CyberCrime
schlechte Zeug unwirksam, und Renu war besser geschützt.
Wenn das Java Bean Renus Büro war, dann bestand der Aktenschrank, der die Geheimnisse von DarkMarket beherbergte, aus einem kleinen Speicherstick. Renu trug ihn in der Regel buchstäblich dicht am Herzen. Wenn er in seinem Büro ankam, steckte er den Stick in eines der Computerterminals und fing an, auf DarkMarket zu arbeiten.
Nachdem er sich eingeloggt hatte, setzte Renu seine Piratenmaske auf und wurde zu JiLsi, einem der acht Administratoren, die DarkMarket in den drei Jahren seiner Existenz betrieben. Das Team, das zu jedem beliebigen Zeitpunkt immer nur aus vier Personen bestand, war eine der einflussreichsten Gruppen in der weltweiten Carding-Szene. Die leitende Position brachte ihnen kaum Gewinn in Form zusätzlicher Einnahmen, die privilegierte Stellung verschaffte ihnen aber bei Hackern und Crackern beträchtlichen Respekt. Außerdem erfreuten sie sich des Zugangs zu großen Informationsspeichern, und sie hielten den Schlüssel zum virtuellen Leben und Tod in der Hand – sie hatten die Macht, Mitglieder wegen tatsächlicher oder vermeintlicher Regelverstöße auszuschließen.
Die herausgehobene Position eines Administrators war aber auch mit zwei wichtigen Nachteilen verbunden. Erstens war es richtig harte Arbeit mit täglich 15 bis 17 Stunden vor der Tastatur. Ferien gab es für diese Menschen nicht – man erwartete von ihnen, dass sie ständig und an jedem Tag des Jahres in Aktion, zumindest aber in Bereitschaft waren. Master Splyntr zum Beispiel hatte immer ein Handy bei sich, das ihn benachrichtigte, wenn ein anderes Mitglied von DarkMarket ihn brauchte, und wenn es klingelte, nahm er den Anruf immer entgegen. JiLsi klagte, er logge sich um neun Uhr morgens ein und sitze abends um zehn immer noch vor dem Rechner. Zu einem großen Teil handelte es sich bei der Arbeit um Routine: Die Forumsnachrichten mussten überwacht werden, damit die Mitglieder sich an die Regeln des Forums hielten und ihre Nachrichten in der richtigen Rubrik veröffentlichten. Vieles davon war reine, triviale, nervtötende Bürokratie.
Und zweitens hatte das Administratorenteam ständig Zugang zum Innenleben der kriminellen Websites. Die digitalen Spuren, die sie im Web hinterließen, waren potenziell viel leichter zu erkennen als die Identität einfacher Mitglieder, und damit wurden sie zum wichtigsten Ziel für die Cyberpolizisten.
Das Paradoxe dabei war, dass die »gewöhnlichen« Mitglieder in der Regel mit DarkMarket das meiste Geld verdienten: Häufig nahmen die Administratoren das größte Risiko auf sich und erhielten den geringsten finanziellen Lohn. Im Lauf von drei Jahren verdienten JiLsi und Matrix nur einen erbärmlichen Geldbetrag.
Eine faszinierende Gestalt war Shtirlitz, der fast von Anfang an dabei war. Der Nickname war eine Anspielung auf den fiktiven Max Otto von Stirlitz. Dieser ist in den Romanen von Julian Semjonow ein hoher Offizier der Nazis, der während des Zweiten Weltkrieges für Moskau spioniert. Stirlitz, der auch als sowjetischer James Bond bezeichnet wurde, blieb in Russland durch eine Reihe populärer Filme im Gedächtnis, die in den 1970er Jahren auf der Grundlage der Bücher gedreht wurden. Der stille, gut aussehende Stirlitz ist mit seinem ungeheuren Mut, seiner Intelligenz und seinem unerschütterlichen Engagement für das Vaterland auch im postkommunistischen Russland ein eindrucksvolles patriotisches Symbol.
Den Sowjetspion Stirlitz kennen wir also, aber wer war Shtirlitz der Carder, der seinen Namen aus dem Russischen ins Englische transkribiert hatte, wodurch das zusätzliche h zustande kam? War auch er ein russischer Agent? Oder vielleicht ein Doppelagent, der für das FBI oder den Secret Service arbeitete? Oder ein meisterhafter Carder? Ein Mitglied von CarderPlanet, das ihn kennen gelernt hatte, beschrieb ihn als »arisch aussehend und Ende zwanzig«. Er kaufte regelmäßig gefälschte Pässe und wohnte irgendwann in Prag, der Hauptstadt der Tschechischen Republik. Auf CarderPlanet wurde er als »guter, zuverlässiger Bursche« bezeichnet, später jedoch wuchs bei anderen Cardern der Verdacht, er könne sein fiktives Vorbild auch dadurch nachgeahmt haben, dass er sich in einen der erfahrensten Polizeibeamten Amerikas verwandelte.
Welche Ziele er auch wirklich als leitendes Mitglied von DarkMarket verfolgen mochte, er war allgegenwärtig, schwieg aber und war vergleichsweise wenig aktiv. Auch Lord Cyric, der erst spät als
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