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CyberCrime

CyberCrime

Titel: CyberCrime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Glenny
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Botschaft, der ihm daraufhin ein Visum erteilte. Nun machte er sich auf eine mühsame Reise über das französische Karibikterritorium Martinique und Paris nach Alès, einer schläfrigen Kleinstadt 80 Kilometer nördlich der französischen Mittelmeerküste.
    Mert war isoliert. Er verfügte nur noch über begrenzte Mittel, sprach kaum ein Wort Französisch und – noch beunruhigender – er hatte nicht ohne Weiteres Zugang zum Internet. Zumindest konnte er sich mit dem Wissen trösten, dass er in Sicherheit war.
    Nach der überstürzten Flucht vor der türkischen Justiz und dem Streit mit seiner ehemaligen Geliebten, wurde Alès für Mert schon bald zu einer willkommenen Zuflucht. Zum ersten Mal seit Monaten oder sogar Jahren kam er ohne Halbwahrheiten, Täuschung, Diebstähle und Ausflüchte aus. Er konnte mit der extremen Abgrenzung Schluss machen, die seine Online- und Offline-Mehrfachpersönlichkeiten verlangten, und nach seinem wahren Wesen suchen – natürlich immer vorausgesetzt, er besaß ein erkennbares Wesen überhaupt noch. Vielleicht war die Zeit gekommen, ehrlich zu werden, eine ehrliche Arbeit zu finden und mit einer anständigen Frau sesshaft zu werden. Wenn er seine Karten klug ausspielte, lag das alles für ihn in Reichweite.
    Dann, eines Morgens gegen acht Uhr, klopfte es an seiner Tür.
    Mert lag im Bett und nippte an einem Kaffee. Er hatte hier in Alès noch nie Besuch gehabt und erwartete auch niemanden. Also warf er sich seinen Morgenmantel über, schlurfte zur Tür und öffnete. Draußen standen zwei Männer mit Rucksäcken. »Hallo Mert! Wie geht es dir?«, fragte der erste auf Türkisch. Darauf murmelte Mert schwach: »Je ne comprends pas …« »Ach komm, Mert«, sagte der zweite Mann auf Englisch, »wir wissen, wer du bist. Es wäre in deinem Interesse, wenn du uns hereinlässt.«
    Als sie mit Kaffeebechern um den Küchentisch saßen, zog einer der Männer einen Ordner heraus und legte ihn auf den Tisch. Den ersten Mann hielt Mert für einen türkischstämmigen Amerikaner der zweiten Generation, denn er sprach türkische Umgangssprache, allerdings mit Akzent und gelegentlichen grammatikalischen Fehlern. Der zweite, der das Gespräch zum größten Teil führte, war Amerikaner.
    Mert wurde vor die Alternative gestellt: »Entweder du hilfst uns ohne Wenn und Aber, oder wir geben diesen Ordner der Sécurité.« Mert warf einen Blick auf die Seiten mit französischen Kreditkarteninformationen, die er und Sadun geskimmt hatten, nachdem sie in das Computersystem der Akbank eingedrungen waren. Die beiden Männer erinnerten ihn daran, dass er hier in Frankreich schon für einen einzigen Kreditkartenbetrug bis zu acht Jahren Haft bekommen konnte.
    Es hieß also »Vogel, friss oder stirb«, aber bevor Mert sich einverstanden erklärte, wollte er wissen, wen die beiden Männer vertraten. »Die amerikanische Polizei«, lautete die Antwort. »Und was wollt ihr von mir?«, fuhr Mert fort.
    »Ach komm, Mert, rate mal!«
    Irritiert und verängstigt schüttelte Mert den Kopf.
    »Du sollst uns Cha 0 liefern.«

33 Rückkehr in die Unterwelt
    Als die drei Männer sich über Cha 0 und seinen möglichen Aufenthaltsort unterhielten, konnte Mert aus den Fragen und Kommentaren seiner Gäste entnehmen, dass sie weder Cha 0 s Identitäten noch die von Lord Cyric kannten. Die beiden Agenten erklärten Mert, er müsse in die Türkei zurückkehren, wieder auf DarkMarket heimisch werden und dann Cha 0 und seine Kollegen aufstöbern. Noch mehr überraschten sie ihn mit der Mitteilung, einer ihrer Leute habe die Kontrolle über den Server von DarkMarket, und deshalb könnten sie ihm helfen, wieder in dem Forum zugelassen zu werden.
    Soweit Mert feststellen konnte, wollte das FBI jetzt aller noch verbliebenen zentralen Gestalten von DarkMarket habhaft werden: Cha 0 , Lord Cyric, Master Splyntr, Shtirlitz und Grendel. Wie sie das machen wollten, hatten sie ihm nicht genau erklärt, aber offensichtlich sollte er bei alledem eine entscheidende Rolle spielen. Für ihn war das keine angenehme Aussicht, aber ebenso unangenehm war eine Haftstrafe in einem der französischen Gefängnisse, die Gerüchten zufolge zu den gnadenlosesten in Westeuropa gehörten.
    Die amerikanischen Agenten machten Mert ein paar unbestimmte Versprechungen und rüsteten ihn mit einer Telefonnummer sowie einer E-Mail-Adresse von Lucy Hoover aus, der Assistentin des Rechtsattachés an der US -Botschaft in Istanbul. Ebenso erhielt er selbst einen

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