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Cyberabad: Roman (German Edition)

Cyberabad: Roman (German Edition)

Titel: Cyberabad: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian McDonald
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vorbeikommen und den neuesten Tratsch über die waaahnsinnigen Leute auf der waaahnsinnigen Party erfahren. Selbst die coolen Typen umkreisten Thals Workstation. Natürlich fragten sie nicht direkt, sondern suchten nach Hinweisen und Mutmaßungen. Die Tratschnetze waren voll davon, auch die Nachrichtenkanäle, und sogar die Schlagzeilendienste sendeten Bilder von der Nacht an Palmer in ganz Bharat. Auf einem davon zwei Neuts, die auf dem Floor abgehen, von A-Promis bejubelt und beklatscht.
    Dann brach hinter Thals Augen ein neuraler Kunda Khadar, und alles quoll wieder in sys Bewusstsein. Jedes. Winzige. Detail. Das Gefummel im Taxi, das Gemurmel im Flughafenhotel, die Obszönitäten. Das Morgenlicht matt und grau mit dem Versprechen eines weiteren ultraheißen Tages und die Karte auf dem Kissen. Keine Szene .
    »Oh«, flüsterte Thal. »Nein.« Ys kroch so früh nach Hause, wie es die bevorstehende Hochzeit von Aparna Chawla und Ajay Nadiadwala zuließ, als zitterndes, paranoides Wrack. Zusammengekauert im Phatphat spürte ys die Karte in der Tasche, schwer und gefährlich wie Uran. Wirf sie jetzt weg. Lass sie aus dem Fenster flattern. Lass sie unter dem Sitzbezug verschwinden. Verlieren und vergessen. Aber ys konnte es nicht. Thal hatte schrecklich große Angst, dass ys verliebt war und dass ys dafür keinen Soundtrack hatte.
    Die Frauen waren wieder auf den Treppen, drängten sich mit ihren Wasserkanistern aus Plastik hinauf und hinab. Die Gespräche verstummten, als Thal sich vorbeischob, Entschuldigungen murmelnd, und wurden dann kichernd und flüsternd wieder aufgenommen. Jedes Klappern, jeder Fetzen aus dem Radio schien eine Waffe, die auf ys geworfen wurde. Denk nicht darüber nach. In drei Monaten wirst du hier raus sein. Thal stürzte in sys Zimmer, riss sich die steife, nach Rauch stinkende Partykleidung vom Leib und tauchte nackt in sys wunderschönes Bett. Ys programmierte zwei Stunden Non-REM-Schlaf, aber sys Unruhe und Herzschmerz und sys wunderbare, wahnsinnige Verwirrung war stärker als die subdermalen Pumpen, so dass ys wachlag und die Federn aus Licht beobachtete, die durch den Fenstervorhang hereinwehten und wie langsame Würmer über die Decke krochen, und auf das stimmlose, chorale Dröhnen der Stadt in Bewegung lauschte. Thal breitete noch einmal die vergangene verrückte Nacht aus und glättete die Falten. Ys war nicht ausgegangen, um in etwas verstrickt zu werden. Ys war nicht einmal ausgegangen, um gefickt zu werden. Ys war einfach nur losgezogen, um einen irren Abend mit berühmten Leuten und ein wenig Glamour zu erleben. Ys wollte keinen netten Menschen kennenlernen. Ys wollte kein Techtelmechtel, keine Beziehung. Und was ys auf gar keinen Fall wollte, war Liebe auf den ersten Blick . Liebe und all die anderen entsetzlichen Dinge, von denen ys glaubte, sie in Mumbai zurückgelassen zu haben.
    Mama Bharat ließ sich Zeit, auf Thals Klopfen zu reagieren. Sie schien Schmerzen zu haben, ihre Hände lagen unsicher auf der Verriegelung der Tür. Thal hatte sich mit einer Tasse Wasser gewaschen und die oberflächlichen Schichten des Schlafs und Drecks entfernt, aber der Rauch, der Suff und der Sex hatten sich tief eingegraben. Ys konnte das alles an sich selbst riechen, als ys sich auf das niedrige Sofa setzte und die leise gestellten Kabelnachrichten sah, während die alte Frau Chai machte. Dabei war sie sehr langsam und sichtlich geschwächt. Es machte Thal Angst, wie sie alterte.
    »Also«, sagte Thal. »Ich glaube, ich habe mich verliebt.«
    Mama Bharat setzte sich, lehnte sich zurück und wackelte verständnisvoll mit dem Kopf.
    »Dann musst du mir alles darüber erzählen.«
    Also erzählte Thal die Geschichte, von dem Moment, als ys durch Mama Bharats Tür hinausgetreten war, bis zur Karte auf dem Kopfkissen am tauben Morgen.
    »Zeig mir diese Karte«, sagte Mama Bharat. Sie drehte sie in ihrer ledrigen Affenhand. Sie schürzte die Lippen.
    »Ich weiß nicht recht, was ich von einem Mann halten soll, der eine Karte mit einer Clubadresse statt einer Privatadresse hinterlässt.«
    »Ys ist kein Mann.«
    Mama Bharat schloss die Augen.
    »Natürlich. Verzeih mir. Aber er verhält sich wie ein Mann.« Staubteilchen stiegen im warmen Licht auf, das schräg durch die Lamellen der Holzjalousie hereinfiel. »Was empfindest du für ihn?«
    »Dass ich in ys verliebt bin.«
    »Danach habe ich nicht gefragt. Was empfindest du für ihn. Für ys .«
    »Ich empfinde ... ich glaube, ich empfinde ... dass

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