier mehr Privatsphäre. Natürlich kann man hier nicht die Art von Privatsphäre erwarten, die man im Quartier mit ausgewachsenen Bäumen hätte, aber hier wird es abends recht angenehm sein, falls du dann noch hier bist.«
»Mutter«, sagt Parvati. »Warum bist du hier?«
»Darf eine Mutter nicht mehr ihre eigene Tochter besuchen? Oder ist so etwas in der Hauptstadt aus der Mode gekommen?«
»Selbst auf dem Land ist es üblich, eine gewisse Vorwarnzeit einzuhalten.«
»Vorwarnzeit? Was bin ich, eine Sturzflut, eine Heuschreckenplage, ein Luftangriff? Nein, ich bin gekommen, weil ich mir Sorgen um dich mache, in dieser Stadt, in der aktuellen Situation. Ja, du schickst mir jeden Tag Nachrichten, aber ich weiß, was ich im Tivi sehe, all die Soldaten und Panzer und Flugzeuge, die brennenden Züge, schrecklich, schrecklich. Und jetzt sitze ich hier und blicke empor und sehe diese Dinger.«
Kaih-Flieger patrouillieren am Rand des Monsuns, weiße Flügel fangen das westwärts wandernde Licht auf, wenn sie abdrehen und Kilometer über Varanasi kreisen. Sie können jahrelang da oben bleiben, hat Krishan zu Parvati gesagt. Sie müssen nie den Boden berühren, wie christliche Engel.
»Mutter, sie sind da, um uns vor den Awadhis zu schützen.«
Sie zuckt mit den Schultern. »Ach was. Man will, dass du das glaubst, aber ich weiß doch, was ich sehe.«
»Mutter, was willst du?«
Mrs. Sadurbhai zieht den Pallav ihres Sari hoch. »Ich möchte, dass du mit mir nach Hause kommst.«
Parvati wirft die Hände hoch, aber Mrs. Sadurbhai unterbricht ihren Protest.
»Parvati, warum gehst du ein unnötiges Risiko ein? Du sagst, du bist hier sicher, aber was ist, wenn all diese wunderbaren Maschinen versagen und Bomben auf deinen schönen Garten fallen? Parvati, das Risiko mag nicht größer als ein Reiskorn sein, aber warum gehst du überhaupt ein Risiko ein? Kehre mit mir nach Kotkhai zurück, dort werden die Kampfmaschinen der Awadhis dich niemals finden. Es wird
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