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Cyberabad: Roman (German Edition)

Cyberabad: Roman (German Edition)

Titel: Cyberabad: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian McDonald
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darzubringen.«
    »Und wer leitet jetzt den verdammten Laden?«, fragt Chowdhury.
    »Ein Astrophysiker, ein Verpackungsverkäufer und ein selbsternannter Comedian.«
    »Gott steh uns bei, wir sollten unverzüglich kapitulieren«, murmelt Chowdhury.
    »Ich kann nicht glauben, was ich an diesem Tisch höre«, sagt Sajida Rana. »Wie alte Frauen an der Wasserpumpe. Das Volk will einen Krieg.«
    »Das Volk will Regen«, sagt Biswanath steif, der Minister für Umweltangelegenheiten. »Das ist alles, was es will. Den Monsun.«
    Sajida Rana wendet sich an ihren vertrauenswürdigsten Assistenten. Shaheen Badoor Khan hat sich im Marmor verloren. Seine Aufmerksamkeit wird von vulgären heidnischen Gottheiten verführt, die gegenseitig über ihre Körper hinwegkriechen, die Wände hinauf und quer über das Dach. Dann löscht er mental die krasseren Konturen aus, die skulptierten Kegel der Brüste, das derb vorstehende Linga, und reduziert sie zu einer verwischten Androgynie aus Marmorhaut, die in- und durcheinander- und aus sich selbst herausfließt. Sein geistiges Auge springt zur Rundung eines Wangenknochens, zu einem elegant gebogenen Nacken, einer glatten perfekten Kurve aus haarloser Kopfhaut, die er in einem Flughafenkorridor erspäht hat.
    »Mr. Khan, was haben Sie in Bengalen gehört?«
    »Hirngespinste«, sagt Shaheen Badoor Khan. »Wie immer wollen die Banglas demonstrieren, dass sie eine Hightech-Lösung für ein Problem entwickeln können. Der Eisberg ist eine PR-Aktion. Sie sind fast genauso durstig wie wir.«
    »Genauso ist es.« Jetzt spricht Innenminister Ashok Rana. Für Shaheen Badoor Khan ist Vetternwirtschaft kein Thema, aber man hätte wenigstens danach streben sollen, den Mann auf einen geeigneten Posten zu setzen. Unter dem Vorwand, ein Argument vorzubringen, wird Ashok eine kurze Rede halten, mit der er die Politik seiner Schwester unterstützt, wie auch immer diese orientiert sein mag. »Was das Volk braucht, ist Wasser, und wenn dazu ein Krieg nötig ist ...«
    Shaheen Badoor Khan stößt einen sehr leisen Seufzer aus, gerade laut genug, dass der Bruder ihn wahrnimmt. Verteidigungsminister Chowdhury schaltet sich ein. Er hat eine helle und quengelige Stimme, die sich mit unangenehmen Resonanzen von den zankenden Marmor-Apsaras vermischt.
    »Die Strategische Entwicklungsabteilung der Landstreitkräfte empfiehlt einen direkten Präventivschlag gegen den Damm. Wir schicken auf dem Luftweg einen kleinen Kommandotrupp los, besetzen den Damm, halten ihn bis zum letzten Moment und ziehen uns dann über die Grenze zurück. In der Zwischenzeit setzen wir die Vereinten Nationen unter Druck, damit der Damm unter die Kontrolle einer internationalen Friedenstruppe gestellt wird.«
    »Falls die Amerikaner nicht vorher zu Sanktionen aufrufen«, wirft Shaheen Badoor Khan ein. Ein zustimmendes Gemurmel geht um den langen dunklen Tisch.
    »Zurückziehen?«, fragt Ashok Rana fassungslos nach. »Unsere tapferen Jawans führen einen mächtigen Schlag gegen Awadh aus, um gleich darauf die Flucht zu ergreifen? Wie wird man das auf den Straßen von Patna aufnehmen? Hat diese Strategische Entwicklungsabteilung nicht den geringsten Izzat?«
    Shaheen Badoor Khan spürt, wie sich das Klima im Raum verändert. Dieses Gerede von Stolz und tapferen Soldaten und Feigheit bewegt die Anwesenden. »Falls ich meine Meinung vorbringen darf ...«, sagt er in die absolute, hallende Stille hinein.
    »Ihre Meinung ist hier stets willkommen«, sagt Sajida Rana.
    »Ich glaube, dass die größte Gefahr für unsere Regierung von den inszenierten Demonstrationen am Sarkhand Round about ausgeht und nicht von unseren Auseinandersetzungen mit Awadh«, erklärt er vorsichtig. Auf beiden Seiten des Tisches wird Widerspruch laut. Als Sajida Rana die Hand hebt, kehrt wieder Ruhe ein.
    »Fahren Sie fort, Sekretär Khan.«
    »Ich sage nicht, dass es keinen Krieg geben wird, obwohl ich glaube, dass hier allen klar ist, welche Position ich zu aggressiven Maßnahmen gegenüber Awadh einnehme.«
    »Die weibliche Position«, sagt Ashok Rana und flüstert seinem Assistenten zu: »Die muslimische Position.«
    »Ich rede hier von Gefahren für unsere Regierung, und die größte Bedrohung, mit der wir es zu tun haben, geht offensichtlich von der inneren Zwietracht und den Unruhen aus, die von der Shivaji geschürt werden. Solange unsere Partei die breite Unterstützung des Volkes für jedwede militärische Aktion gegen Awadh hat, wird dieses Kabinett diplomatische

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