CyberCrime
Geldwäsche benutzt wurde, festgenommen hatte. Was E-Gold anging, hatten nur die wenigsten Cyberkriminellen zwei und zwei zusammengezählt. Die Russen mieden solche im Westen ansässigen und in Belize registrierten Unternehmen; sie bevorzugten stattdessen das in Moskau ansässige Webmancy, das dem Zugriff westlicher Polizeibehörden entzogen war.
Ausgestattet mit dieser wachsenden Zahl von Indizien, wandte sich Mularski im Spätherbst 2006 an die Polizei mehrerer europäischer Staaten. Er sprach mit der Serious Organised Crime Agency ( SOCA ) in Großbritannien, dem deutschen Bundeskriminalamt und später dem Landeskriminalamt in Baden-Württemberg.
Ebenso wandte er sich an die OCLCTIC in Paris, die kurz zuvor gegründete Institution mit dem prosaischen Namen Zentrale Behörde im Kampf gegen Verbrechen im Zusammenhang mit Informations- und Kommunikationstechnologien (Office Central de Lutte contre la Criminalité liée aux Technologies de l’Information et de la Communication). Dort wurde er mit einer gewissen Kälte empfangen. Im Allgemeinen ist die französische Polizei erpicht darauf, insbesondere in den Bereichen von Terrorismus und Cyberkriminalität mit den Vereinigten Staaten zusammenzuarbeiten, aber ein gewisses Misstrauen gegenüber Amerika und seinen Absichten in Europa ist in der französischen Gesellschaft nach wie vor tief verwurzelt. Jede Regierung, die auf Schmusekurs mit den Vereinigten Staaten zu gehen scheint, läuft Gefahr, bei Wahlen wichtige Prozentpunkte zu verlieren; deshalb werden französische Behörden in ihrem Umgang mit Anfragen aus Washington zu besonderer Umsicht ermahnt.
Christian Aghroun, der Chef der OCLCTIC , hielt es für lächerlich, dass er und seine Beamten jedes Mal einen öffentlichen Aufschrei riskierten, wenn sie ein Unternehmen wie Microsoft um Unterstützung baten. Immer war mit Vorwürfen zu rechnen, die Polizei sei eine Marionette amerikanischer Großunternehmen. In Wirklichkeit, das wusste Aghroum ganz genau, konnte man mit der Bekämpfung von Cyberkriminalität nicht einmal beginnen, wenn man nicht in gewissem Umfang mit Unternehmen wie Microsoft zusammenarbeitete. Aghroum war wortgewandt und ein kluger Beobachter des politischen Minenfeldes, das die internationale Polizeiarbeit umgibt; er hatte sich damit abgefunden, dass weder die Politiker noch die Öffentlichkeit in Frankreich auch nur die geringste Ahnung hatten, was Cyberkriminalität ist und welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, wenn man sie bekämpfen will. Die meisten Franzosen hatten offenbar nach wie vor die Illusion, man könne grenzüberschreitende Verbrechen vom eigenen Staatsgebiet aus bekämpfen und eindämmen, insbesondere wenn die fraglichen Verbrecher kein Französisch sprechen.
Aber auf Mularski wartete ein noch größerer Schock als nur der altbekannte gallische Antiamerikanismus. Wie er jetzt erfuhr, arbeitete die OCLCTIC schon seit mehreren Monaten gemeinsam mit dem amerikanischen Secret Service an einem Fall, der mit … DarkMarket zusammenhing. Hier liefen Parallelermittlungen, und er hatte nichts davon gewusst. Außerdem ließ der Secret Service keinerlei Neigungen erkennen, Informationen über seine Ermittlungen weiterzugeben. Wenige Monate zuvor hatte der Leiter der Criminal Investigation Division des Secret Service noch vor dem Kongress ausgesagt: »Aufgrund der engen Zusammenarbeit mit anderen Behörden des Bundes, der Bundesstaaten und der Regionen … können wir ein umfassendes Netzwerk für den Austausch von Geheimdienstinformationen, Ressourcen und Fachkenntnissen zur Verfügung stellen.« Er hatte nur vergessen, dies auch dem Team zu sagen, das sich mit DarkMarket beschäftigte: Dieses teilte dem FBI nicht einmal mit, was Gegenstand ihrer Ermittlungen war. Damit wurde die Sache sowohl für die Cyberpolizisten als auch für die Cyberkriminellen noch komplizierter.
Die meisten Mitglieder von DarkMarket (mit Ausnahme derer, die mit Mularski zusammenarbeiteten) richteten ihre Aufmerksamkeit zu jener Zeit nicht auf die Behörden. Sie wollten vielmehr die führende Stellung der Site sichern und zu diesem Zweck Iceman aus dem Weg räumen. JiLsi nahm es auf sich, den tödlichen Schlag zu führen. Wenn es gelang, würde dies zu seiner größten Stunde werden, und sein Ruf würde sich beträchtlich verbessern. Außerdem hatte er genug von Icemans wiederholten Angriffen, die ihm ungeheuer viel zusätzliche Arbeit machten; auch Icemans Markenzeichen, die giftige Rhetorik, ging ihm
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