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CyberCrime

CyberCrime

Titel: CyberCrime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Glenny
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Ermittlungen über mehrere Jahre weiterzuführen. Die E-Mails gefährdeten die gesamte, in zweijähriger, mühsamer Kleinarbeit aufgebaute Strategie. Die undichte Stelle musste gestopft werden. Die Quelle zu finden wurde für die internationalen Ermittlungen zur obersten Priorität.
    Als die Hushmail-Logs auf Lingels Schreibtisch lagen, konnte die detaillierte Überprüfung der Indizien beginnen. Als technischer Spezialist des Teams, das gegen Matrix 001 ermittelt hatte, musste Lingel herausfinden, wer auf diese Accounts ungefähr zu der Zeit, als die Mails bei Matrix eintrafen, zugegriffen hatte.
    Lingel fand heraus, dass eine IP-Adresse, die versucht hatte, sich in den anonymen Hushmail-Accounts einzuloggen, aus der Region Stuttgart stammte. Er konnte sie jedoch sofort ausschließen – es war seine eigene. Nachdem Keith Mularski die Ermittler in Stuttgart zum ersten Mal auf die E-Mails aufmerksam gemacht hatte, hatte Lingel versucht, sich in den Hushmail-Account einzuloggen. Dazu hatte er zunächst einige Standard-Passwörter wie admin oder password ausprobiert, und dann hatte er es mit den Passwörtern prominenter DarkMarket-Mitglieder versucht, die den Behörden bereits bekannt waren. Die anderen Login-Versuche kamen von IP-Adressen in Berlin und anderen Orten in Deutschland. Am Morgen des 10. September erklärte Lingel in einer Besprechung mit seinem Abteilungsleiter Gert Wolf, man habe zwar bisher noch keinen Verdächtigen, aber es sei gelungen, die Möglichkeiten erheblich einzugrenzen.
    Nach dem Mittagessen steckte Wolf den Kopf durch Lingels Tür und erklärte, sie müssten den Referatsleiter aufsuchen. Als Lingel in den Besprechungsraum kam, wurde er dort von einer ganzen Reihe leitender Polizeibeamter erwartet, darunter ein Vertreter des gefürchteten Dezernats 3.5, das in Stuttgart für polizeiinterne Ermittlungen zuständig war. Lingel war verblüfft und ziemlich nervös. Plötzlich verkündete der Beamte: »Herr Lingel, wir ermitteln gegen Sie wegen des Verdachts, einen Verdächtigen darüber informiert zu haben, dass er unter Beobachtung stand.«
    Lingel war sprachlos. Allmählich machte der Schock dem Ärger Platz. »Da arbeite ich nun die ganze Woche mit meinem Chef zusammen, um das Durcheinander zu ordnen«, dachte er, »und dann steckt er eines Tages nach dem Mittagessen den Kopf durch die Tür und rammt mir das Messer direkt in den Rücken.«
    »Sehen Sie, Herr Lingel«, fuhr der Beamte fort, »Sie haben zwei Möglichkeiten. Entweder Sie kooperieren in dieser Ermittlung mit uns, oder wir nehmen Sie sofort in Untersuchungshaft.«
    Lingel erklärte sich bereit, zu kooperieren. Sein Chef sagte, er müsse nun seinen gesamten Resturlaub nehmen, und danach sei er bis auf Weiteres suspendiert.
    Lingel war Mitte vierzig und hatte eine ungewöhnliche Vergangenheit. Geboren war er in Windhoek, der Hauptstadt Namibias, das als Deutsch-Südwestafrika in der Kolonialzeit einer der wenigen Außenposten des kaiserlichen Deutschland gewesen war. Als Fünfjähriger war er dann mit seinen Eltern nach Kapstadt gezogen und zweisprachig mit Englisch und Deutsch aufgewachsen. Zu einem Besuch war er eines Tages in die Heimat seiner Eltern gereist und danach dort geblieben. Schließlich hatte er sich entschlossen, in den Polizeidienst zu gehen. Dort hatte er bei der Autobahnpolizei Karriere gemacht, aber die Arbeit hatte ihn nie sonderlich gefordert.
    Als Amateur-Computerfreak hatte er 2001 die Chance ergriffen, sich um eine Stelle bei der Polizei von Baden-Württemberg zu bewerben. Das Polizeipräsidium in Stuttgart brauchte jemanden, der Erfahrung mit dem Open-Source-Betriebssystem Linux hatte und für die Netzwerksicherheit sorgen konnte. Fünf Jahre später suchten Frank Eißmann und seine Vorgesetzten nach einem IT -Fachmann, der ihre Arbeitsgruppe bei der Verbrechensbekämpfung unterstützen sollte. Sie forderten Lingel an.
    Matrix 001 war nicht der einzige Deutsche, den Keith Mularski als aktives Mitglied von DarkMarket identifiziert hatte. Es gab noch zwei weitere: Soulfly, wirklicher Name Bilge Ü., und Fake, wirklicher Name Michael A. Anfangs bemühte sich die Staatsanwaltschaft, Matrix 001 wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung anzuklagen, aber dazu musste bewiesen werden, dass er mit den beiden anderen unter einer Decke steckte.
    Die Ermittlungen gegen Soulfly und Fake waren zwar abgeschlossen, aber als die Sache vor Gericht kam, verlief sie im Sand. Soulfly wurde wegen eines Betruges, der nichts

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