Cyberabad: Roman (German Edition)
und Korbgeflecht vorbei, die den Rasen überquert. Seine Mutter sitzt allein am entgegengesetzten Ende des Gartens, eine kleine blasse Frau an einem kleinen weißen Tisch, der sich hell vor der dunklen Wand des Monsuns abzeichnet. Wie eine britische Witwe wird sie warten, bis der Sturm sie erreicht hat, bevor sie sich aus ihrer Redoute zurückzieht. Vishram erinnert sich fast nur so an sie, auf dem Rasen, an einem weißen Tisch, unter ihrer Sonnenschirmstaffel, mit ihren Ladys und dem Chai auf einem Silbertablett. Schon immer hat Vishram das Haus am meisten während des Regens geliebt, wenn es unbeschwert vor dem Grün und den schwarzen Wolken zu schweben schien. Dann wurden seine dehydrierten Geister wieder zum Leben erweckt, und in seinem Zimmer war ihr Knacken und Knarren zu hören. In dieser Saison riecht Shanker Mahal nach altem Holz und Feuchtigkeit und Wachstum, als wollten die Pflanzenmuster an der Decke seines Schlafzimmers Knospen austreiben und erblühen. Die verschlungenen Figuren an den Säulen und Balken entspannen sich im Regen.
»Vishram, mein Vogel. Dieser Anzug steht dir sehr gut.«
Er ruft den letzten Gartenstuhl mit einem gekrümmten Zeigefinger zurück. Wetterleuchten schimmert hinter den Ashokbäumen. Und hinter ihnen schneiden Scheinwerfer durch die Finsternis.
»Mamaji.« Vishram verneigt den Kopf. »Ich will dich nicht lange aufhalten. Ich muss wissen, wo er ist.«
»Wer, mein Lieber?«
»Was glaubst du, wen ich meine?«
»Dein Vater ist ein Mann, der sein spirituelles Leben sehr ernst nimmt. Wenn er den Weg des Sadhu und die Abgeschiedenheit gewählt hat, sollte das respektiert werden. Was willst du von ihm wissen?«
»Nichts«, sagt Vishram Ray. Er glaubt zu sehen, wie seine Mutter ein verstohlenes Lächeln verbirgt, als sie ihre Tasse Darjeeling an die Lippen setzt. Ein heißer, elektrisch aufgeladener Wind fährt über die Blumenbeete. Pfaue kreischen vor Angst. »Ich möchte ihm von einer Entscheidung erzählen, die ich getroffen habe.«
»Etwas Geschäftliches? Du weißt, dass ich mich nie für geschäftliche Angelegenheiten interessiert habe«, sagt Mamata Ray.
»Mutter«, erwidert Vishram. Ihr ganzes Leben lang hat sie diese kleine Lüge aufrechterhalten. Die schlichte Mamata versteht nichts von Geschäften, will nichts damit zu tun haben, weil es Männerdinge sind, alles, was mit Geschäften, Geld und Macht zu tun hat. Es wurde nie eine Entscheidung getroffen, nie eine Investition getätigt, nie eine Kaufempfehlung ausgesprochen, nie ein Forschungsprojekt genehmigt, ohne dass Mamata Ray dabei war und dazu sagte, dass sie keine Ahnung hätte, aber was würde geschehen, wenn, und wie würde es sein, und könnte auf lange Sicht vielleicht jenes. Vishram hat nie daran gezweifelt, dass ihre vorsichtigen Fragen die Grundlage der shakespearischen Aufteilung von Ray Power gebildet hatten, dass es ihre Stimme gewesen war, die Ranjit Ray den Segen gab, sich von der Welt abzuwenden.
Vishram gießt sich eine Tasse duftenden Darjeeling-Tee ein. Er findet, dass der Geschmack übermäßig verfeinert ist, aber auf diese Weise sind seine Hände mit etwas beschäftigt. Die erste Comedy-Regel: Sorge stets dafür, dass deine Hände etwas zu tun haben.
»Ich werde Rameshs Anteil aufkaufen. Ich habe eine außerordentliche Vorstandssitzung einberufen.«
»Du hast mit Mr. Chakraborty gesprochen.«
Die Augen seiner Mutter sind Linsen aus Blei, eine Spiegelung des aufgewühlten grauen Himmels.
»Ich weiß, was Odeco ist.«
»Ist es das, was du deinem Vater sagen möchtest?«
»Nein. Ich will ihm sagen, dass mir nicht viele Möglichkeiten bleiben und dass ich glaube, die beste Entscheidung getroffen zu haben.«
Mamata Ray stellt ihre Tasse auf den Tisch und dreht sie auf der Untertasse, so dass der Henkel genau nach links zeigt. Gärtner und Hausdiener halten sich in der Nähe bereit und warten auf ihren Einsatz. Der zunehmende Wind zerrt an ihren Turbanen und Quasten.
»Ich habe mich dagegen ausgesprochen, weißt du. Gegen die Entscheidung, das Unternehmen aufzuteilen. Das überrascht dich möglicherweise. Du warst der Grund, warum ich dagegen war. Ich dachte, du würdest die Firma herunterwirtschaften, alles verschleudern. Was das betrifft, habe ich die gleiche Meinung wie Govind. Nur dein Vater hatte Vertrauen in dich. Es hat ihn immer sehr interessiert, was du in diesem schrecklichen schottischen Land machst. Er hatte großen Respekt vor dir, weil du den Mut hattest, deinen eigenen
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