Cyberabad: Roman (German Edition)
zuletzt, was seinen Namen betrifft. Er ist irisch, sagt er. Irisch wie Sadhu Patrick.
Die Tea Lane ist mit der Aufgabe gewachsen, die Männer zu bedienen, die Ranapur erbauten. Hinter den Reihen der Verkaufsstände mit warmem Essen, Gewürzen und Früchten öffnen sich die Holzrollläden der ursprünglichen Chai-Häuser zur Straße und ergießen ihre Blechtische und Klappstühle nach draußen. Über dem sanften Lärm von Gaskochern und Aufziehradios, die Hindi-Hits ausstoßen, brandet die niemals endende Flut von Soapi-Dialogen aus Hunderten von Wandschirm-Fernsehern. Zehntausend Kalender mit Soapi-Göttinnen hängen an Reißzwecken.
Shiv beugt sich aus dem Fenster und zählt Münzgeld in Murfis Affenhand.
»Und ein paar von diesen Pizza-Pakoras für ihn.« Shiv bedenkt sie mit dem gleichen Blick, den er für Affenscheiße-Pakora erübrigen würde, aber Yogendra gibt sich der Vorstellung hin, sie seien der Inbegriff eines coolen westlichen Snacks. »Murfiji, du sagst doch, dass du alles zu Pakora machst. Versuch’s hiermit.«
Murfi schraubt den Deckel des Fläschchens ab, vertreibt fuchtelnd die Trockeneiswolke und lugt hinein.
»Äh, was hast du da drin?«
Shiv sagt es ihm.
Murfi verzieht das Gesicht und gibt Shiv angewidert das Fläschchen zurück. »Nein, behalt es. Man weiß nie, ob vielleicht doch jemand auf den Geschmack kommt.«
Das ist kein Kommentar zu Murfis Kochkünsten, aber zwischen einem Bissen und dem nächsten verflüchtigt sich Shivs Appetit. Alle Leute blicken in dieselbe Richtung. Hinter Shiv. Shiv lässt die Zeitung mit dem gebratenen Zeug fallen. Straßenhunde stürzen sich darauf. Er reißt Yogendra den Mist aus den Händen.
»Lass den Scheiß liegen und bring mich ganz schnell von hier weg.«
Yogendra tritt auf die Pedale und schwenkt auf die plötzlich leere Straße, als etwas so heftig aufs Dach knallt, dass der Mercedes auf der Federung wippt. Ein Stoßdämpfer detoniert wie eine Granate, es blitzt blau und riecht nach verbrannter Elektrik. Der Wagen schaukelt auf den drei verbliebenen Aufhängepunkten. Etwas kommt näher. Yogendra jagt die Motorleistung hoch, aber der Wagen rührt sich nicht von der Stelle.
»Raus!«, befiehlt Shiv, als die Klinge durch das Dach fährt. Sie ist lang, gekrümmt wie ein Säbel, gezahnt und glänzend wie ein chirugisches Werkzeug. Sie durchsticht den Mercedes vom Dach bis zum Getriebeschacht. Als Shiv und Yogendra auf die Tea Lane stürzen, wird das Fahrzeug nach vorn gerissen und ergießt seine stählernen Eingeweide wie ein geopfertes Kitz.
Jetzt kann Shiv erkennen, was im Dach seines deutschen Metallschrotthaufens mit einem Wert von sechzig Millionen Rupien steckt. Obwohl es seinen Tod bedeutet, ist er durch den Anblick genauso paralysiert wie alle anderen schockierten Passanten auf der Tea Lane. Die Windschutzscheibe zerspringt unter dem Druck der Klinge. Die unteren Greifarme des Kampfroboters packen die Kanten und reißen das Dach auf. Der stumpfe Phallus der EM-Kanone sucht auf der Straße nach Shiv und fixiert ihn mit starrendem monokularem Blick. Doch damit kann er ihn nicht verletzen. Shiv verfolgt gebannt, wie sich die große Klinge aus dem Wrack zurückzieht, das einmal ein Mercedes der Serie 7 war, und sich horizontal ausrichtet. Die Kampfmaschine erhebt sich auf die Beine und stapft auf ihn zu. Sie trägt immer noch die Seriennummer und das kleine Sternenbanner an der Seite, aber Shiv weiß, dass der Pilot kein Teenager mit Gameboy-Reaktionsvermögen und Methamphetamin-Abhängigkeit ist, der in zwanzig Stockwerken Tiefe irgendwo im amerikanischen Mittelwesten eingeklinkt ist. Sondern eher jemand hinten in dem Lieferwagen, der vor dem 24-Stunden-Kino steht. Wahrscheinlich raucht dieser Jemand eine Bidi und fuchtelt mit den Händen im Cyberspace herum, während er den Kali-Tanz aufführt. Jemand, der ihn kennt.
Shiv versucht gar nicht erst wegzulaufen. Diese Dinger können ein Tempo von einhundert Stundenkilometern erreichen, und sobald sie die DNS -Witterung von jemandem aufgenommen haben, wird sich diese Klinge durch jedes Hindernis schneiden, bis sie auf weiches Fleisch stößt. Der Urban Combat Robot ragt über ihm auf. Der gemeine kleine Gottesanbeterinnenkopf senkt sich, und die Sensoren arbeiten. Jetzt entspannt sich Shiv. Dies ist eine Show für die Straße.
»Mr. Faraji.«
Shiv hätte fast gelacht.
»Zu Ihrer Information: In diesem Moment wurden alle Verbindlichkeiten und Steuerschulden gegenüber Mr. Bachchan an die
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