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CyberCrime

CyberCrime

Titel: CyberCrime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Glenny
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dankbar und halt den Mund.« (In Wirklichkeit hielt Çağatay den Gedanken, jemanden wie Mert – der in seinen Augen ein kleiner Wurm war – umzubringen, für lächerlich.)
    Eine halbe Stunde später stolperte der geprügelte Mert Ortaç mit nur noch 50 Dollar in der Tasche aus dem Apartment und machte sich auf den Weg zum Busbahnhof. Er fuhr in die Stadt Izmir. Dort leckte er seine Wunden und fragte sich, was um Himmels willen er als Nächstes tun sollte. Die Antwort lag auf der Hand: Er musste in den Untergrund gehen. Mert verschwand ein letztes Mal – bis er viele Monate später, im November 2008, festgenommen wurde, als er wiederum unter einem anderen Namen einen Reisepass beantragte.
    In Merts Traumwelt spielen noch weitere seltsame Geschichten, die weder Realität noch Fantasie sind. In unserem Zusammenhang jedoch sind sie hier zu Ende.

34 Die Razzia
    Bevor Mert endgültig festgenommen wurde, hatte Inspektor Bilal Şen keine Ahnung, ob der Hacker auf der Flucht war, noch im Gefängnis saß oder überhaupt noch lebte. Er wusste aber, dass die Zeit nicht für ihn arbeitete. Dem Beamten blieb nur eine Möglichkeit: Er musste sich weiterhin so effizient und geduldig wie möglich darum bemühen, Cha 0 ausfindig zu machen. Wenigstens hatte er jetzt ein Foto und eine Telefonnummer des Mannes, der den Skimmer verschickt hatte, und er war überzeugt, dass dieser ihn am Ende zu Cha 0 führen würde. Der Handlanger, der den Skimmer aufgegeben hatte, benutzte eine der Telefonnummern, die er bei dem Logistikunternehmen angegeben hatte; damit konnte die Polizei den Verdächtigen »triangulieren« – oder mit anderen Worten: Sie konnte feststellen, über welche Mobilfunkmasten das Handy sich einloggte. Wenig später hatte man konkrete Vorstellungen von seinen Aufenthaltsorten und seinem Bewegungsmuster.
    Es dauerte nicht lange, dann wurde er ein zweites Mal gesehen, und man konnte sich an seine Fersen heften. Innerhalb weniger Tage führte der Mann sie zu einer Villa in Tuzla, einem weit entfernten Vorort von Istanbul, der rund 25 Kilometer südlich der Stadt an der asiatischen Küste liegt. Die Region, in der sich einer der größten türkischen Marinestützpunkte befindet, war früher für seine Fischerei berühmt und gehört zu den wenigen Teilen der Stadt, die nicht vollständig von neuen Gebäuden beherrscht werden. Mit seinen geräumigen und äußerlich sehr farbenfrohen Häusern war es ein begehrtes Wohnviertel, das vorwiegend von wohlhabenden Familien bevölkert wurde.
    Der Verdächtige führte sie zu einer Luxusvilla mit Außenschwimmbad. Nach tagelanger Observation war sich das Überwachungsteam sicher, dass in dem Haus mehrere Männer lebten. Aber Bilal brauchte nicht lange, um herauszufinden, wer in dem Team die Befehle erteilte. Nach einer kurzen Recherche in den Unterlagen der Polizei identifizierte er ihn als einen gewissen Çağatay Evyapan.
    An der Universität war Çağatay ein begabter Student des Elektroingenieurwesens gewesen, jetzt aber war er ein Verbrecher von Format. Zum ersten Mal hatte man ihn 1998 wegen Betrugsvorwürfen festgenommen. Zwei Jahre später folgte seine größte Fehleinschätzung: Er und seine Komplizen wurden auf frischer Tat ertappt, als sie am Hafen von Izmir mit geklonten weißen Plastik-Kreditkarten Bargeld aus Automaten zogen. Nachdem er fünf Jahre einer 27-jährigen Gefängnisstrafe abgesessen hatte, war er durch die Aussicht auf weitere Haft überfordert. Eines Tages im Mai 2005 stieg Çağatay daher über die Gefängnismauern und verschwand vom Bildschirm. Er war weniger ein flüchtiger Häftling als vielmehr ein Gespenst.
    Für seine Festnahme im Jahr 2000 machte er die Männer verantwortlich, mit denen er zusammengearbeitet hatte – und so etwas sollte ihm nicht noch einmal geschehen. Wenn man will, dass etwas anständig erledigt wird, so Çağatays einfache Philosophie, muss man es selbst machen.
    Natürlich wusste er, dass die Cyberwelt während der fünf Jahre, in denen er im Gefängnis war, beträchtliche Veränderungen durchgemacht hatte. Er kannte das Moore-Gesetz, wonach sich die Zahl der Transistoren, die man mit geringen Kosten in einem integrierten Schaltkreis unterbringen kann, bis ungefähr 2015 alle zwei Jahre verdoppeln wird. Auf das wahre Leben übertragen bedeutet dieses Gesetz, dass die Geräte jedes Jahr raffinierter, Computerprogramme komplizierter, Hackerwerkzeuge undurchsichtiger und die Belohnungen entsprechend üppiger werden. Also ging er

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